Wie viele neuromuskuläre Erkrankungen es eigentlich gibt - schon darüber wissen die Mediziner nicht viel. 50, möglicherweise aber auch 100, schätzt der Neurologe Professor Stefan Zierz, Direktor des Hallenser Muskelzentrums. Schuld an der Unsicherheit sind Erkenntnisse aus der Genetik, erklärt Professor Zierz: "In den letzten zehn Jahren haben die Fortschritte der Molekulargenetik dazu geführt, dass man bei vielen Erkrankungen die zugrunde liegenden Gendefekte erkannt hat. Man lernt, dass ähnliche oder gleiche Krankheitsbilder auf unterschiedlichen Mutationen beruht und ein und dieselbe Mutation ganz unterschiedliche Erscheinungsformen haben kann." Ein Beispiel ist die häufigste neuromuskuläre Erkrankung - die Mytone Dystrophie - auch als Morbus Curschmann-Steinert bekannt. Sie beginnt mit schweren Beinen, die Betroffenen können zum Beispiel nur mühsam Treppen steigen. Unbehandelt führt sie zu Herzstörungen und grauem Star. Als Ursache hatten Ärzte einen Defekt auf Chromosom 19 ausgemacht. In Halle präsentierte eine Würzburger Arbeitsgruppe um Professor Kenneth Rieker einen weiteren Gendefekt, der ebenfalls verantwortlich sein kann, aber auf Chromosom 3 liegt. Es muss aber noch einen dritten Gendefekt geben, denn einige Kranke haben weder auf Chromosom 19 noch auf Chromosom 3 den beobachteten Defekt.
Neuromuskuläre Erkrankungen können aber auch durch Bakterien, Autoimmunreaktionen, angeborene Stoffwechselstörungen oder durch Degeneration der Nerven, die den Muskel versorgen, entstehen. Auch Medikamente könnten Muskelschwächen auslösen, sagt Professor Zierz: "B Cortison kann hilfreich sein bei Muskelentzündung, aber nach langjährigem Gebrauch kann es auch Muskelschwäche verursachen, und es ist schwer zu entscheiden, was Ursache oder Folge der Therapie ist." Bei den Unsicherheiten über die Entstehungsmechanismen von neuromuskulären Erkrankungen verwundert es kaum, dass ursächliche Therapien noch in weiter Ferne liegen. Der Euphorie über Gentherapien stehen die Muskel-Experten ohnehin sehr skeptisch gegenüber. Zu komplex ist das Zusammenspiel von genetischen Ursachen, immunologischen Faktoren und den Stoffwechselvorgängen im Muskel. So konzentrieren sich derzeit die Bemühungen auf eine exakte Diagnose, an welcher Muskelerkrankung ein Patient leidet. Denn allzu oft werden Muskelschwäche und Muskelschmerzen als psychosomatische Leiden fehldiagnostiziert.
[Quelle: Hartmut Schade]
Neuromuskuläre Erkrankungen können aber auch durch Bakterien, Autoimmunreaktionen, angeborene Stoffwechselstörungen oder durch Degeneration der Nerven, die den Muskel versorgen, entstehen. Auch Medikamente könnten Muskelschwächen auslösen, sagt Professor Zierz: "B Cortison kann hilfreich sein bei Muskelentzündung, aber nach langjährigem Gebrauch kann es auch Muskelschwäche verursachen, und es ist schwer zu entscheiden, was Ursache oder Folge der Therapie ist." Bei den Unsicherheiten über die Entstehungsmechanismen von neuromuskulären Erkrankungen verwundert es kaum, dass ursächliche Therapien noch in weiter Ferne liegen. Der Euphorie über Gentherapien stehen die Muskel-Experten ohnehin sehr skeptisch gegenüber. Zu komplex ist das Zusammenspiel von genetischen Ursachen, immunologischen Faktoren und den Stoffwechselvorgängen im Muskel. So konzentrieren sich derzeit die Bemühungen auf eine exakte Diagnose, an welcher Muskelerkrankung ein Patient leidet. Denn allzu oft werden Muskelschwäche und Muskelschmerzen als psychosomatische Leiden fehldiagnostiziert.
[Quelle: Hartmut Schade]