Weltweit fielen über 200 Millionen Hühner der Epidemie zum Opfer. Mehr als hundert Menschen haben sich mit dem so genannten Tiervirus H5N1 infiziert. Mindestens 80 sind an der hoch ansteckenden Erkrankung gestorben. Der parlamentarische Staatssekretär Gerd Müller im Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz nimmt die Situation sehr ernst:
"Wenn wir die Vogelgrippe in der Breite in den betroffenen Ländern nicht in den Griff bekommen, wird die Wahrscheinlichkeit zunehmen, dass sich das Virus weiterentwickelt. Und in der Tat könnte es zu einer Katastrophe kommen, wenn dieser nächste Sprung käme."
Doch wie kann etwa in armen und rückständigen Gegenden wie Ostanatolien verhindert werden, dass sich das Virus weiter ausbreitet? Seit Jahrhunderten leben hier Mensch und Tier auf engstem Raum - wie im tiefsten Mittelalter. Die Familien ernähren sich von ihrem Geflügel und verkaufen das, was übrig bleibt, schildert Lothar Wieler, Professor für Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin:
"Klar ist, dass sich die Menschen, nach dem derzeitigen Kenntnisstand und so wie das Virus aufgebaut ist, genetisch nur dann anstecken können, wenn sie ganz intensiv und eng mit diesen Vögeln in Kontakt kommen. Und das kann eben nur geschehen, wenn die Vögel und die Menschen unter einem Dach wohnen. Insbesondere im Winter, wenn es sehr kalt ist - und es ist Ende Dezember sehr kalt geworden in der Türkei - ist es klar, dass die Menschen, die keine Ställe haben, die Vögel in ihre Häuser mit hinein nehmen, weil die Vögel ihre Lebensgrundlage sind."
Oft haben die Behörden in den von der Seuche heimgesuchten Regionen nicht einmal eine Vorstellung davon, wie viel Geflügel es überhaupt gibt. Geschweige denn, wie viele Tiere erkrankt sind. Zu lange hat die türkische Regierung beschwichtigt, nur ungenügend ihre Bürger aufgeklärt:
"Die Koordination der türkischen Behörden und die Maßnahmen, die ergriffen werden, sind nicht ausreichend, um in der Türkei der weiteren Ausbreitung Herr zu werden. Und hier sind wir besorgt."
Betont Staatssekretär Gerd Müller. Denn die Tiere sind zu einer biologischen Zeitbombe für die ganze Welt geworden. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist hoch ansteckend und überträgt sich über Körperflüssigkeiten und Kot. Die erkrankten Vögel sind apathisch, leiden unter Fieber, Atembeschwerden und Durchfall. Oft sterben die Tiere, bevor sie überhaupt Symptome entwickeln. H5N1 ist der Begriff für eine der zahlreichen natürlichen Spielarten von Influenzaviren der Gruppe A. H steht dabei für Hämagglutinin, N für Neuraminidase - zwei Proteine, die sich schnell verändern können.
Im Verlauf einer Epidemie können neue Varianten entstehen, die gefährlicher sind als der ursprüngliche Erreger. Bislang gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich alle an der Vogelgrippe gestorbenen Menschen an Tieren infiziert haben. Nach bisherigen Erkenntnissen wird die Vogelgrippe also nicht von Mensch zu Mensch übertragen, betont Heinz Zeichhardt, Professor für Virologie am Campus Benjamin Franklin der Berliner Charité:
"Wir wissen nicht, wann das Virus und ob das Virus es überhaupt schaffen wird, sich an den Menschen anzupassen. Es ist eine Erkrankung des Geflügels. Und damit ist auch das Erkennen zwischen dem Virus und der Wirtszelle des Geflügels determiniert, bestimmt. Das heißt, es muss nach dem Schlüsselschloss-Prinzip der Schlüssel seine passende Zelle finden, um damit in die Zelle zu gelangen, damit anschließend sich das Virus dann vermehren kann. Das passiert leicht im Geflügel. Das passiert, Gott sei Dank, sehr schlecht beim Menschen."
Doch das ist die große Sorge der Wissenschaftler: Dass sich das Virus an menschliche Körperzellen anpassen könnte - durch schrittweise Mutation oder durch die Vermischung des Erbmaterials von Vogel- und Menschengrippeviren. Wenn also gleichzeitig eine normale Grippewelle über das Land hereinbricht und ein Mensch sich doppelt infiziert. Die Folge wäre ein Supervirus, das tödlich wie ein Vogelgrippe-Virus ist und so leicht wie eine normale Wintergrippe übertragen werden kann.
Sollte H5N1 tatsächlich einmal massenhaft auf den Menschen überspringen, könnte dies zu einer globalen tödlichen Seuche führen. Einer so genannten Pandemie, wie sie 1918 als "Spanische Grippe" wütete. Damals starben mehr als 20 Millionen Menschen.
