"Frau Grotelüschen, betätigen Sie sich nicht länger als Schutzpatronin und Lobbyistin der Billigfleischindustrie."
"Diese Vorgänge zeigen erneut, dass unsere Landwirtschaftsministerin nicht in der Lage ist, ihr Amt unabhängig und integer auszuüben."
"Sie machen sich zur Marionette der Industrielandwirtschaft und Sie sind Platzhalterin in einem Ministerium, das ist Lobbyismus pur!"
Die Opposition schäumt. Schon seit Wochen. Ziel der Attacken im Plenarsaal: Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen, CDU. Mit ihr haben SPD, Grüne und Linke mehr als nur ein Hühnchen zu rupfen. Und so richtig glücklich ist selbst die eigene Partei nicht mehr mit dem einstigen Vorzeigeküken. Christian Wulff:
"Sie ist klug, sie ist kompetent und sie ist kommunikativ und damit die Idealbesetzung für das Ressort Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft, Forsten, Verbraucherschutz und den ländlichen Raum und die Landesentwicklung."
April dieses Jahres. Christian Wulff, damals noch Ministerpräsident, bildet sein Kabinett um und präsentiert als Neue im Agrarministerium Astrid Grotelüschen. Eine Überraschung. Denn zu diesem Zeitpunkt ist es gerade mal sechs Monate her, dass die politische Newcomerin erstmals ein Mandat im Bundestag gewonnen hat. Viel politische Erfahrung hat die studierte Ernährungswissenschaftlerin nicht zu bieten. Doch die 56-Jährige kommt aus der Landwirtschaft, ist tätig als Geschäftsführerin der größten Putenbrüterei Deutschlands
"Ich bin seit 22 Jahren in Oldenburg-Land zuhause, bin dort in unserem Familienunternehmen aktiv, bin Prokuristin, habe mit meinen Schwiegereltern und meinem Mann gemeinsam dieses Unternehmen geleitet bzw. leite es jetzt immer noch."
Das war kurz vor Amtsantritt und damals galt sie als Frau vom Fach. Heute steht Grotelüschen in der Kritik: Wegen Missstände in der Geflügelmast, engen familiären Kontakten zur umstrittenen Massentierhaltung und sogar der Vorwurf, sie soll während ihrer Tätigkeit in der Putenbranche Dumpinglöhne gezahlt und bulgarische Arbeitskräfte illegal beschäftigt haben, steht im Raum. Die gebürtige Kölnerin ist erst wenige Wochen im Amt, da nimmt die Tierrechtsorganisation PeTa sie ins Visier. Aktivisten berichten mehrfach über angebliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in Betrieben, an denen Grotelüschens Familienunternehmen, das inzwischen ihr Mann Garlich alleine führt, beteiligt ist. Zudem sollen in Tochtergesellschaften Billiglöhne gezahlt worden sein. Grotelüschen agiert daraufhin äußerst ungeschickt, verteidigt sich schlecht, schweigt und schafft es nicht, sich von ihrer Vergangenheit als Unternehmerin abzugrenzen. Christian Meyer, landwirtschaftlicher Sprecher der Grünen im niedersächsischen Landtag.
"Sie ist geistig immer noch in dieser Industrie verhaftet, weiß nicht, dass sie sozusagen das ganze Land zu verantworten hat, das war dann bezeichnend, wenn - auf Niedriglöhne von fünf Euro angesprochen - dass sie die sofort verteidigt hat, weil sie weiß, dass die in der Branche üblich sind, das kann natürlich nicht die Aufgabe sein. Wir brauchen eine Ministerin, die sich für die eklatanten Missstände, die es im Tierschutz gibt, kümmert. Es wirkt immer noch so, dass sie eher ein Wirtschaftsunternehmen führt als ein Ministerium."
Lange Zeit stand Grotelüschen allein wegen der Nähe zur Massentierhaltung ihres Ehemannes Garlich in der Kritik. Konkrete Vorwürfe gegen ihre Person gab es nicht. Das scheint jetzt anders. Als Prokuristin soll sie in einer Schlachterei in Neubrandenburg dafür verantwortlich gewesen sein, dass dort Billiglöhne gezahlt worden sind. Im NDR-Fernsehen erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter:
"Erreichen konnte ich einen Stundenlohn von 3,50 bis 4,50 Euro. Das wenigste war im Monat 580 Euro und das höchste war 600, also über 700 war ich nie. Ich habe Vollzeit gearbeitet, von 14 Uhr bis nachts um zwei, halb drei."
