Freitag, 19. April 2024

Archiv


Wenn die Rakete übers Ziel hinaus schießt

An Silvester darf gesetzlich erst ab 16 Uhr geböllert werden. Wer dagegen verstößt, kann saftige Bußgelder kassieren. Und auch bei Unfällen gilt das Verursacherprinzip. Wenn der Raketenzünder nicht auffindbar ist, wird es schwieriger mit der Haftung, sagt Anwalt Kay Rodegra.

Kay Rodegra im Gespräch mit Georg Ehring | 29.12.2011
    Georg Ehring: Das Ende des Jahres ist kaum zu überhören. Schon tagsüber, vielerorts sogar Tage vor Silvester werden Knaller mehr als ausprobiert - für ruhebedürftige Menschen und für viele Tierhalter ist Silvester nicht nur ein Tag der Freude über den bevorstehenden Jahreswechsel. Das ganze Jahr über gibt es Grenzen für Feierlärm und Spaß, doch zum Jahresschluss scheinen die nicht zu gelten. Hier im Studio des Deutschlandfunk in Köln begrüße ich Rechtsanwalt Kay Rodegra aus Würzburg. Herr Rodegra, darf ich eigentlich aus Vorfreude auf Silvester gleich nach der Sendung anfangen zu böllern?

    Kay Rodegra: Nein, das dürfen Sie nicht, denn die Böller dürfen erst am 31.12. gezündet werden, und dann auch nur bis zum 1. Januar, und Städte und Gemeinden geben da auch noch Zeiten vor. Also beispielsweise erst ab 16 Uhr, da muss man sich bei seiner Heimatgemeinde tatsächlich genau erkundigen, und außerhalb dieser Zeiten ist das Böllern verboten.

    Ehring: Also auch kleinere Knaller?

    Rodegra: Auch kleinere Knaller, da kennt das Gesetz keine Unterschiede. Wer die heute schon zündet, riskiert ein Bußgeld, und das kann bis - so steht es im Gesetz - 50.000 Euro betragen. Allerdings werden solche großen Strafen nicht gleich ausgesprochen, aber mit mehreren hundert Euro muss man durchaus rechnen.

    Ehring: in diesem Jahr ist ja mehr Sprengstoff in solchen Böllern zugelassen. 500 Gramm statt bisher 200 Gramm Schwarzpulver. Wird das dadurch gefährlicher?

    Rodegra: Ich meine schon, auch Feuerwehrleute gehen davon aus, dass es gefährlicher wird, weil dieses Schwarzpulver ist dann in sogenannten Böllerbatterien konzentriert, die dann sehr lange brennen. Das sind dann also 150 Schuss zum Beispiel, das geht über drei Minuten, und wenn man so etwas zündet, und dann kann man es ja nicht mehr unterbrechen. Und wenn man dann mit Menschen zusammensteht, die drei Minuten lang oder gar vier Minuten lang unter Aufsicht zu halten, das halte ich für eher bedenklich, also ich würde lieber zum einzelnen Böller raten.

    Ehring: Wer haftet eigentlich für Schäden? Es kann ja passieren, dass so ein Knaller ein Auto beschädigt oder sogar für einen Brand sorgt. Haftet dann der Gastgeber oder der, der gezündet hat?

    Rodegra: Es haftet grundsätzlich immer der Verursacher. Wenn ich den herausfinden kann, also wenn mein Auto von einer Rakete aus Nachbars Garten getroffen wird, muss der bezahlen, den Schaden bezahlen, der die Rakete gezündet hat. Wenn der nicht mehr zu ermitteln ist, tja, da hilft mir leider nur noch meine Teilkaskoversicherung vom Auto, die übernimmt Brand- und Explosionsschäden, oder, wenn es zu Kratzereien kommt durch Betrunkene in der Silvesternacht, da hilft mir dann nur noch eine Vollkaskoversicherung.

    Ehring: Es gibt ja Böller, die illegal hergestellt sind. Woran erkenne ich legale Böller?

    Rodegra: Legale Böller müssen ein sogenanntes BAM-Zeichen haben. Das ist eine Kennzeichnung der Bundesanstalt für Materialforschung und Sicherheit. Ohne dieses Zeichen dürfen Böller nicht gezündet werden. Das befindet sich auf jedem Böller tatsächlich einzeln, neuerdings auch verbunden mit einem sogenannten CE-Zeichen. Wer Böller zündet, die nicht freigegeben sind, also illegal auch nach Deutschland gebracht wurden, der riskiert hohe Strafen, denn der verstößt gegen das Sprengstoffgesetz, da drohen hohe Geldstrafen oder sogar auch Freiheitsstrafen.

    Ehring: An anderen Tagen gibt es Anspruch auf Ruhe nach 22 Uhr. Ist das Silvester anders geregelt oder ist das nur Gewohnheit, dass es dann lauter ist.

    Rodegra: Es ist nur Gewohnheit, dass es dann lauter ist. Eine andere gesetzliche besondere Regelung gibt es nicht. Man muss also tatsächlich auch seine Silvesterparty der Lautstärke nach runterfahren. Aber mir sind allerdings keine Fälle von Anzeigen von Ruhestörung bekannt in der Silvesternacht um zwölf Uhr herum, die dann tatsächlich verfolgt werden, aber die Silvesterfeier dürfte nicht länger als drei, vier, fünf Uhr morgens gehen, oder dann zumindest auf Zimmerlautstärke, sonst dürfen sich die Nachbarn beschweren.

    Ehring: Zu Neujahr gibt es ja jede Menge Müll auf der Straße. Muss ich den wegfegen, wenn es meine Feier war, oder darf ich da auf die Straßenreinigung warten?

    Rodegra: Der übliche Müll, also der in normalem Maß anfällt, da darf man auf die Straßenreinigung warten. Wenn ich jetzt eine Silvesterparty habe mit 100 Personen oder 150 Personen und es sind Müllberge vor meinem Haus oder auch im Nachbarsgarten, die muss ich dann beseitigen.

    Ehring: Herzlichen Dank an Kay Rodegra, Rechtsanwalt aus Würzburg!

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.