Ähnlich katastrophale Folgen hatten auch 1957 die "Asiatische Grippe" mit einer Million Toten und 1968 die "Hongkong-Grippe" mit 700.0000 Toten. Angesichts der wachsenden Erdbevölkerung und der zunehmenden Globalisierung könnte sich eine Infektionskrankheit wie die Vogelgrippe heute schnell ausbreiten. Auch Deutschland muss sich vorbereiten im Kampf gegen die unsichtbare Bedrohung. Reinhard Kurth, Direktor vom Robert-Koch-Institut in Berlin, der obersten Gesundheitsbehörde des Landes:
"Hier muss man die Gratwanderung so vollbringen, dass man zum einen nicht wie Kassandra durchs Land läuft. Wenn man das tut, und die große Seuche kommt nicht schnell genug, dann hört keiner mehr zu, wie es bei Kassandra der Fall war. Dann kam sie eben doch. Auf der anderen Seite haben wir auch eine Antennenfunktion, nicht nur für die Politikberatung, sondern auch für unsere Bevölkerung und müssen Gefahrenanalysen sehr frühzeitig anstellen und müssen dann auch warnen."
Würde es zu einer Pandemie kommen, würde sich schnell zeigen, wie gut Deutschland für diesen schlimmsten Fall der Fälle gerüstet wäre. Können Bund und Länder die öffentliche Ordnung aufrechterhalten? Sind genügend virenhemmende Notfallmedikamente vorrätig? Wie schnell kann ein maßgeschneiderter Impfstoff gegen das Virus entwickelt werden? All das sind Fragen, mit denen sich das Robert-Koch-Institut seit Jahren beschäftigt.
Entsprechend hat es in Abstimmung mit dem Bund und den Ländern einen Pandemie-Notplan entwickelt. Im Sommer letzten Jahres wurde er aktualisiert. Lange Zeit lief die Umsetzung eher schleppend, kritisiert Reinhard Kurth. Nun sehe die Situation allerdings anders aus:
"Die Medienaufmerksamkeit, die diese Vogelkrankheit jetzt erhalten hat, hat sicherlich dazu geführt, dass die Umsetzungsmaßnahmen beschleunigt wurden. Das empfinden wir so. Natürlich kommt dann immer die Frage: Und wie sieht es in Zukunft aus? Wenn wir noch mehr Zeit gewinnen? Dass wir noch mehr Zeit erhalten von diesem Virus? Dann werden wir in einem halben Jahr noch besser aufgesellt sein. Aber wir sind heute halbwegs gut gerüstet. Wir wollen sehr gut gerüstet sein."
Dringend hatte die oberste Gesundheitsbehörde beispielsweise gefordert, für zwanzig Prozent der Bevölkerung einen staatlichen Vorrat virenhemmender Medikamente anzulegen – etwa das Grippemittel Tamiflu - wie es auch die Weltgesundheitsbehörde empfiehlt. Auf diese Weise könnte die Zeit überbrückt werden, bis ein wirksamer Impfstoff gegen das Virus gefunden würde. Das Robert-Koch-Institut rechnet mit mindestens drei Monaten Entwicklungszeit für einen solchen Prototyp.
Doch je nach Bundesland könnten nach heutigem Stand nur zwischen fünf und 15 Prozent der Bevölkerung aus staatlichen Vorräten versorgt werden. Mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage hatte sich manches Bundesland nur mit wenigen Medikamenten eingedeckt. In Brandenburg etwa sind es sieben Prozent der Bürger, für die solche Medikamente zur Verfügung stehen. Die brandenburgische Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler verteidigt das Vorgehen ihrer Landesregierung:
"Es kommt ja außer dem, was das Land selber als Vorsorge getroffen hat, das noch hinzu, was ohnehin als normale Verteilmenge in den Apotheken vorhanden ist. Und es kommt noch hinzu die Menge, die für die Sicherheitskräfte, das medizinische Personal, also die, die an erster Front also stehen würden, hinzu. So dass wir glauben, dass es ausreichend ist. Man muss ja bedenken, dass so eine Influenza nicht zeitgleich überall in gleichem Maße vorhanden ist. Sondern, dass sie wellenartig über das Land geht. Und durch dieses Pool ist ja auch gewährleistet, dass man sich gegenseitig aus den Ländern dann hilft."
Ob bei einem möglichen Engpass die Bundesländer aber tatsächlich ihren eigenen Vorrat weiterreichen würden, bleibt fraglich. Zumal es keine Alternative gibt: Tamiflu gilt als derzeit einziges Mittel, das schnell und unkompliziert eingesetzt werden kann. In den meisten westlichen Industriestaaten gab es bereits einen Ansturm auf das empfohlene virenhemmende Antigrippemittel Tamiflu des Schweizer Pharmariesen Roche. Wochenlang war das Medikament in Apotheken ausverkauft.
Allerdings wirkt es nur, wenn es innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Erkrankung eingenommen wird. Nach dieser Zeit haben sich die Viren so stark ausgebreitet, dass das Medikament nichts mehr ausrichten könnte. Denn das Virus hat eine heimtückische Eigenschaft: Es verändert sich ständig. Auch Tamiflu könnte seine Wirkung verlieren, sobald das Influenza-Virus Resistenzen gegen das Medikament entwickelt. Experten fordern ohnehin, stärker in die Impfstoffentwicklung zu investieren.