Tierschützer werfen Astrid Grotelüschen vor, Missstände zu verharmlosen und sich nicht ausreichend um die artgerechte Haltung von Tieren in der Landwirtschaft zu kümmern. Und tatsächlich ist das Engagement der Ministerin, die auch für Tierschutz zuständig ist, in dieser Hinsicht kaum erkennbar. Erst vor Kurzem hat sie angekündigt, das von Tierschützern heftig kritisierte Stutzen von Schnäbeln bei Geflügel abstellen zu wollen, außerdem wolle sie eine Arbeitsgruppe mit Titel "Tierwohl" gründen. Eine Initiative ihres Staatssekretärs jedoch, der neue Leitlinien im Tierschutz etablieren wollte, kassierte Grotelüschen wieder ein. Als Ministerin sei sie eine Fehlbesetzung, sagt Maria Groß von der Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung:
"Wir brauchen eine Persönlichkeit, der Tierschutz wirklich wichtig ist und die Tierquälereien gesetzlicherweise nicht mehr zulässt. Das tut Frau Grotelüschen nicht."
Von allen Seiten hagelt es Rücktrittsforderungen, doch Grotelüschen weigert sich, den Hut zu nehmen. Halbherzige Unterstützung gibt es noch vonseiten der Landwirtschaftslobby, doch selbst dort ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, sie schade der Branche nur, lenke aufgrund ihrer Vergangenheit zu viel Aufmerksamkeit auf das Thema Massentierhaltung. Selbst in der eigenen CDU-Fraktion hat Grotelüschen den Rückhalt verloren. Sie gilt als beratungsresistent und bockig. Einer hält sich verdächtig bedeckt: Ministerpräsident David McAllister scheint sich noch zu überlegen, wie er mit dem Ei, das ihm Vorgänger Christian Wulff ins Nest gelegt hat, umgehen soll. Dass Astrid Grotelüschen noch lange Landwirtschaftsministerin in Niedersachsen bleibt, ist eher nicht zu erwarten.
"Diese Vorgänge zeigen erneut, dass unsere Landwirtschaftsministerin nicht in der Lage ist, ihr Amt unabhängig und integer auszuüben."
"Sie machen sich zur Marionette der Industrielandwirtschaft und Sie sind Platzhalterin in einem Ministerium, das ist Lobbyismus pur!"
Die Opposition schäumt. Schon seit Wochen. Ziel der Attacken im Plenarsaal: Landwirtschaftsministerin Astrid Grotelüschen, CDU. Mit ihr haben SPD, Grüne und Linke mehr als nur ein Hühnchen zu rupfen. Und so richtig glücklich ist selbst die eigene Partei nicht mehr mit dem einstigen Vorzeigeküken. Christian Wulff:
"Sie ist klug, sie ist kompetent und sie ist kommunikativ und damit die Idealbesetzung für das Ressort Landwirtschaft, Ernährungswirtschaft, Forsten, Verbraucherschutz und den ländlichen Raum und die Landesentwicklung."
April dieses Jahres. Christian Wulff, damals noch Ministerpräsident, bildet sein Kabinett um und präsentiert als Neue im Agrarministerium Astrid Grotelüschen. Eine Überraschung. Denn zu diesem Zeitpunkt ist es gerade mal sechs Monate her, dass die politische Newcomerin erstmals ein Mandat im Bundestag gewonnen hat. Viel politische Erfahrung hat die studierte Ernährungswissenschaftlerin nicht zu bieten. Doch die 56-Jährige kommt aus der Landwirtschaft, ist tätig als Geschäftsführerin der größten Putenbrüterei Deutschlands
"Ich bin seit 22 Jahren in Oldenburg-Land zuhause, bin dort in unserem Familienunternehmen aktiv, bin Prokuristin, habe mit meinen Schwiegereltern und meinem Mann gemeinsam dieses Unternehmen geleitet bzw. leite es jetzt immer noch."
