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Weniger Zertifikate, mehr Klimaschutz

Seit 2005 müssen Unternehmen in der EU für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, "Verschmutzungszertifikate" vorweisen. Mit diesen Zertifikaten wird gehandelt. Doch das System funktioniert nicht, wie ursprünglich geplant.

Von Judith Kösters | 10.04.2012
    "Wir sind gerade hier im Handelssaal der Commerzbank in Frankfurt. Hier werden Rohstoffe gehandelt, Zinsen, Aktien und Wechselkurse."

    Ingo Ramming ist einer der zahlreichen Händler der Bank. Er steht inmitten langer Tischreihen. Dort sitzen seine Kollegen und Kolleginnen mit ihren Anzügen und Kostümen dicht gedrängt, das Telefon in Griffweite, umgeben von einem halben Dutzend Monitoren. Auf denen verfolgen die Händler das Geschehen auf den Märkten in Echtzeit. Ingo Rammings Metier ist ein Spezielles:

    "Wir handeln hier Emissionen im Rahmen des EU-Emissionshandels."

    Seit 2005 müssen Industrieunternehmen in der Europäischen Union für jede Tonne CO2, die sie ausstoßen, sogenannte Verschmutzungszertifikate vorweisen. Herausgegeben werden diese von der EU. So bestimmt – und begrenzt – die Politik die Menge des klimaschädlichen Gases, das in Europa in die Atmosphäre gelangt. Die Unternehmen können die Zertifikate untereinander handeln. So entscheidet jeder selbst, ob es für ihn günstiger ist, in neue CO2-ärmere Technik zu investieren, um Klimagase einzusparen, oder stattdessen am Markt von anderen Unternehmen Zertifikate zuzukaufen.

    Egal wie sich jedes einzelne Unternehmen entscheidet – die Gesamtmenge an CO2, die in der Europäischen Union von der Industrie pro Jahr ausgestoßen werden kann, ist begrenzt. Genau das macht den Emissionshandel bei seinen Befürwortern so beliebt: Er ist ein Marktinstrument für den Klimaschutz. Der Preis pro gehandelter Tonne CO2 kann dabei variieren: Je nachdem wie erfolgreich die Unternehmen CO2 vermeiden, steigt oder fällt er. Als es 2005 losging mit dem Emissionshandel, hatte allerdings keiner die Finanz- und die anschließende Eurokrise auf dem Schirm. Ingo Ramming deutet auf eine Grafik auf seinem Computer – die Preisentwicklung am Emissionsmarkt:

    "Wir sehen hier die starken Trends. Und diese Trends sind dadurch charakterisiert durch die Rezession in Europa, die Finanzkrise im Jahr 2008/2009, in der Preise von dreißig Euro auf unter zehn Euro gefallen sind. Dann hatten wir eine stabile Phase von 2009 bis Mitte 2011. Und seit 2011 mit Blick auf die Eurokrise sind die Preise entsprechend wieder gefallen."

    Seit Jahresanfang ist der Preis für den Ausstoß einer Tonne CO2 schon mehrmals unter acht Euro gesunken. Als man 2005 mit dem Handel von Verschmutzungszertifikaten begann, rechnete man in Brüssel damit, dass er sich bei etwa 30 Euro einpendeln würde. Die Krux dabei: Die Politik hat zu Beginn des Emissionshandels die Menge der Zertifikate auf Jahre hinaus festgelegt, und zwar auf der Basis des damaligen Status quo.

    "Die Unternehmen bekommen jedes Jahr eine feste Zuteilung. Und damit ist natürlich klar: Wenn wir, wie wir in den letzten Jahren leider feststellen mussten, eine wirtschaftliche Schwäche haben, eine Rezession, und damit einfach eine niedrigere Produktionsauslastung haben, dass damit dann Unternehmen dann entsprechend Zertifikate-Überschuss haben, weil das eben im Vergleich zu der Allokation dann weniger Auslastung, weniger Emissionen waren."

    Die Wirtschaftskrise nützt also dem Klima, weil in Europa weniger CO2 in die Luft gepustet wird. Nur dass die Unternehmen dazu gar nicht in den Klimaschutz investieren mussten. Stattdessen sitzen sie nun auf einem Überschuss an Verschmutzungsrechten. Den Großteil dieser Zertifikate haben sie dabei von der Politik im Vorhinein kostenlos zugeteilt bekommen.