Diskussionen gibt es auch darüber, welche Personengruppen zuerst geschützt werden sollen. Nach neueren Modellrechnungen, die auf den Pandemien von 1957 und 68 beruhen, sollten bei einem begrenzten Impfstoffangebot zunächst die Vorschul- und Schulkinder sowie die arbeitende Bevölkerung geimpft werden. Dadurch könnte die Ausbreitung der Seuche am wirksamsten verlangsamt werden.
Ohnehin ist die Verunsicherung bei den Patienten - jetzt, mitten in der Grippe-Saison - groß. Denn die Beschwerden bei herkömmlicher Influenza und Vogelgrippe- hohes Fieber, Atemnot, Husten und eine extreme Abgeschlagenheit - unterscheiden sich kaum von einander: Mit so genannten Grippe-Schnelltests können schon innerhalb einer Stunde Influenza-Viren diagnostiziert werden. Zur genaueren Bestimmung, ob eine Infektion mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 oder herkömmlichen Grippe-Erregern vorliegt, werden die Proben in Labore des Robert-Koch-Instituts geschickt. Der Virologe Heinz Zeichhardt:
"Das Allerwichtigste ist natürlich die Anamnese, das heißt, dass der Arzt den Patienten befragt, wo hat er Kontakt gehabt. Wie hat er die ersten Krankenzeichen bemerkt? Und da spielt eine große Rolle: Hatte er zum Beispiel eine Reise in Länder unternommen, in denen die Geflügel-Influenza herrscht? Und das wesentliche war, ob er direkten Kontakt mit Geflügel hatte? "
Der Virologe plädiert dafür, sich gegen die normale Grippe impfen zu lassen. Für den hypothetischen Ernstfall einer Pandemie sieht Prof. Zeichhardt die Berliner Charité, Europas größtes Universitätsklinikum, gut gerüstet:
"Die Charité ist in dem Sinne vorbereitet, dass sie auch auf die menschliche Influenza vorbereitet ist. Es handelt sich ja um eine schwere Allgemeinerkrankung, und dazu müsste man auch Isolierungsmaßnahmen durchführen, alleine schon, wenn jemand die normale menschliche Influenza hat."
Sollte die Vogelgrippe tatsächlich nach Deutschland überspringen, sind in dem rund 100 Seiten langen Pandemieplan des Robert-Koch-Instituts die entsprechenden Vorsorgemaßnahmen aufgelistet. Massenveranstaltung würden verboten, Schulen und Kindergärten geschlossen werden. Und jeder Mensch-zu-Mensch-Kontakt, wie es der Direktor des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Kurth, ausdrückt, müsste reduziert werden:
"Das fängt an mit so trivialen Dingen, dass das Händeschütteln nicht mehr gefragt ist. Dann wird man sicherlich Mundschutz erlauben. Obwohl wir leider wissen, aus anderen Epidemien, dass Mundschutz nicht so viel hilft, wie die Leute sich einbilden. Und dann wird man natürlich die Medikamentenvorräte aktivieren und die Medikamente dort einsetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, nämlich bei den ersten Patienten sowie bei dem medizinischen Personal, das diese Patienten zu versorgen hat sowie in der Umgebung dieser Menschen."
Auch die Länderregierungen sehen sich darauf eingestellt, schnell reagieren zu können. Brandenburgs Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler:
"Das geht dann in den Landkreisen sehr, sehr schnell. Wir haben es ja bei der Oder-, Elbeflut schon erlebt. Dann wird ganz konkret gesagt, welche Einrichtungen, die Schulen werden geschlossen, die Kitas. Veranstaltungen finden nicht mehr statt, das wird dann sehr konkret herunter gebrochen, auf die einzelne Stadt, auf die einzelne Gemeinde, so dass jeder Bürger und jede Bürgerin sicher sein kann, dass sie ganz genau weiß, was sie tun soll."
Notfallpläne gibt es mittlerweile auch bei vielen deutschen Unternehmen. Denn mit dem Näherrücken der Vogelgrippe und ihrer Gefahren wächst auch die Furcht vor möglichen wirtschaftlichen Folgen.
"Klar festgestellt werden kann, dass viele Unternehmen sich derzeit mit der Thematik befassen und bestehende Krisenpläne auf ihre Aktualisierung hin überprüfen."
So Berthold Stoppelkamp, Geschäftsführer von der Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft.
Experten gehen jedoch davon aus, dass die Möglichkeiten von Unternehmen im Ernstfall nur begrenzt sind. Ganze Wirtschaftsprozesse könnten zum Erliegen kommen. Etwa, wenn die Beschäftigten aus Angst vor Ansteckung oder durch Erkrankung nicht mehr zur Arbeit gehen. Nach Schätzungen der Weltbank könnten sich die rein wirtschaftlichen Folgekosten für eine ein Jahr dauernde Pandemie weltweit auf bis zu 800 Milliarden Dollar belaufen.
