Freitag, 19. April 2024

Archiv


Wenn Chili auf Basilikum hört

Gärtner wissen: Einige Pflanzen wachsen in Gesellschaft bestimmter anderer Pflanzen besser oder auch schlechter - je nach Art des Nachbarn. Wie die Pflanzen ihre Nachbarn wahrnehmen, ist nur wenig erforscht. Experimente australischer Forscher zeigen aber, dass Geräusche dabei eine Rolle spielen könnte.

Von Lucian Haas | 05.06.2013
    Wenn man Chilisamen neben Basilikum aussät, keimen sie besser. Das ist altes Erfahrungswissen von Gärtnern. Woher die Chilipflanzen aber wissen, dass nebenan Basilikum wächst, ist ein Rätsel.

    "Wir müssen die Fähigkeiten von Pflanzen genauer erforschen und besser verstehen lernen. Denn ich glaube, sie sind komplexer als das, was wir bisher von ihnen wissen."

    Monica Gagliano ist Biologin an der University of Western Australia. Sie erforscht, wie Pflanzen untereinander kommunizieren. In einem Laborexperiment verglich sie die Keimraten von Chilisamen, mal mit, mal ohne Basilikum in der direkten Nachbarschaft.

    Die positive Wirkung des Basilikums war dabei statistisch eindeutig. Interessanterweise blieb dieser Einfluss auch dann bestehen, als die Forscherin das Basilikum in einer hermetisch abgeschirmten, schwarz verkleideten Box neben die Chilipflanzen stellte. Einflüsse durch Licht, Duftstoffe oder Berührung zwischen den Pflanzen waren damit ausgeschlossen. Und doch keimten die Chilisamen mit dem versteckten Basilikum nebenan immer noch signifikant besser, als wenn die Blackbox im Versuchsaufbau leer blieb. Demnach muss es nach Ansicht von Monica Gagliano noch andere Kommunikationswege zwischen den Pflanzen geben:

    "Das könnten Vibrationen im Boden oder in der Luft sein. Andere Forscher haben auch schon elektromagnetische Felder als Möglichkeit vorgeschlagen. Ich selbst setze auf die Vibrationsidee, weil wir dazu schon andere vielversprechende Daten haben."

    Im vergangenen Jahr hatte Monica Gagliano in Versuchen beobachtet, dass sich Wurzeln von Maispflanzen auf eine Schallquelle hin ausrichten. Seither sucht sie gemeinsam mit Kollegen Beweise für die These, dass Pflanzen akustisch miteinander kommunizieren können.

    Das Chili-Basilikum-Experiment ließ jetzt auch internationale Fachkollegen aufhorchen. Richard Karban, Biologe an der University of California:

    "Sie haben da etwas bisher Unbekanntes entdeckt, etwas Interessantes, etwas Spannendes. Noch bin ich nicht überzeugt davon, dass dies ein Beleg ist für bioakustische Signale zwischen Pflanzen. Aber es ist nicht auszuschließen."

    Monica Gagliano arbeitet jetzt daran, ihr Experiment so zu erweitern, dass sie mögliche akustische Einflüsse des Basilikums auf den Chili direkt nachweisen könnte. Die Methoden, die sie dabei einsetzt, sind mit der bioakustischen Forschung bei Tieren vergleichbar:

    "In der Tierökologie werden oft aufgenommene Geräusche eines Tieres einem anderen Tier vorgespielt, um die Reaktionen zu erfassen. Wir suchen jetzt nach Wegen, so etwas wie die akustische Signatur von Basilikum aufzunehmen und diese dann dem Chili aus der leeren Blackbox heraus vorzuspielen. So können wir sehen, ob die Wirkung immer noch so ist, als wäre die Pflanze anwesend."

    Technisch bedeuten solche Experimente Neuland. Die feinen Vibrationen von Pflanzen lassen sich nicht einfach mit herkömmlichen Mikrofonen erfassen. Monica Gagliano nutzt sogenannte Lasermikrofone, die auch kleinste Schwingungen eines mit dem Laserlicht anvisierten Objektes in elektrische Spannungsimpulse umwandeln. Erste Testaufnahmen an Maissämlingen lieferten brauchbare Ergebnisse. Doch wie man diese Signale so abspielen kann, dass sie naturgetreu bei anderen Pflanzen ankommen und wie erhofft wirken können, dazu gibt es keinerlei Erfahrungen. Dennoch ist Monica Gagliano zuversichtlich, Bioakustik als neues Forschungsfeld an Pflanzen etablieren zu können:

    "Die Pflanzen sind nicht statisch, sie vibrieren wirklich. Ich hoffe, dass wir auf diesem Weg noch viel mehr über sie lernen werden. Und - wer weiß - vielleicht öffnet sich da rund um diese Organismen eine ganz neue Welt, die wir bislang nicht einmal geahnt haben."