    Hinzu kommt: Viele Unternehmen bewerten die Zertifikate bei ihrer Preiskalkulation trotzdem zu aktuellen Marktpreisen. Diese Kosten, die gar nicht angefallen sind, werden den Kunden in Rechnung gestellt. Das ärgert Verbraucher- und Umweltschützer. Zum Beispiel den SPD-Europaabgeordneten Jo Leinen:

    "So war das nicht gedacht, dass der Kunde, der Stromverbraucher, zahlt für etwas, wofür er nichts bekommt, und es reine Buchungsgewinne sind in Milliardenhöhe, die eingesteckt wurden, nicht nur in der Stromwirtschaft, auch in der Stahlwirtschaft, in der Chemiewirtschaft. Das ist auch eine Fehlentwicklung, wo jetzt mit Fug und Recht gegengesteuert werden muss, damit die CO2-Zertikate wieder auch einen ordentlichen und gerechten Preis bekommen und der Bürger dann auch einen Nutzen davon hat, nämlich mehr Umweltschutz und mehr Klimaschutz."

    Überhaupt läuft es im Emissionshandel schon seit seinen Anfängen im Jahr 2005 überhaupt nicht rund. Dass die Unternehmen teilweise die Preise für ihre Kunden erhöhen, ohne auch nur einen Cent in den Klimaschutz investiert zu haben, ist nur ein Ärgernis. Hinzu kam, dass Betrüger in den letzten Jahren gezielt Lücken im Handelssystem nutzten und sich auf Kosten der Unternehmen und Bürger im großen Stil bereicherten – unter anderem mit Mehrwertsteuerbetrug. Da die Emissionszertifikate eine rein virtuelle Ware sind, kann man sie in Europa leicht und schnell grenzüberschreitend handeln – und sich dabei in sogenannten Karussell-Geschäften von den Finanzämtern Umsatzsteuer-Erstattungen erschleichen. Die Steuer-Regeln wurden daraufhin geändert – die Täter kamen vor Gericht. Außerdem ist der von Kritikern sogenannte "Ablasshandel" in Verruf geraten: Unternehmen können sich ihre CO2-Zertifikate teilweise zukaufen, indem sie in Klimaschutzprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern investieren – deren Nutzen für das Klima ist in vielen Fällen zumindest zweifelhaft.

    Neuerdings gibt es auch noch Streit mit den USA, mit Russland und anderen Ländern, deren Fluggesellschaften europäische Flughäfen ansteuern und seit Anfang 2012 für ihre CO2-Emissionen ebenfalls Zertifikate vorweisen müssen. Ihre Regierungen wollen das verhindern und machen Druck auf die EU. Und dann ist da auch noch die Wirtschaftskrise, die die Preise am Emissionsmarkt in den Keller sacken lässt. EU-Umweltpolitiker wie Jo Leinen sehen den Emissionshandel deshalb längst in einer Sackgasse:

    "Der Emissionshandel funktioniert nicht mehr. Er hat seine Rolle verloren, innovative Investitionen anzustoßen, weil der Preis für die CO2-Zertifikate viel zu niedrig ist."

    Unterstützung bekommen die Umweltpolitiker derzeit von unerwarteter Seite.

    Auf einer Veranstaltung der US-amerikanischen Handelskammer im März dieses Jahres in Frankfurt am Main macht sich ausgerechnet der Chef des deutschen Energie-Riesen Eon, Johannes Teyssen, für den Emissionshandel stark.

    "Der europäische Emissionshandel ist leider sehr krank. Und entweder entscheiden wir uns in Deutschland und Brüssel gemeinsam, ihn wieder genesen zu lassen oder er wird dahinsiechen und versterben; er hat keine Wirkung, weder kurz- noch langfristig."

    Keine Wirkung mehr: Einem Unternehmen wie Eon müsste das ja eigentlich gelegen kommen. Schließlich verursacht der Emissionshandel den Herstellern konventioneller, also klimaschädlicher Energie Mehrkosten. Plagt Eon plötzlich das Umwelt-Gewissen? Nicht unbedingt, sagt Emissionsrechte-Händler Ingo Ramming. Die Energieunternehmen, gerade in Deutschland, wünschten sich nämlich derzeit vor allem eins: klare Ansagen.