Dies betrifft jedoch den schlimmsten der Fälle: Bislang handelt es sich bei der Vogelgrippe lediglich um ein Tiervirus. Deshalb gehe es darum, eine Ausbreitung eben dieser Tierseuche zu verhindern, betont der Veterinärmediziner Lothar Wieler von der Freien Universität Berlin. Er verweist auf ein Beispiel in den Niederlanden. 2003 gab es dort einen großen Ausbruch von Geflügelpest, durch ein ebenfalls hoch ansteckendes Virus – H7N7. Mehrere Arbeiter in der Geflügelindustrie erkrankten am Virus, ein Tierarzt starb. Radikal wurde das Geflügel auf den betroffenen Höfen und in ihrer Umgebung gekeult:
"Damals sind in den Niederlanden mehr als drei Millionen Tiere getötet worden, hatten wir einen Ausbruch in Deutschland und zwar unmittelbar an der niederländischen Grenze. Der Ausbruch wurde getilgt. Das ganze epidemische Geschehen wurde getilgt. Das heißt, wir haben eine realistische Chance, und ich bin auch optimistisch, dass wir es schaffen können, dieses Virus aus Deutschland herauszuhalten."
Darauf setzt die Bundesregierung und hat deshalb alle Behörden und Bürger zu "höchster Anstrengung und Wachsamkeit" aufgerufen. Im Frühjahr werden die ersten Zugvögel aus Afrika zurückkehren. Wichtige Vogelzugrouten führen über das östliche Mittelmeer und die Türkei.
Horst Seehofer, Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, hat bereits erneut eine Stallpflicht in Aussicht gestellt:
"Hier wird uns von unseren Experten im Friedrich-Löffler-Institut bis Ende Januar eine verlässliche und wissenschaftlich begründete Bewertung vorgelegt. Und auf deren Grundlage werden wir dann kurzfristig über Umfang, Zeit und Dauer der Aufstallungspflicht der Geflügelzüchter in Deutschland während des Frühjahrvogelzugs entscheiden."
Die weitaus größere Gefahr jedoch, dass das Vogelgrippe-Virus nach Deutschland gelangen könnte, besteht nach Ansicht des Verbraucherschutzministeriums durch den Reiseverkehr. Das soll durch stärkere Kontrollen etwa an Flughäfen, auf Busbahnhöfen und auf Straßen verhindert werden. Staatssekretär Müller:
"Wir haben den illegalen Import von Geflügel, Geflügelfleisch und –Produkten aus diesen Gebieten an den Außengrenzen jetzt mit massiven Kontrollen, stichprobenartig, die Kontrollen verschärft und stellen fest, dass an den Außengrenzen erhebliche Mängel festzustellen sind. Allein in Frankfurt, innerhalb von vier Wochen, am Flughafen allein 600 Aufgriffe des Zolls die Geflügel, Geflügelware in Koffern gefunden haben. "
Man sollte sich allerdings keiner Illusion hingeben: Die Stichproben beispielsweise auf der Straße liegen im Promillebereich. Die verstärkten Zollkontrollen bieten keinen Schutz gegen ein Einschleppen des Virus, heißt es etwa bei der Gewerkschaft der Polizei.
Auch Axel Werner, Sprecher für den Zoll in Berlin und Brandenburg, ist sich dessen bewusst. Das Beispiel einer der wichtigsten Transitstrecken von Osteuropa in den Westen, der Autobahn A12 Frankfurt Oder - Richtung Berlin:
"In dem Bereich sind wir zwar aus zollrechtlicher Sicht sowieso immer auf der Suche nach russischen, weißrussischen, ukrainischen, rumänischen Lkw, die wir auch sicherlich häufig kontrollieren. Aber natürlich nur stichprobenweise."
Ohnehin gilt: Nationale Maßnahmen sind wichtig. Entscheidend ist aber ein international abgestimmtes Vorgehen. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer hat bereits entsprechende Gespräche mit seinen europäischen Kollegen angekündigt. Er will EU-einheitliche Grenzkontrollen und eine Deklarationspflicht für Reisende durchsetzen:
"So sehr wir uns bewusst sind, uns national anstrengen, durch die Behörden, die Institute und hoffentlich auch mit umfassender Unterstützung der Geflügelhalter und der Bevölkerung – so sehr müssen wir uns im klaren darüber sein, dass kein Staat dieser Erde diese schlimme Tierseuche am Ende alleine bekämpfen und lösen kann. Das geht nur im internationalen Kontext. Und da sind wir massiv dabei."
Wie ernst die Staatengemeinschaft die Notwendigkeit sieht, sich gegen die globale Bedrohung zu wappnen, zeigte sich vergangene Woche bei einer so genannten Geberkonferenz zur weltweiten Bekämpfung der Vogelgrippe in Peking. An dem Treffen beteiligten sich Vertreter aus 100 Staaten und von 25 internationalen Organisationen. Am Ende sagte die internationale Gemeinschaft, darunter auch Deutschland, rund 1,9 Milliarden Dollar zur Bekämpfung des Virus zu. Mehr als die Vereinten Nationen zuvor angestrebt hatten.
Mit dem Geld sollen vor allem Gesundheits- und Überwachungssysteme in den Entwicklungsländern aufgebaut werden. Allen Beteiligten ist klar: Die bereitgestellte Summe wäre nur ein Bruchteil im Vergleich zu den Kosten, die auf die Länder zukämen, sollte tatsächlich eine Epidemie ausbrechen.
