Vor 100 Jahren beschrieb Alois Alzheimer das Gehirn einer Frau, die nach Jahren der völligen geistigen Verwirrung gestorben war. Zitat:
"Zahlreiche Zellen, besonders in den oberen Schichten, sind ganz verschwunden. Nur ein aufgeknäultes Bündel Fibrillen zeigt den Ort an, an dem früher eine Ganglienzelle gelegen hat. Über die ganze Rinde zerstreut findet man Herdchen, welche durch die Einlagerung eines eigenartigen Stoffes in die Hirnrinde bedingt sind. In gut gelungen Präparaten sieht man eine Unmasse."
100 Jahre später ist bekannt, woraus die Fibrillen oder Fasern und die Einlagerungen, die Plaques bestehen, es handelt sich um klebrige Formen ganz normaler Eiweiße. Die drei aktuellen Arbeiten konzentrieren sich auf die Klumpen zwischen den Nervenzellen. Hier scheinen Probleme mit der körpereigenen Müllentsorgung entscheidend zu sein. Im Gehirn wird ein bestimmtes Eiweiß ständig von molekularen Scheren zerlegt, dabei entsteht als Abfallprodukt ein kleines Protein namens Amyloid-beta, das schnell beseitigt wird. Dafür ist eine molekulare Mülltruppe zuständig, deren Vorarbeiter jetzt von kalifornischen Forschern beschrieben wurde. Dieser Vorarbeiter ist im Alter kaum noch aktiv. Wenn die Müllabfuhr erlahmt, sammelt sich über Jahre im Gehirn immer mehr Amyloid-beta an. Das allein schädigt die Nerven noch nicht, erst wenn sich das Amyloid umformt und dadurch zusammenklebt wird es giftig. Diesen zweiten Schritt studiert Professor Matthias Jucker an Mäusen, die nach einer Genmanipulation einen Teil der Alzheimersymptome entwickeln. Diesen Krankheitsprozess konnte der Forscher vom Hertie Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen mit menschlichem Amyloid dramatisch beschleunigen. Jucker:
"Wir nehmen Extrakte von Alzheimer-Hirnen und in extrem hoher Verdünnung ein Mikroliter, ein Tausendstel Milliliter, den wir ins Gehirn von diesen Mäusen spritzen, und dann können wir innerhalb von Wochen können wir die Krankheit auslösen. Normalerweise in diesen Mäusen würde das ein oder zwei Jahre dauern."
Im Gehirn der jungen Mäuse gab es schon eine Menge Amyloid-beta, doch es verklumpte nicht. Eine winzige Menge von krankhaftem Amyloid reicht aber aus, um sozusagen eine Kettenreaktion auszulösen und die Nerven mit Amyloidplaques zu verkleistern. Der Prozess erinnert Matthias Jucker an Prionenkrankheiten wie den Rinderwahnsinn, bei denen eine verdrehte Form eines Eiweißes alle normalen Eiweiße derselben Sorte ebenfalls verdreht und damit giftig für die Nerven macht. Ganz ähnlich bei Alzheimer. Allerdings ist der Gedächtnisschwund nicht infektiös. Stattdessen verdreht sich wahrscheinlich zufällig ein Amyloid-beta und startet so eine Kettenreaktion, die langsam aber sicher das ganze Gehirn ergreift. Sie dann noch zu stoppen, ist wohl sehr schwierig. Viele Forscher wollen deshalb ganz am Beginn des Krankheitsprozesses angreifen. Sie versuchen die Scheren zu blockieren, die das Abfall-Amyloid überhaupt erst freisetzen. Das funktioniert im Tierversuch hervorragend und wird inzwischen in klinischen Studien erprobt. Unklar war aber, mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Denn die natürliche Funktion einer dieser Scheren war unbekannt. Jetzt hat eine Gruppe um Professor Christian Haass von der Ludwig-Maximilian-Universität in München herausgefunden, dass sie entscheidend ist für den Aufbau der Isolierschicht um die Nerven. Haass:
"Wir haben uns Mäuse angeschaut, denen die Schere fehlt, das Gen einfach fehlt, und bei denen war die Isolation der entsprechenden Nervenzellen, Nervenleitungen drastisch reduziert gewesen, und wir haben gleichzeitig auch ein Molekül gefunden, was durch diese Schere geschnitten wird und letztendlich für die Isolierung selbst verantwortlich ist und die selbst auch steuert."
Alzheimermedikamente die diese Schere blockieren, schädigen vielleicht gleichzeitig die Isolierung der Nerven und verlangsamen so die Informationsverarbeitung im Gehirn. Christian Haass ist aber optimistisch, dass die Wirkstoffe sich dennoch in der Klinik bewähren werden. Schließlich findet der Aufbau der Nervenisolierung vor allem in Kindheit und Jugend statt. Bei alten Menschen mit Alzheimer werden eventuelle Probleme hoffentlich mehr als aufgewogen von der Reduzierung des gefährlichen Amyloids und einer Verzögerung des Gedächtnisverlustes.
