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Wenn der Wind sich dreht

Ex-US-Präsident Bill Clinton hatte Bill Gates und dessen Unternehmen wahrlich das Fürchten gelehrt: So stellte ein Verfahren den Missbrauch des Software- und Betriebssystem-Monopols fest und verfügte die Aufspaltung des Redmonder Unternehmens in weniger einflussreiche Tochterfirmen. Aus gutem Grund, so zeigt sich jetzt, spielten die Anwälte des Softwareriesen auf Zeit, versprach doch ein möglicher Regierungswechsel Rettung in höchster Not. Tatsächlich stehen unter George W. Bush die Zeichen gut für Microsoft.

Peter Welchering |
    Staatsanwalt Jeffrey Minia hatte einen schweren Stand, als er in der vergangenen Woche dem Berufungsgericht darlegen sollte, dass der Richterspruch von Thomas Penfield Jackson gegen Microsoft Bestand haben müsse. Erwartungsgemäß plädierte die Gegenseite, dass Richter Jackson befangen und voreingenommen sowie das gesamte Verfahren mithin unfair gewesen sei. Daraus leitete Microsoft-Anwalt Michael Holey den Antrag ab, das Berufungsgericht, bestehend aus den Richtern Steven Williams, Harry Edwards und Douglas Binsberg möge die von Richter Jackson verfügte Zerschlagung aufheben. Zwar ist darüber noch nicht entschieden, doch gilt die Aufsplittung als unwahrscheinlich.

    Die Trendwende im Prozess ist das Ergebnis einer intensiven Lobby-Arbeit, die Bill Gates sofort nach Bekanntgabe der so genannten Tatsachenfeststellung von Richter Thomas Jackson am 5. November 1999 hatte anlaufen lassen. Die richterliche Feststellung schließt die Beweisaufnahme ab und erlaubt schon tendenzielle Hinweise auf das letztliche Urteil. So sah es Richter Jackson als erwiesen an, dass Microsoft unfair gehandelt, Wettbewerber benachteiligt und gegen geltendes Recht verstoßen habe. Darauf hatte Konzernchef Gates ausgesprochen empört reagiert und stellte in der Berufungsverhandlung vergangene Woche das genaue Gegenteil fest: "Wir haben immer fair gehandelt. Microsoft hat das Leben von Millionen Menschen bereichert und dies wird das US-Rechtssystem letztlich auch bestätigen."

    Schon während seines Wahlkampfes hatte der neue US-Präsident Bush stets betont, dass er im Zweifelsfalle auf die Seite des Fortschritts und der Innovation stehe. Damit war zumindest für Gates Statthalter Steve Ballmer der Fall so gut wie entschieden. Andererseits stellten Kritiker auch während des derzeit laufenden Berufungsverfahrens fest, dass im Fall Microsoft durchaus Rechtsverstöße vorlägen. "Microsoft hat eindeutig die Grenzen des rechtlich Erlaubten überschritten und damit nicht fair gehandelt", konstatiert Professor Michael Cusumano von der Sloan School für Management am Massachusetts Institut of Technology. Doch die neue US-Administration zeigt den Willen, den Fall Microsoft schnell abzuschließen: Beobachter gehen daher davon aus, dass zwar die Tatsachenfeststellung von Richter Jackson auch von dem Berufungsgericht bestätigt werden wird, das Strafmaß jedoch neu und vermutlich milder ausfallen werde. Zwar werde es Auflagen für Microsoft geben, doch eine Aufspaltung des Konzerns drohe Microsoft nicht.