"Wenn wir die Vogelgrippe in der Breite in den betroffenen Ländern nicht in den Griff bekommen, wird die Wahrscheinlichkeit zunehmen, dass sich das Virus weiterentwickelt. Und in der Tat könnte es zu einer Katastrophe kommen, wenn dieser nächste Sprung käme."
Doch wie kann etwa in armen und rückständigen Gegenden wie Ostanatolien verhindert werden, dass sich das Virus weiter ausbreitet? Seit Jahrhunderten leben hier Mensch und Tier auf engstem Raum - wie im tiefsten Mittelalter. Die Familien ernähren sich von ihrem Geflügel und verkaufen das, was übrig bleibt, schildert Lothar Wieler, Professor für Veterinärmedizin an der Freien Universität Berlin:
"Klar ist, dass sich die Menschen, nach dem derzeitigen Kenntnisstand und so wie das Virus aufgebaut ist, genetisch nur dann anstecken können, wenn sie ganz intensiv und eng mit diesen Vögeln in Kontakt kommen. Und das kann eben nur geschehen, wenn die Vögel und die Menschen unter einem Dach wohnen. Insbesondere im Winter, wenn es sehr kalt ist - und es ist Ende Dezember sehr kalt geworden in der Türkei - ist es klar, dass die Menschen, die keine Ställe haben, die Vögel in ihre Häuser mit hinein nehmen, weil die Vögel ihre Lebensgrundlage sind."
Oft haben die Behörden in den von der Seuche heimgesuchten Regionen nicht einmal eine Vorstellung davon, wie viel Geflügel es überhaupt gibt. Geschweige denn, wie viele Tiere erkrankt sind. Zu lange hat die türkische Regierung beschwichtigt, nur ungenügend ihre Bürger aufgeklärt:
"Die Koordination der türkischen Behörden und die Maßnahmen, die ergriffen werden, sind nicht ausreichend, um in der Türkei der weiteren Ausbreitung Herr zu werden. Und hier sind wir besorgt."
Betont Staatssekretär Gerd Müller. Denn die Tiere sind zu einer biologischen Zeitbombe für die ganze Welt geworden. Das Vogelgrippe-Virus H5N1 ist hoch ansteckend und überträgt sich über Körperflüssigkeiten und Kot. Die erkrankten Vögel sind apathisch, leiden unter Fieber, Atembeschwerden und Durchfall. Oft sterben die Tiere, bevor sie überhaupt Symptome entwickeln. H5N1 ist der Begriff für eine der zahlreichen natürlichen Spielarten von Influenzaviren der Gruppe A. H steht dabei für Hämagglutinin, N für Neuraminidase - zwei Proteine, die sich schnell verändern können.
Im Verlauf einer Epidemie können neue Varianten entstehen, die gefährlicher sind als der ursprüngliche Erreger. Bislang gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich alle an der Vogelgrippe gestorbenen Menschen an Tieren infiziert haben. Nach bisherigen Erkenntnissen wird die Vogelgrippe also nicht von Mensch zu Mensch übertragen, betont Heinz Zeichhardt, Professor für Virologie am Campus Benjamin Franklin der Berliner Charité:
"Wir wissen nicht, wann das Virus und ob das Virus es überhaupt schaffen wird, sich an den Menschen anzupassen. Es ist eine Erkrankung des Geflügels. Und damit ist auch das Erkennen zwischen dem Virus und der Wirtszelle des Geflügels determiniert, bestimmt. Das heißt, es muss nach dem Schlüsselschloss-Prinzip der Schlüssel seine passende Zelle finden, um damit in die Zelle zu gelangen, damit anschließend sich das Virus dann vermehren kann. Das passiert leicht im Geflügel. Das passiert, Gott sei Dank, sehr schlecht beim Menschen."
Doch das ist die große Sorge der Wissenschaftler: Dass sich das Virus an menschliche Körperzellen anpassen könnte - durch schrittweise Mutation oder durch die Vermischung des Erbmaterials von Vogel- und Menschengrippeviren. Wenn also gleichzeitig eine normale Grippewelle über das Land hereinbricht und ein Mensch sich doppelt infiziert. Die Folge wäre ein Supervirus, das tödlich wie ein Vogelgrippe-Virus ist und so leicht wie eine normale Wintergrippe übertragen werden kann.
Sollte H5N1 tatsächlich einmal massenhaft auf den Menschen überspringen, könnte dies zu einer globalen tödlichen Seuche führen. Einer so genannten Pandemie, wie sie 1918 als "Spanische Grippe" wütete. Damals starben mehr als 20 Millionen Menschen.
