Social TV – so heißt das neue Zauberwort für die Fernsehmacher. Über sogenannte soziale Medien wie Facebook, Twitter und Co. oder Apps, die auf Smartphones und Tablet-PCs laufen, soll der Zuschauer in Zukunft mehr ein- und an das Programm gebunden werden.
"Social TV ist ein relativ neuer Trend in Deutschland, wobei es in anderen Ländern schon weiter fortgeschritten ist, beispielsweise in den USA oder in Großbritannien wie so oft. In Deutschland ist es ein Trend, der sich jetzt grade ausbreitet, also Social TV in der Form, man kann es auch als Second Screen bezeichnen, das man Fernsehen und Internet gleichzeitig nutzt","
sagt Annika Sehl vom Institut für Journalismus in Dortmund. Ihr Forschungsgebiet umfasst unter anderem die Möglichkeit der Partizipation im Fernsehen. Diesem neuen Trend, von dem Sehl spricht, scheinen in Deutschland mittlerweile viele Fernsehsender folgen zu wollen. Sie alle wollen es nutzen, dass der Fernseher kein Medium mehr ist, an dem sich die Familie abends versammelt und gebannt nur auf die Mattscheibe schaut, wie Wissenschaftlerin Sehl beschreibt:
""Wenn man sich Mediennutzungsstudien anguckt wie zum Beispiel das Digitalbarometer, dann sieht man nach dieser Studie, dass jeder Zweite im Alter zwischen 20 und 39 Jahren parallel Fernsehen und Internet nutzt, also das heißt, es findet sowieso eine zeitgleiche Nutzung statt, die man dann auch vonseiten der Fernsehmacher entsprechend verknüpfen kann, um Inhalte zu verbinden."
Ein Projekt, das diese Verknüpfung versucht hat, ist die Rundshow vom Bayerischen Fernsehen. In Container ausgelagert und mit Piraten-Flagge auf dem Dach wurde vier Wochen lang ein interaktives Programm gemacht. Über einen Online-Video-Chat konnten sich die Zuschauer schon nachmittags in die Themenfindung einbringen. Und während der Sendung konnten sie über Twitter, Facebook oder Google Plus mit ihrer Meinung mitgestalten. Zusätzlich entwickelten die Sendungsmacher eine Applikation für Smartphones mit der über Fragen abgestimmt oder auch einfach nur Buh oder Jubelrufe ins Studio geschickt werden konnten. Einer der Köpfe hinter der Rundshow und auch dort vor der Kamera: Blogger und Moderator Richard Gutjahr. Für ihn war es genau die richtige Zeit, mit dem Experiment Rundshow zu starten:
"Das war so 'ne innere Stimme, die gesagt hat, das geht nicht mehr lange gut so und wir müssen gucken, dass wir jetzt experimentieren, solange noch keiner die Antwort hat. Weil das ist die Zeit zum Experimentieren, weil wenn mal jemand die Geschäftsmodelle alle fertig hat, dann kann man ja nur noch hinterherlaufen. Aber im Moment hat man die Chance, tatsächlich mit 'nem anderen zumindest zeitgleich über die Ziellinie zu gehen. Und das war sozusagen auch die Zeit, wo ich gesagt hab': Freunde wir müssen jetzt handeln."
Während viele Medienkritiker die Rundshow eher skeptisch betrachtet haben, waren die Zuschauer eher angetan, sagt Journalist Gutjahr:
"Die sind begeistert, dass wir einfach mal was probieren und dass wir nicht nur so faul rumhocken und jammern: Das blöde Internet macht unsere Arbeitswelt kaputt. Sondern die sind auch neugierig. Ich empfinde unser Publikum als Teil der Teams, weil mit unseren Redaktionssitzungen, wir lesen jeden einzelnen fucking Tweet, der da rein kommt, jeden Kommentar bei Facebook, wir lesen alles. Wir versuchen, auch auf alles zu antworten. Die sind für mich tatsächlich so was wie Teammitglieder geworden, die Leute draußen vor dem Empfangsgerät, weil die senden jetzt halt auch und das ist wirklich 'ne Riesenchance."