Das war kurz vor Amtsantritt und damals galt sie als Frau vom Fach. Heute steht Grotelüschen in der Kritik: Wegen Missstände in der Geflügelmast, engen familiären Kontakten zur umstrittenen Massentierhaltung und sogar der Vorwurf, sie soll während ihrer Tätigkeit in der Putenbranche Dumpinglöhne gezahlt und bulgarische Arbeitskräfte illegal beschäftigt haben, steht im Raum. Die gebürtige Kölnerin ist erst wenige Wochen im Amt, da nimmt die Tierrechtsorganisation PeTa sie ins Visier. Aktivisten berichten mehrfach über angebliche Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in Betrieben, an denen Grotelüschens Familienunternehmen, das inzwischen ihr Mann Garlich alleine führt, beteiligt ist. Zudem sollen in Tochtergesellschaften Billiglöhne gezahlt worden sein. Grotelüschen agiert daraufhin äußerst ungeschickt, verteidigt sich schlecht, schweigt und schafft es nicht, sich von ihrer Vergangenheit als Unternehmerin abzugrenzen. Christian Meyer, landwirtschaftlicher Sprecher der Grünen im niedersächsischen Landtag.
"Sie ist geistig immer noch in dieser Industrie verhaftet, weiß nicht, dass sie sozusagen das ganze Land zu verantworten hat, das war dann bezeichnend, wenn - auf Niedriglöhne von fünf Euro angesprochen - dass sie die sofort verteidigt hat, weil sie weiß, dass die in der Branche üblich sind, das kann natürlich nicht die Aufgabe sein. Wir brauchen eine Ministerin, die sich für die eklatanten Missstände, die es im Tierschutz gibt, kümmert. Es wirkt immer noch so, dass sie eher ein Wirtschaftsunternehmen führt als ein Ministerium."
Lange Zeit stand Grotelüschen allein wegen der Nähe zur Massentierhaltung ihres Ehemannes Garlich in der Kritik. Konkrete Vorwürfe gegen ihre Person gab es nicht. Das scheint jetzt anders. Als Prokuristin soll sie in einer Schlachterei in Neubrandenburg dafür verantwortlich gewesen sein, dass dort Billiglöhne gezahlt worden sind. Im NDR-Fernsehen erzählt ein ehemaliger Mitarbeiter:
"Erreichen konnte ich einen Stundenlohn von 3,50 bis 4,50 Euro. Das wenigste war im Monat 580 Euro und das höchste war 600, also über 700 war ich nie. Ich habe Vollzeit gearbeitet, von 14 Uhr bis nachts um zwei, halb drei."
Tierschützer werfen Astrid Grotelüschen vor, Missstände zu verharmlosen und sich nicht ausreichend um die artgerechte Haltung von Tieren in der Landwirtschaft zu kümmern. Und tatsächlich ist das Engagement der Ministerin, die auch für Tierschutz zuständig ist, in dieser Hinsicht kaum erkennbar. Erst vor Kurzem hat sie angekündigt, das von Tierschützern heftig kritisierte Stutzen von Schnäbeln bei Geflügel abstellen zu wollen, außerdem wolle sie eine Arbeitsgruppe mit Titel "Tierwohl" gründen. Eine Initiative ihres Staatssekretärs jedoch, der neue Leitlinien im Tierschutz etablieren wollte, kassierte Grotelüschen wieder ein. Als Ministerin sei sie eine Fehlbesetzung, sagt Maria Groß von der Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung:
"Wir brauchen eine Persönlichkeit, der Tierschutz wirklich wichtig ist und die Tierquälereien gesetzlicherweise nicht mehr zulässt. Das tut Frau Grotelüschen nicht."
Von allen Seiten hagelt es Rücktrittsforderungen, doch Grotelüschen weigert sich, den Hut zu nehmen. Halbherzige Unterstützung gibt es noch vonseiten der Landwirtschaftslobby, doch selbst dort ist hinter vorgehaltener Hand zu hören, sie schade der Branche nur, lenke aufgrund ihrer Vergangenheit zu viel Aufmerksamkeit auf das Thema Massentierhaltung. Selbst in der eigenen CDU-Fraktion hat Grotelüschen den Rückhalt verloren. Sie gilt als beratungsresistent und bockig. Einer hält sich verdächtig bedeckt: Ministerpräsident David McAllister scheint sich noch zu überlegen, wie er mit dem Ei, das ihm Vorgänger Christian Wulff ins Nest gelegt hat, umgehen soll. Dass Astrid Grotelüschen noch lange Landwirtschaftsministerin in Niedersachsen bleibt, ist eher nicht zu erwarten.