Ähnlich katastrophale Folgen hatten auch 1957 die "Asiatische Grippe" mit einer Million Toten und 1968 die "Hongkong-Grippe" mit 700.0000 Toten. Angesichts der wachsenden Erdbevölkerung und der zunehmenden Globalisierung könnte sich eine Infektionskrankheit wie die Vogelgrippe heute schnell ausbreiten. Auch Deutschland muss sich vorbereiten im Kampf gegen die unsichtbare Bedrohung. Reinhard Kurth, Direktor vom Robert-Koch-Institut in Berlin, der obersten Gesundheitsbehörde des Landes:
"Hier muss man die Gratwanderung so vollbringen, dass man zum einen nicht wie Kassandra durchs Land läuft. Wenn man das tut, und die große Seuche kommt nicht schnell genug, dann hört keiner mehr zu, wie es bei Kassandra der Fall war. Dann kam sie eben doch. Auf der anderen Seite haben wir auch eine Antennenfunktion, nicht nur für die Politikberatung, sondern auch für unsere Bevölkerung und müssen Gefahrenanalysen sehr frühzeitig anstellen und müssen dann auch warnen."
Würde es zu einer Pandemie kommen, würde sich schnell zeigen, wie gut Deutschland für diesen schlimmsten Fall der Fälle gerüstet wäre. Können Bund und Länder die öffentliche Ordnung aufrechterhalten? Sind genügend virenhemmende Notfallmedikamente vorrätig? Wie schnell kann ein maßgeschneiderter Impfstoff gegen das Virus entwickelt werden? All das sind Fragen, mit denen sich das Robert-Koch-Institut seit Jahren beschäftigt.
Entsprechend hat es in Abstimmung mit dem Bund und den Ländern einen Pandemie-Notplan entwickelt. Im Sommer letzten Jahres wurde er aktualisiert. Lange Zeit lief die Umsetzung eher schleppend, kritisiert Reinhard Kurth. Nun sehe die Situation allerdings anders aus:
"Die Medienaufmerksamkeit, die diese Vogelkrankheit jetzt erhalten hat, hat sicherlich dazu geführt, dass die Umsetzungsmaßnahmen beschleunigt wurden. Das empfinden wir so. Natürlich kommt dann immer die Frage: Und wie sieht es in Zukunft aus? Wenn wir noch mehr Zeit gewinnen? Dass wir noch mehr Zeit erhalten von diesem Virus? Dann werden wir in einem halben Jahr noch besser aufgesellt sein. Aber wir sind heute halbwegs gut gerüstet. Wir wollen sehr gut gerüstet sein."
Dringend hatte die oberste Gesundheitsbehörde beispielsweise gefordert, für zwanzig Prozent der Bevölkerung einen staatlichen Vorrat virenhemmender Medikamente anzulegen – etwa das Grippemittel Tamiflu - wie es auch die Weltgesundheitsbehörde empfiehlt. Auf diese Weise könnte die Zeit überbrückt werden, bis ein wirksamer Impfstoff gegen das Virus gefunden würde. Das Robert-Koch-Institut rechnet mit mindestens drei Monaten Entwicklungszeit für einen solchen Prototyp.
Doch je nach Bundesland könnten nach heutigem Stand nur zwischen fünf und 15 Prozent der Bevölkerung aus staatlichen Vorräten versorgt werden. Mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage hatte sich manches Bundesland nur mit wenigen Medikamenten eingedeckt. In Brandenburg etwa sind es sieben Prozent der Bürger, für die solche Medikamente zur Verfügung stehen. Die brandenburgische Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler verteidigt das Vorgehen ihrer Landesregierung:
"Es kommt ja außer dem, was das Land selber als Vorsorge getroffen hat, das noch hinzu, was ohnehin als normale Verteilmenge in den Apotheken vorhanden ist. Und es kommt noch hinzu die Menge, die für die Sicherheitskräfte, das medizinische Personal, also die, die an erster Front also stehen würden, hinzu. So dass wir glauben, dass es ausreichend ist. Man muss ja bedenken, dass so eine Influenza nicht zeitgleich überall in gleichem Maße vorhanden ist. Sondern, dass sie wellenartig über das Land geht. Und durch dieses Pool ist ja auch gewährleistet, dass man sich gegenseitig aus den Ländern dann hilft."
Ob bei einem möglichen Engpass die Bundesländer aber tatsächlich ihren eigenen Vorrat weiterreichen würden, bleibt fraglich. Zumal es keine Alternative gibt: Tamiflu gilt als derzeit einziges Mittel, das schnell und unkompliziert eingesetzt werden kann. In den meisten westlichen Industriestaaten gab es bereits einen Ansturm auf das empfohlene virenhemmende Antigrippemittel Tamiflu des Schweizer Pharmariesen Roche. Wochenlang war das Medikament in Apotheken ausverkauft.
Allerdings wirkt es nur, wenn es innerhalb der ersten 48 Stunden nach der Erkrankung eingenommen wird. Nach dieser Zeit haben sich die Viren so stark ausgebreitet, dass das Medikament nichts mehr ausrichten könnte. Denn das Virus hat eine heimtückische Eigenschaft: Es verändert sich ständig. Auch Tamiflu könnte seine Wirkung verlieren, sobald das Influenza-Virus Resistenzen gegen das Medikament entwickelt. Experten fordern ohnehin, stärker in die Impfstoffentwicklung zu investieren.
Diskussionen gibt es auch darüber, welche Personengruppen zuerst geschützt werden sollen. Nach neueren Modellrechnungen, die auf den Pandemien von 1957 und 68 beruhen, sollten bei einem begrenzten Impfstoffangebot zunächst die Vorschul- und Schulkinder sowie die arbeitende Bevölkerung geimpft werden. Dadurch könnte die Ausbreitung der Seuche am wirksamsten verlangsamt werden.