    "Wenn ich heute ein Energieunternehmen bin und Kraftwerke bauen will, in Kraftwerke investieren will, und gerade mit Blick auf die Energiewende sind natürlich deutliche Investitionen notwendig, dann brauche ich Planungssicherheit, die Planungszeiträume sind zwanzig, dreißig Jahre, und entsprechend ist es natürlich gut, hier Sicherheit zu haben, wie die Rahmenbedingungen in der Zukunft sein werden."

    Je höher nämlich die Preise für CO2-Emissionen, desto eher rechnen sich Investitionen in erneuerbare Energien oder in moderne, CO2-arme Gaskraftwerke. Es gibt deshalb genug Stimmen, die sich für eine Reform des Emissionshandels aussprechen. Zumal einige Neuerungen ab 2013 schon beschlossene Sache sind: Es werden weniger Zertifikate kostenlos an die Unternehmen verteilt und mehr versteigert. Außerdem wird der viel kritisierte "Ablasshandel" mit Klimaprojekten in Entwicklungsländern strenger geregelt.

    Bleibt aber das Grundproblem, dass zu viele Zertifikate im Markt sind – 2,4 Milliarden, schätzt die EU-Kommission in einem aktuellen Bericht. Für Umweltschützer ist deshalb klar: In den nächsten Jahren müssten weniger Verschmutzungsrechte neu in Umlauf gebracht werden als eigentlich zugesagt. "Set aside" wird diese Lösung in Brüssel genannt. Sowohl der Umwelt- als auch der Industrieausschuss im Europa-Parlament haben sich jüngst dafür starkgemacht.

    Ob am Ende tatsächlich Zertifikate aus dem Markt genommen werden, entscheidet die Europäische Kommission. Die dänische Klima-Kommissarin Connie Hedegaard ist dafür – ob sie die anderen Kommissare, zum Beispiel den für Energie, Günther Oettinger, auf ihre Seite bekommt, ist aber längst noch nicht ausgemacht.

    Sogar Eon-Chef Johannes Teyssen ist dafür, die eigentlich längst zugesagten Mengen an CO2-Zertifikaten, die die Unternehmen in den nächsten Jahren erhalten sollen, nun im Nachhinein zu verringern.

    "Das wäre eine Ad-hoc-Maßnahme, die auch eine Wirkung haben kann, das sogenannte Set-aside. Dass auch über dieses diskutiert wird, zeigt, wie groß die Not ist, ein System, das keine Wirkung mehr zeigt, keine Fiskaleinnahmen mehr bringt, Braunkohle zuerst laufen lässt und keine Investitionen ermöglicht, kann niemand in Brüssel als Erfolg feiern."

    Dass ein Energie-Manager wie Johannes Teyssen sich für den Emissionshandel einsetzt, hat auch mit der deutschen Energiewende zu tun. Vor zwei Jahren gehörte Teyssen noch zu den Unterzeichnern eines groß anlegten öffentlichen Appells für die Atomkraft. Jetzt will er sich mit dem beschlossenen Ausstieg und der Energiewende arrangieren – zumindest präsentiert er das in der Öffentlichkeit so. Eon will jetzt verstärkt in erneuerbare Energien und effizientere Kraftwerke investieren. Und das zahlt sich nur dann richtig aus, wenn es – wie durch den Emissionshandel – auch finanzielle Anreize gibt, CO2 zu vermeiden.

    "Ich glaube, in Brüssel wird in diesen Tagen ganz offen diskutiert, in welcher Weise man den Emissionshandel reparieren muss. Frau Hedegaard, Herr Oettinger, haben, glaube ich, gemeinsam ihre Verantwortung verstanden. Wir können nur hoffen, dass die Staatschefs der 27 Mitgliedsstaaten die Bereitschaft haben, ihre nationalen Egoismen hintanzustellen und wirklich gemeinsam eine Energie- und Klimapolitik verfolgen."