Als eine Riesenchance hat auch eine erst mal weniger experimentelle Sendung der ARD die Zuschauer-Beteiligung gesehen: der Tatort. Zwar konnte das Publikum den Film nicht direkt beeinflussen – aber nach dem Tatort aus Ludwigshafen online auf Mörderjagd gehen. Ein großer Erfolg, wie Melanie Wolber, Redakteurin des SWR-Tatorts beschreibt:
"Wir haben 110.000 Teilnehmer fast gehabt und 20.500, die das Spiel komplett durchgespielt haben, also auch den Täter ermittelt haben - und das ist schon 'ne Menge. Also wir hatten so ganz verwegene Zahlen, so mit 50.000, aber das haben wir im Grunde alle geduckt und haben gesagt: Get real, wenn wir bei 5000 bis 10.000 landen, sind wir glücklich, und das hat wirklich alles getoppt."
Bislang war der sogenannte Tatort Plus eine einmalige Sache, entstanden aus der Beobachtung, dass es viele Zuschauer gibt, die schon während der Sendung auf Twitter über Motiv und Täter spekulieren - und auch die Rundshow bleibt ein vierwöchiges Experiment. Beides sind aber Möglichkeiten, wie das Fernsehen der Zukunft aussehen könnte. Ein weiterer Trend geht dahin, den Zuschauer über das Netz mit zusätzlichen Informationen zu versorgen. Zum Beispiel: Wie heißt noch mal der Hauptdarsteller? Zudem könnte dem Publikum in Zukunft Sendungen nach ihren Vorlieben angeboten werden – ein maßgeschneidertes TV-Programm also, das nicht ohne die Daten aus den sozialen Netzwerken leben kann.
All das zeigt: Eine klare Richtung für Social TV gibt es in Deutschland noch nicht – und in einen Topf lassen sich die Angebote auch nicht werfen. Eines haben sie aber gemein: Sie wollen die Zuschauer da abholen, wo sich viele während, vor und nach dem Fernsehen am meisten aufhalten - im Internet.
"Social TV ist ein relativ neuer Trend in Deutschland, wobei es in anderen Ländern schon weiter fortgeschritten ist, beispielsweise in den USA oder in Großbritannien wie so oft. In Deutschland ist es ein Trend, der sich jetzt grade ausbreitet, also Social TV in der Form, man kann es auch als Second Screen bezeichnen, das man Fernsehen und Internet gleichzeitig nutzt","
sagt Annika Sehl vom Institut für Journalismus in Dortmund. Ihr Forschungsgebiet umfasst unter anderem die Möglichkeit der Partizipation im Fernsehen. Diesem neuen Trend, von dem Sehl spricht, scheinen in Deutschland mittlerweile viele Fernsehsender folgen zu wollen. Sie alle wollen es nutzen, dass der Fernseher kein Medium mehr ist, an dem sich die Familie abends versammelt und gebannt nur auf die Mattscheibe schaut, wie Wissenschaftlerin Sehl beschreibt:
""Wenn man sich Mediennutzungsstudien anguckt wie zum Beispiel das Digitalbarometer, dann sieht man nach dieser Studie, dass jeder Zweite im Alter zwischen 20 und 39 Jahren parallel Fernsehen und Internet nutzt, also das heißt, es findet sowieso eine zeitgleiche Nutzung statt, die man dann auch vonseiten der Fernsehmacher entsprechend verknüpfen kann, um Inhalte zu verbinden."