Ohnehin ist die Verunsicherung bei den Patienten - jetzt, mitten in der Grippe-Saison - groß. Denn die Beschwerden bei herkömmlicher Influenza und Vogelgrippe- hohes Fieber, Atemnot, Husten und eine extreme Abgeschlagenheit - unterscheiden sich kaum von einander: Mit so genannten Grippe-Schnelltests können schon innerhalb einer Stunde Influenza-Viren diagnostiziert werden. Zur genaueren Bestimmung, ob eine Infektion mit dem Vogelgrippe-Erreger H5N1 oder herkömmlichen Grippe-Erregern vorliegt, werden die Proben in Labore des Robert-Koch-Instituts geschickt. Der Virologe Heinz Zeichhardt:
"Das Allerwichtigste ist natürlich die Anamnese, das heißt, dass der Arzt den Patienten befragt, wo hat er Kontakt gehabt. Wie hat er die ersten Krankenzeichen bemerkt? Und da spielt eine große Rolle: Hatte er zum Beispiel eine Reise in Länder unternommen, in denen die Geflügel-Influenza herrscht? Und das wesentliche war, ob er direkten Kontakt mit Geflügel hatte? "
Der Virologe plädiert dafür, sich gegen die normale Grippe impfen zu lassen. Für den hypothetischen Ernstfall einer Pandemie sieht Prof. Zeichhardt die Berliner Charité, Europas größtes Universitätsklinikum, gut gerüstet:
"Die Charité ist in dem Sinne vorbereitet, dass sie auch auf die menschliche Influenza vorbereitet ist. Es handelt sich ja um eine schwere Allgemeinerkrankung, und dazu müsste man auch Isolierungsmaßnahmen durchführen, alleine schon, wenn jemand die normale menschliche Influenza hat."
Sollte die Vogelgrippe tatsächlich nach Deutschland überspringen, sind in dem rund 100 Seiten langen Pandemieplan des Robert-Koch-Instituts die entsprechenden Vorsorgemaßnahmen aufgelistet. Massenveranstaltung würden verboten, Schulen und Kindergärten geschlossen werden. Und jeder Mensch-zu-Mensch-Kontakt, wie es der Direktor des Robert-Koch-Instituts, Reinhard Kurth, ausdrückt, müsste reduziert werden:
"Das fängt an mit so trivialen Dingen, dass das Händeschütteln nicht mehr gefragt ist. Dann wird man sicherlich Mundschutz erlauben. Obwohl wir leider wissen, aus anderen Epidemien, dass Mundschutz nicht so viel hilft, wie die Leute sich einbilden. Und dann wird man natürlich die Medikamentenvorräte aktivieren und die Medikamente dort einsetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden, nämlich bei den ersten Patienten sowie bei dem medizinischen Personal, das diese Patienten zu versorgen hat sowie in der Umgebung dieser Menschen."
Auch die Länderregierungen sehen sich darauf eingestellt, schnell reagieren zu können. Brandenburgs Gesundheitsministerin Dagmar Ziegler:
"Das geht dann in den Landkreisen sehr, sehr schnell. Wir haben es ja bei der Oder-, Elbeflut schon erlebt. Dann wird ganz konkret gesagt, welche Einrichtungen, die Schulen werden geschlossen, die Kitas. Veranstaltungen finden nicht mehr statt, das wird dann sehr konkret herunter gebrochen, auf die einzelne Stadt, auf die einzelne Gemeinde, so dass jeder Bürger und jede Bürgerin sicher sein kann, dass sie ganz genau weiß, was sie tun soll."
Notfallpläne gibt es mittlerweile auch bei vielen deutschen Unternehmen. Denn mit dem Näherrücken der Vogelgrippe und ihrer Gefahren wächst auch die Furcht vor möglichen wirtschaftlichen Folgen.
"Klar festgestellt werden kann, dass viele Unternehmen sich derzeit mit der Thematik befassen und bestehende Krisenpläne auf ihre Aktualisierung hin überprüfen."
So Berthold Stoppelkamp, Geschäftsführer von der Arbeitsgemeinschaft für Sicherheit in der Wirtschaft.
Experten gehen jedoch davon aus, dass die Möglichkeiten von Unternehmen im Ernstfall nur begrenzt sind. Ganze Wirtschaftsprozesse könnten zum Erliegen kommen. Etwa, wenn die Beschäftigten aus Angst vor Ansteckung oder durch Erkrankung nicht mehr zur Arbeit gehen. Nach Schätzungen der Weltbank könnten sich die rein wirtschaftlichen Folgekosten für eine ein Jahr dauernde Pandemie weltweit auf bis zu 800 Milliarden Dollar belaufen.