    Eine gemeinsame Energie- und Klimapolitik: Davon ist Brüssel derzeit weit entfernt. Es gibt klare Klimaziele bis 2020. Unter anderem sollen 20 Prozent CO2 eingespart werden – was die EU auch tatsächlich schaffen dürfte. Wenn es um Investitionen in neue Technologien und neue Kraftwerke geht, haben die Unternehmen aber Planungs-Zeiträume von mindestens fünfundzwanzig oder dreißig Jahren im Blick. Also weit über 2020 hinaus. Und da gibt es derzeit auf EU-Ebene in Sachen CO2 und Klimaschutz nur vage Pläne.

    Umweltpolitikern wie Jo Leinen, die das ändern wollen, weht ein scharfer Wind entgegen. Erstens, sagen Kritiker, werde ja außerhalb Europas noch weniger für das Klima getan als hier – warum also weiter freiwillig vorangehen? Und zweitens steckt Europa gerade in der Krise. "Krise" – dieses Wort mag Leinen nicht mehr hören, zumindest wenn es um den Klimaschutz und den Emissionshandel geht:

    "Wir fallen zurück im Klimaschutz, wir waren vor fünf Jahren besser als wir heute in der Wirtschaftskrise sind, dabei wäre die Krise eklatant eine Chance zur Modernisierung der Wirtschaft in Europa, auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze, also die Krise darf nicht als Ausrede fürs Nichtstun benutzt werden, interessierte Kreise tun das natürlich, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik, zu sagen, wir haben Krise, Krise, Krise, das heißt, kein Klimaschutz, kein Klimaschutz, kein Klimaschutz. Aber die Finanzkrise wird vorbeigehen, und die Klimakrise wird erst so richtig kommen."

    In einem sind sich die Emissionshandels-Experten einig. Selbst wenn die EU-Kommission beschließt, die Menge der Zertifikate ab 2013 zu verknappen, wäre das nur eine Art Not-Reparatur für das CO2-Handelssystem. Langfristig werden sich die CO2-Preise nur dann wieder auf einem höheren Niveau einpendeln und für echte Klimaschutzinvestitionen sorgen, wenn die EU sich auf ehrgeizigere Klimaziele festlegt.

    Zwar hat die EU offiziell beschlossen, dass sie ihren CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 bis 95 Prozent senken will – auf konkrete Maßnahmen und Schritte, wie das Ziel erreicht werden soll, kann sie sich aber nicht einigen. Das lässt auch das Ziel an sich wenig glaubhaft erscheinen – und beeinflusst direkt den Preis, zu dem die CO2-Zertifikate gehandelt werden. Vor allem deshalb dümpeln die Preise derzeit bei wenigen Euros dahin, meint Emissionsrechte-Händler Ingo Ramming.

    "Der Emissionshandel an sich ist natürlich ein politischer Markt in dem Sinne, dass Sie Emissionsrechte weder essen können noch damit Auto fahren können, sondern der Markt nur deshalb entsteht, weil die Gesellschaft, weil die Politik entschieden hat, dass Emissionsrechte zugeteilt werden. Dadurch entsteht ein politischer Markt, und das ist auch kein Problem, es ist nur wichtig, dass es eine Langfristigkeit und klare Rahmenbedingungen gibt, und, das grundsätzliche Problem, natürlich Vertrauen in die politischen Rahmenbedingungen und in die Politik besteht."

    Anfang März trafen sich die Umweltminister der EU-Länder in Brüssel zu Beratungen. Jedoch konnten sie sich nicht auf konkrete neue Klimaschutz- und CO2-Ziele einigen. Der Konsens scheiterte vor allem an Polen – dessen Wirtschaft derzeit noch stark an der Kohle hängt, der Energie also, die am meisten CO2 produziert. Höhere Emissionspreise würden die polnische Industrie deshalb besonders treffen. Umweltschützer Christoph Bals von Germanwatch setzt auf Diplomatie: Die EU müsse einerseits Druck auf Polen ausüben und andererseits versprechen, Polen beim Umbau der Energiewirtschaft zu helfen, auch finanziell.