"Zahlreiche Zellen, besonders in den oberen Schichten, sind ganz verschwunden. Nur ein aufgeknäultes Bündel Fibrillen zeigt den Ort an, an dem früher eine Ganglienzelle gelegen hat. Über die ganze Rinde zerstreut findet man Herdchen, welche durch die Einlagerung eines eigenartigen Stoffes in die Hirnrinde bedingt sind. In gut gelungen Präparaten sieht man eine Unmasse."
100 Jahre später ist bekannt, woraus die Fibrillen oder Fasern und die Einlagerungen, die Plaques bestehen, es handelt sich um klebrige Formen ganz normaler Eiweiße. Die drei aktuellen Arbeiten konzentrieren sich auf die Klumpen zwischen den Nervenzellen. Hier scheinen Probleme mit der körpereigenen Müllentsorgung entscheidend zu sein. Im Gehirn wird ein bestimmtes Eiweiß ständig von molekularen Scheren zerlegt, dabei entsteht als Abfallprodukt ein kleines Protein namens Amyloid-beta, das schnell beseitigt wird. Dafür ist eine molekulare Mülltruppe zuständig, deren Vorarbeiter jetzt von kalifornischen Forschern beschrieben wurde. Dieser Vorarbeiter ist im Alter kaum noch aktiv. Wenn die Müllabfuhr erlahmt, sammelt sich über Jahre im Gehirn immer mehr Amyloid-beta an. Das allein schädigt die Nerven noch nicht, erst wenn sich das Amyloid umformt und dadurch zusammenklebt wird es giftig. Diesen zweiten Schritt studiert Professor Matthias Jucker an Mäusen, die nach einer Genmanipulation einen Teil der Alzheimersymptome entwickeln. Diesen Krankheitsprozess konnte der Forscher vom Hertie Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen mit menschlichem Amyloid dramatisch beschleunigen. Jucker:
"Wir nehmen Extrakte von Alzheimer-Hirnen und in extrem hoher Verdünnung ein Mikroliter, ein Tausendstel Milliliter, den wir ins Gehirn von diesen Mäusen spritzen, und dann können wir innerhalb von Wochen können wir die Krankheit auslösen. Normalerweise in diesen Mäusen würde das ein oder zwei Jahre dauern."
Im Gehirn der jungen Mäuse gab es schon eine Menge Amyloid-beta, doch es verklumpte nicht. Eine winzige Menge von krankhaftem Amyloid reicht aber aus, um sozusagen eine Kettenreaktion auszulösen und die Nerven mit Amyloidplaques zu verkleistern. Der Prozess erinnert Matthias Jucker an Prionenkrankheiten wie den Rinderwahnsinn, bei denen eine verdrehte Form eines Eiweißes alle normalen Eiweiße derselben Sorte ebenfalls verdreht und damit giftig für die Nerven macht. Ganz ähnlich bei Alzheimer. Allerdings ist der Gedächtnisschwund nicht infektiös. Stattdessen verdreht sich wahrscheinlich zufällig ein Amyloid-beta und startet so eine Kettenreaktion, die langsam aber sicher das ganze Gehirn ergreift. Sie dann noch zu stoppen, ist wohl sehr schwierig. Viele Forscher wollen deshalb ganz am Beginn des Krankheitsprozesses angreifen. Sie versuchen die Scheren zu blockieren, die das Abfall-Amyloid überhaupt erst freisetzen. Das funktioniert im Tierversuch hervorragend und wird inzwischen in klinischen Studien erprobt. Unklar war aber, mit welchen Nebenwirkungen zu rechnen ist. Denn die natürliche Funktion einer dieser Scheren war unbekannt. Jetzt hat eine Gruppe um Professor Christian Haass von der Ludwig-Maximilian-Universität in München herausgefunden, dass sie entscheidend ist für den Aufbau der Isolierschicht um die Nerven. Haass:
"Wir haben uns Mäuse angeschaut, denen die Schere fehlt, das Gen einfach fehlt, und bei denen war die Isolation der entsprechenden Nervenzellen, Nervenleitungen drastisch reduziert gewesen, und wir haben gleichzeitig auch ein Molekül gefunden, was durch diese Schere geschnitten wird und letztendlich für die Isolierung selbst verantwortlich ist und die selbst auch steuert."
Alzheimermedikamente die diese Schere blockieren, schädigen vielleicht gleichzeitig die Isolierung der Nerven und verlangsamen so die Informationsverarbeitung im Gehirn. Christian Haass ist aber optimistisch, dass die Wirkstoffe sich dennoch in der Klinik bewähren werden. Schließlich findet der Aufbau der Nervenisolierung vor allem in Kindheit und Jugend statt. Bei alten Menschen mit Alzheimer werden eventuelle Probleme hoffentlich mehr als aufgewogen von der Reduzierung des gefährlichen Amyloids und einer Verzögerung des Gedächtnisverlustes.