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Wenn Eisbrocken vom Himmel fallen

In den vergangenen Tagen fielen bei Unwettern bisweilen golfballgroße Hagelkörner vom Himmel. Besonders betroffen sind Landwirte, vor allem Obst- und Gemüsebauern. Ein Hagelschlag kann innerhalb von fünf Minuten die ganze Ernte zerstören.

Von Ina Rottscheidt |
    Missmutig rupft Bauer Josef Klein einen unreifen Apfel aus einem Baum seiner Plantage. Die Frucht ist gerade mal so groß wie ein Tischtennisball, hart und grün, doch schon jetzt hat ihr der Hagel zugesetzt: ein paar dunkle Punkte, mit dem Auge kaum erkennbar.

    "Zuerst waren die Schäden kaum erkennbar, aber wenn die Frucht erst einmal eine Größe von 70 bis 80 Zentimetern erreicht, dann wachsen die Schäden mit und können bis zu einem Zentimeter groß werden. So etwas will der Verbraucher nicht."

    Denn die Käufer wollen lieber die rotbackigen, makellosen Äpfel. Doch immer häufiger machen Hagelschäden den Bauern wie Josef Klein einen Strich durch Ernte und Rechnung. Er beobachtet seit 20 Jahren eine Zunahme dieses extremen Wetters, das bundesweit Schäden in Milliardenhöhe anrichtet.

    "Nach Aufzeichnungen durch die Hagelversicherung haben wir festgestellt, dass wir seit 1990 jedes zweite Jahr Hagel hatten, der Schaden ist dabei viel zu groß."

    Und darum gibt es die Möglichkeit einer Hagelversicherung. Für Obst- und Gemüsebauern bietet die aber nur ein einziges Unternehmen in Deutschland an. Und die Prämien liegen bei zehn Prozent der Versicherungssumme und mehr, weil Obst und Gemüse so anfällig sind. Für Bauer Klein ist das zu teuer.

    "Ich müsste 1600 Euro pro Hektar zahlen, das würde bedeuten, dass ich insgesamt 32.000 Euro für meine 20 Hektar zahlen müsste. Das trägt sich einfach nicht."

    Erst recht, wenn sich die Prämie im Schadensfall um 20 Prozent erhöht. Nur ein Drittel des Obstanbaus in Deutschland ist deshalb versichert. Schuld sind aber für Bauer Klein nicht die Versicherungen, angesichts der zunehmenden Hagelschäden seien hohe Prämien gerechtfertigt, sagt er. Als Präsident des Verbandes rheinischer Obst- und Gemüseerzeuger fordert er jedoch eine Unterstützung. Klimawandel sei ein gesellschaftliches Problem, also müsse auch die Allgemeinheit helfen, sagt er. Alexander Schink vom Umweltministerium Nordrhein-Westfalen lehnt das jedoch ab:

    "Eine Versicherung kann Schäden abdecken, und wenn sich jemand versichert, dann wird er das normalerweise aus eigenem Antrieb machen. Wenn wir das jetzt bezuschussen würden, hätten unsere Landwirte und Obstwirte einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen. Das ist EU-rechtlich außerordentlich problematisch."

    Bei den Bauern in Österreich oder Spanien ist es offenbar nicht problematisch, denn dort werden sie vom Bund unterstützt. Dennoch verweist Schink auf die Rechtslage:

    "Wir müssen unsere Förderrichtlinien für die Landwirtschaft bei der EU-Kommission notifieren. Deshalb haben wir uns dazu entschieden, nicht diese Versicherung, sondern vorbeugende Maßnahmen wie Hagelnetze zu bezuschussen."

    Und darum stehen solche Netze jetzt auf den Plantagen von Bauer Josef Klein. Feinmaschige Nylonbahnen spannen sich über seine Apfelbäume, durch Holzkonstruktionen haben sie die Form eines Daches, damit der Hagel an den Seiten herunterrollen kann. Aber optimal ist diese Lösung auch nicht:

    "Der Nachteil ist der Kostenfaktor, allein bei der Erstellung. Wir kalkulieren rund 12.000 Euro pro Hektar zuzüglich der Arbeitskosten. Außerdem schlucken die Netze einen Teil des Lichtes."
    Und darum hat Bauer Kein auch nur rund ein Drittel seiner Bäume mit Netzen überspannt und hofft auf besseres Wetter. Damit ihm ein Totalschaden nie wieder passiert. Schon einmal hat ihm der Hagel die komplette Ernte zerstört, die Gewächshäuser eingeschlagen und sein Auto verbeult:

    "Im August sind Hagelstücke heruntergekommen, die waren so groß wie Pflaumen. Wir haben nachts noch gehofft, dass es gut geht, aber als ich am nächsten Tag rausgegangen bin, war ich schockiert. Ich habe mich gefragt, ob das überhaupt noch sinnvoll ist, weiter zu machen."