Ein Projekt, das diese Verknüpfung versucht hat, ist die Rundshow vom Bayerischen Fernsehen. In Container ausgelagert und mit Piraten-Flagge auf dem Dach wurde vier Wochen lang ein interaktives Programm gemacht. Über einen Online-Video-Chat konnten sich die Zuschauer schon nachmittags in die Themenfindung einbringen. Und während der Sendung konnten sie über Twitter, Facebook oder Google Plus mit ihrer Meinung mitgestalten. Zusätzlich entwickelten die Sendungsmacher eine Applikation für Smartphones mit der über Fragen abgestimmt oder auch einfach nur Buh oder Jubelrufe ins Studio geschickt werden konnten. Einer der Köpfe hinter der Rundshow und auch dort vor der Kamera: Blogger und Moderator Richard Gutjahr. Für ihn war es genau die richtige Zeit, mit dem Experiment Rundshow zu starten:
"Das war so 'ne innere Stimme, die gesagt hat, das geht nicht mehr lange gut so und wir müssen gucken, dass wir jetzt experimentieren, solange noch keiner die Antwort hat. Weil das ist die Zeit zum Experimentieren, weil wenn mal jemand die Geschäftsmodelle alle fertig hat, dann kann man ja nur noch hinterherlaufen. Aber im Moment hat man die Chance, tatsächlich mit 'nem anderen zumindest zeitgleich über die Ziellinie zu gehen. Und das war sozusagen auch die Zeit, wo ich gesagt hab': Freunde wir müssen jetzt handeln."
Während viele Medienkritiker die Rundshow eher skeptisch betrachtet haben, waren die Zuschauer eher angetan, sagt Journalist Gutjahr:
"Die sind begeistert, dass wir einfach mal was probieren und dass wir nicht nur so faul rumhocken und jammern: Das blöde Internet macht unsere Arbeitswelt kaputt. Sondern die sind auch neugierig. Ich empfinde unser Publikum als Teil der Teams, weil mit unseren Redaktionssitzungen, wir lesen jeden einzelnen fucking Tweet, der da rein kommt, jeden Kommentar bei Facebook, wir lesen alles. Wir versuchen, auch auf alles zu antworten. Die sind für mich tatsächlich so was wie Teammitglieder geworden, die Leute draußen vor dem Empfangsgerät, weil die senden jetzt halt auch und das ist wirklich 'ne Riesenchance."
Als eine Riesenchance hat auch eine erst mal weniger experimentelle Sendung der ARD die Zuschauer-Beteiligung gesehen: der Tatort. Zwar konnte das Publikum den Film nicht direkt beeinflussen – aber nach dem Tatort aus Ludwigshafen online auf Mörderjagd gehen. Ein großer Erfolg, wie Melanie Wolber, Redakteurin des SWR-Tatorts beschreibt:
"Wir haben 110.000 Teilnehmer fast gehabt und 20.500, die das Spiel komplett durchgespielt haben, also auch den Täter ermittelt haben - und das ist schon 'ne Menge. Also wir hatten so ganz verwegene Zahlen, so mit 50.000, aber das haben wir im Grunde alle geduckt und haben gesagt: Get real, wenn wir bei 5000 bis 10.000 landen, sind wir glücklich, und das hat wirklich alles getoppt."
Bislang war der sogenannte Tatort Plus eine einmalige Sache, entstanden aus der Beobachtung, dass es viele Zuschauer gibt, die schon während der Sendung auf Twitter über Motiv und Täter spekulieren - und auch die Rundshow bleibt ein vierwöchiges Experiment. Beides sind aber Möglichkeiten, wie das Fernsehen der Zukunft aussehen könnte. Ein weiterer Trend geht dahin, den Zuschauer über das Netz mit zusätzlichen Informationen zu versorgen. Zum Beispiel: Wie heißt noch mal der Hauptdarsteller? Zudem könnte dem Publikum in Zukunft Sendungen nach ihren Vorlieben angeboten werden – ein maßgeschneidertes TV-Programm also, das nicht ohne die Daten aus den sozialen Netzwerken leben kann.
All das zeigt: Eine klare Richtung für Social TV gibt es in Deutschland noch nicht – und in einen Topf lassen sich die Angebote auch nicht werfen. Eines haben sie aber gemein: Sie wollen die Zuschauer da abholen, wo sich viele während, vor und nach dem Fernsehen am meisten aufhalten - im Internet.