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Wenn Einzeller für den Menschen schuften

Biologie.- Wissenschaftler der Universität von Berkeley haben Cyanobakterien dazu gebracht, Isopren zu produzieren, ein brennbares Gas. Und zwar in solchen Mengen, dass dessen Ernte fast schon lohnend ist. Bis zur Marktreife sei es nur noch ein kleiner Schritt, sagen die Forscher.

Von Katrin Zöfel |
    "I am Tasios Melis. I am a professor at the University of California in Berkeley."

    Tasios Melis ist Professor für Biologie an der Universität von Kalifornien in Berkeley. Sein Studienobjekt ist die Fotosynthese und zwar in sehr kleinen Organismen: Einzelligen Grünalgen und Cyanobakterien. Dabei will er die Vorgänge nicht nur verstehen, er will sie manipulieren:

    "Wir wollten verstehen, an welchem Punkt sich entscheidet, wohin die Reise geht. Also zum Beispiel, ob ein Kohlenstoffdioxid-Molekül, das die Pflanze aufnimmt, in Zucker, Stärke oder Zellulose eingebaut wird, oder ob es in den Terpenoid-Syntheseweg geschickt wird. Isopren nämlich, der Stoff, für den wir uns interessieren, gehört zu diesen Terpenoiden."

    Isopren ist ein brennbares Gas, es besteht aus fünf Kohlenstoff- und acht Wasserstoffatomen. Es ist Rohstoff für viele industrielle Produkte, künstlichen Kautschuk etwa oder Klebstoffe. Bisher wird es aus fossilem Erdöl gewonnen. Tasios Melis:

    "Wenn wir Isopren in Zellen produzieren, dann entweicht es als Gas ganz einfach nach außen, denn es löst sich nicht in Wasser. Deshalb ist es ziemlich einfach, das Isopren zu isolieren und aufzufangen."

    Was so einfach klingt, ist das Ergebnis von sehr viel Arbeit. Denn weder Cyanobakterien noch Grünalgen produzieren von sich aus Isopren. Die Grundlage dafür aber bringen sie mit.

    "Jeder lebende Organismus trägt den Terpenoid-Synthese-Weg in seinen Zellen. Wir haben ihn, Pflanzen haben ihn, Algen und Cyanobakterien genauso. Viele lebenswichtige Moleküle werden auf diesem Weg hergestellt. Karotinoide oder Chlorophyll bei Pflanzen, Cholesterin beim Menschen. Aber die wenigsten Lebewesen zweigen daraus tatsächlich Isopren ab."

    Einige Landpflanzen wie zum Beispiel Pappeln oder Eichen produzieren Isopren, vermutlich als Schutz gegen Hitzeschäden. Das Enzym, das Pappeln dafür haben, schleuste Melis in Cyanobakterien ein. Dieser erste Versuch aber scheiterte kläglich, die Bakterien konnten das Gen nicht lesen. Melis und seine Mitarbeiter übersetzten deshalb das Pflanzengen in eine für Bakterien entschlüsselbare Form und setzten es künstlich zusammen. Das war langwierig, aber am Ende klappte es.

    "Dann haben wir nachgemessen, wie viel von dem Kohlendioxid, das die Zellen aufnehmen, in die Isopren-Produktion geht. Das Ergebnis: 0,1 Prozent. Von 1000 Kohlenstoff-Atomen wurde nur eins in Isopren eingebaut. Die restlichen 999 wurden zu Biomasse."

    Das Prinzip funktionierte, aber viel zu schwach. Seitdem sind drei Jahre vergangen, die Forscher erhöhten die Aktivität des eingebauten Enzyms und dazu von fünf weiteren Enzymen. Mit Erfolg:

    "Jetzt liegen wir bei 15 bis 18 Prozent Isopren-Ausbeute. Und wir haben mit Ingenieuren gesprochen, sie sagen uns, dass das ganze ab 20 Prozent rentabel wäre. Wir sind also nahe dran."

    Auch sein Kollege Stephen Mayfield, Direktor am San Diego Center for Algae Biotechnology, stellt sich diese Fragen.

    "Diese Studie zeigt, wie viel Potenzial darin steckt, wenn wir photosynthetische Organismen nutzen, um Produkte herzustellen, die wir brauchen. Es gibt noch Hunderte von ähnlichen Möglichkeiten. Melis‘ Arbeit ist ein besonders elegantes Beispiel. Er stellt 100 Prozent reines Isopren her. Ich wäre dafür, dass wir so wertvolle Rohstoffe nicht einfach verbrennen, auch wenn das natürlich möglich ist. Zum Verbrennen sollten wir simplere Stoffe nutzen, Lipide oder was auch immer, die wir auch mit Algen oder Cyanobakterien produzieren können."