Dies betrifft jedoch den schlimmsten der Fälle: Bislang handelt es sich bei der Vogelgrippe lediglich um ein Tiervirus. Deshalb gehe es darum, eine Ausbreitung eben dieser Tierseuche zu verhindern, betont der Veterinärmediziner Lothar Wieler von der Freien Universität Berlin. Er verweist auf ein Beispiel in den Niederlanden. 2003 gab es dort einen großen Ausbruch von Geflügelpest, durch ein ebenfalls hoch ansteckendes Virus – H7N7. Mehrere Arbeiter in der Geflügelindustrie erkrankten am Virus, ein Tierarzt starb. Radikal wurde das Geflügel auf den betroffenen Höfen und in ihrer Umgebung gekeult:
"Damals sind in den Niederlanden mehr als drei Millionen Tiere getötet worden, hatten wir einen Ausbruch in Deutschland und zwar unmittelbar an der niederländischen Grenze. Der Ausbruch wurde getilgt. Das ganze epidemische Geschehen wurde getilgt. Das heißt, wir haben eine realistische Chance, und ich bin auch optimistisch, dass wir es schaffen können, dieses Virus aus Deutschland herauszuhalten."
Darauf setzt die Bundesregierung und hat deshalb alle Behörden und Bürger zu "höchster Anstrengung und Wachsamkeit" aufgerufen. Im Frühjahr werden die ersten Zugvögel aus Afrika zurückkehren. Wichtige Vogelzugrouten führen über das östliche Mittelmeer und die Türkei.
Horst Seehofer, Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, hat bereits erneut eine Stallpflicht in Aussicht gestellt:
"Hier wird uns von unseren Experten im Friedrich-Löffler-Institut bis Ende Januar eine verlässliche und wissenschaftlich begründete Bewertung vorgelegt. Und auf deren Grundlage werden wir dann kurzfristig über Umfang, Zeit und Dauer der Aufstallungspflicht der Geflügelzüchter in Deutschland während des Frühjahrvogelzugs entscheiden."
Die weitaus größere Gefahr jedoch, dass das Vogelgrippe-Virus nach Deutschland gelangen könnte, besteht nach Ansicht des Verbraucherschutzministeriums durch den Reiseverkehr. Das soll durch stärkere Kontrollen etwa an Flughäfen, auf Busbahnhöfen und auf Straßen verhindert werden. Staatssekretär Müller:
"Wir haben den illegalen Import von Geflügel, Geflügelfleisch und –Produkten aus diesen Gebieten an den Außengrenzen jetzt mit massiven Kontrollen, stichprobenartig, die Kontrollen verschärft und stellen fest, dass an den Außengrenzen erhebliche Mängel festzustellen sind. Allein in Frankfurt, innerhalb von vier Wochen, am Flughafen allein 600 Aufgriffe des Zolls die Geflügel, Geflügelware in Koffern gefunden haben. "
Man sollte sich allerdings keiner Illusion hingeben: Die Stichproben beispielsweise auf der Straße liegen im Promillebereich. Die verstärkten Zollkontrollen bieten keinen Schutz gegen ein Einschleppen des Virus, heißt es etwa bei der Gewerkschaft der Polizei.
Auch Axel Werner, Sprecher für den Zoll in Berlin und Brandenburg, ist sich dessen bewusst. Das Beispiel einer der wichtigsten Transitstrecken von Osteuropa in den Westen, der Autobahn A12 Frankfurt Oder - Richtung Berlin:
"In dem Bereich sind wir zwar aus zollrechtlicher Sicht sowieso immer auf der Suche nach russischen, weißrussischen, ukrainischen, rumänischen Lkw, die wir auch sicherlich häufig kontrollieren. Aber natürlich nur stichprobenweise."
Ohnehin gilt: Nationale Maßnahmen sind wichtig. Entscheidend ist aber ein international abgestimmtes Vorgehen. Verbraucherschutzminister Horst Seehofer hat bereits entsprechende Gespräche mit seinen europäischen Kollegen angekündigt. Er will EU-einheitliche Grenzkontrollen und eine Deklarationspflicht für Reisende durchsetzen:
"So sehr wir uns bewusst sind, uns national anstrengen, durch die Behörden, die Institute und hoffentlich auch mit umfassender Unterstützung der Geflügelhalter und der Bevölkerung – so sehr müssen wir uns im klaren darüber sein, dass kein Staat dieser Erde diese schlimme Tierseuche am Ende alleine bekämpfen und lösen kann. Das geht nur im internationalen Kontext. Und da sind wir massiv dabei."
Wie ernst die Staatengemeinschaft die Notwendigkeit sieht, sich gegen die globale Bedrohung zu wappnen, zeigte sich vergangene Woche bei einer so genannten Geberkonferenz zur weltweiten Bekämpfung der Vogelgrippe in Peking. An dem Treffen beteiligten sich Vertreter aus 100 Staaten und von 25 internationalen Organisationen. Am Ende sagte die internationale Gemeinschaft, darunter auch Deutschland, rund 1,9 Milliarden Dollar zur Bekämpfung des Virus zu. Mehr als die Vereinten Nationen zuvor angestrebt hatten.
Mit dem Geld sollen vor allem Gesundheits- und Überwachungssysteme in den Entwicklungsländern aufgebaut werden. Allen Beteiligten ist klar: Die bereitgestellte Summe wäre nur ein Bruchteil im Vergleich zu den Kosten, die auf die Länder zukämen, sollte tatsächlich eine Epidemie ausbrechen.