    "Hier Pakete vorzulegen, die für Polen wirklich attraktiv sind, das ist die Aufgabe der nächsten drei Monate. Nachdem die Umweltminister gescheitert sind, muss das Chefsache sein. Wir erwarten von Frau Merkel, dass sie dafür einen Sonderbotschafter einsetzt, der das in den nächsten Monaten voranbringt. Das ist keine einfache Aufgabe. Aber wenn das nicht gelingt, sind die notwendigen Klimasignale gescheitert, die wir brauchen für den Emissionshandel und den Klimaschutz in den nächsten zehn Jahren."

    Während der Umweltschützer auf eine pragmatische Verhandlungslösung setzt, schwingt Eon-Chef Teyssen die Moralkeule:

    "Die Staatschefs der 27 Mitgliedsstaaten haben gemeinsam versprochen in Brüssel, dass sie bis 2050 85 Prozent der CO2-Haltigkeit aus dem System herausnehmen wollen. Sie haben versprochen, daraufhin eine gemeinsame Politik zu verfolgen. Dann muss auch jeder Staat, auch wenn es ihm selbst gerade nicht so nützlich erscheint, schon die grundsätzlichen Ordnungspolitiken mittragen und seine nationalen Besonderheiten hintanstellen. Sonst werden wir’s erleben wie beim Euro: Lange machen wir nationale Besonderheiten, und am Ende zahlen wir gemeinsam den Schaden und sammeln die Scherben zusammen."

    Tatsächlich ähnelt die Diskussion um den Emissionshandel der um den Euro. "Gute Idee, aber die Rahmenbedingungen stimmen vorne und hinten nicht", so könnte man die Meinung der meisten Analysen zusammenfassen. EU-Politiker Jo Leinen wirbt auf jeden Fall dafür, die Idee des Emissionshandels zu retten:

    "Nun haben wir mal mit dem ETS, dem Emissionshandelssystem begonnen, und ich meine, wir werben weltweit dafür, dass die Chinesen, die Australier, die Amerikaner, dass die mitmachen und dass man einen Weltkohlenstoffmarkt bekommt, also Europa kann jetzt nicht das System pleitegehen lassen oder einen Fehlschlag sich erlauben, wir müssen ein Interesse daran haben, dass dieser Kohlenstoffmarkt bei uns seine marktwirtschaftliche Funktion erfüllt."

    Nach außen hin tritt die EU in Sachen Klimaschutz und Emissionshandel schon jetzt deutlich geschlossener auf als nach innen. Egal wie sehr sich die USA, Russland, Indien oder China aktuell beschweren, dass ihre Fluggesellschaften seit Neuestem für ihren CO2-Ausstoß zahlen müssen, wenn sie in der EU starten und landen, die EU bleibt hart: Ausländische wie europäische Airlines werden zur Kasse gebeten. Der Europäische Gerichtshof hat die Klage einiger nordamerikanischer Fluggesellschaften gegen den Emissionshandel abgewiesen. Einige der wenigen Nachrichten, die bei Händlern am Emissionsmarkt, wie Ingo Ramming, derzeit für etwas mehr Vertrauen sorgen:

    "Am Markt an sich ist nach wie vor Zweifel da, aber die europäische Politik ist sicherlich bisher sehr, sehr stark mit ihren Worten, dass sie darauf beharren wird."

    Nach außen hin entschlossen, nach innen zerrissen: Das Emissionshandelssystem der Europäischen Union dümpelt so vor sich hin. Solange nicht klar ist, wo die EU in Sachen Klimaschutz langfristig hin will, werden die Preise aller Voraussicht nach weiter im Keller bleiben. Dabei sind die Befürworter des Emissionshandels, wie der Umweltpolitiker Jo Leinen, überzeugt: Egal ob der Rest der Welt derzeit mitzieht oder nicht – Klimaschutz und damit höhere CO2-Preise sind langfristig so oder so im europäischen Interesse:

    "Wir sollten diese Krise jetzt nutzen, eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, eine kohlenstoffarme Wirtschaft aufzubauen, weil wir das dringend brauchen. Schon in wenigen Jahren sind nicht nur die Rohstoffe knapp und die Energie wird teuer, sondern das wahre Ausmaß der Erderwärmung wird deutlich, und dann werden wir noch mal bitter bereuen, dass wir dieses Jahrzehnt vielleicht verschlafen haben mit billigen Ausreden."