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"Wenn ich emotional werde, dann inspiriert mich das"

Die Fernsehbilder aus Ägypten, nachdem der Präsident zurückgetreten war, habe Amy MacDonald sehr bewegt. Aus solch emotionalen Momenten erhält die Schottin Inspiration für ihre Lieder. "Life in a beautiful Light" ist ihr aktuelles Album.

Amy MacDonald im Gespräch mit Christiane Rebmann |
    Christiane Rebmann: Ms. McDonald, das Letzte, was wir von Ihnen gehört haben, war Ihr Album "A Curious Thing - Special Orchestral Edition”. Dafür hatten Sie vor zwei Jahren einige Ihrer bekanntesten Songs mit Begleitung der Deutschen Radio Philharmonie Saarbrücken Kaiserslautern aufgenommen. Popsongs im Klassikgewand zu verpacken, das gehört seit ein paar Jahren bei der Plattenindustrie zu den beliebten Manövern, um noch ein bisschen mehr Geld aus der Musik ihrer Künstler rauszupressen.

    Ihr Album bekam nicht sehr gute Kritiken. Und als ich damals während der Aufnahmephase mit Ihnen sprach, wirkten Sie sehr unsicher und unzufrieden.

    Amy MacDonald: Ja, das stimmt. Ich hätte das anders gemacht. Das Ganze fand ja statt, als ich sehr beschäftigt war mit meiner Tournee. Und deshalb war ich in keine der Entscheidungen involviert. Ich hatte keinerlei Input. Und ich muss auch sagen, dass dieser Stil nicht wirklich zu meinen Songs passt. Manche Passagen sind zu abgehoben für meine Musik. Ich würde so ein Projekt gern später noch mal angehen, aber dann möchte ich auf jeden Fall auch mitbestimmen, wie die Arrangements klingen sollen, wer mitmacht und auf welche Art.

    Eigentlich hat es mir sehr gefallen, mit einem Orchester zu spielen. Zumal die Musiker sehr gut waren. Aber manche Passagen klangen völlig überfrachtet. Da passierte einfach zu viel auf einmal. Die Songs hätten dramatischer geklungen, wenn man nicht immerzu jedes einzelne Instrument des Orchesters eingesetzt hätte. Manchmal ist weniger mehr. Es passt nicht, wenn man ein komplettes Orchester eine ganze Band begleiten lässt. Ich wünschte, wir hätten uns mehr Zeit für den Sound nehmen können.


    Rebmann: Man hat auch an Ihrem Gesang gehört, dass Sie sich damit nicht wohl fühlten. Bei Ihrem neuen Album "Life in a beautiful Light” ist das anders. Sie haben wieder in bewährter Weise Folk-Pop mit Ihrer Band eingespielt. Der Titel "Life in a beautiful Light” klingt, als wollten Sie gegen alles Negative ansingen. Wie kamen Sie darauf?


    MacDonald: Ich joggte gerade, um meinen Kopf freizubekommen. Ich hab nämlich vor Kurzem entdeckt, dass das funktioniert. Ich hatte meinen iPod auf Shuffle gestellt. Und da lief Frank Sinatra mit seinem Song "My way". Und ich fühlte mich plötzlich ganz klar und glücklich. Es war ein sonniger Tag, und alles fühlte sich so gut an. Ich ging nach Hause und schrieb diesen Song "Life in a beautiful light." Und ich dachte, das passt auch als Titel gut.

    Rebmann: Dabei singen Sie in einigen der neuen Songs durchaus auch über die dunkleren Seiten des Lebens. Im Stück "Left that Body" nehmen Sie Abschied von jemandem, der Ihnen sehr nahe steht.


    MacDonald: Das ist ein trauriger Song. Als ich klein war, bekam meine Großmutter Alzheimer. Ich hatte eine sehr enge Beziehung zu ihr gehabt. Und plötzlich wusste sie nicht mehr, wer ich war, wenn ich sie besuchte. Es war schrecklich.

    Ich habe in der letzten Zeit mit einigen Freunden gesprochen, die mit demselben Problem konfrontiert sind, weil ihre Verwandten Alzheimer haben. Quasi als Trost wollte ich einen Song schreiben, der es ihnen leichter macht, mit dieser Situation klarzukommen. Meine Mutter hatte damals immer zu mir gesagt: "Nimm’s nicht so schwer. Diese Frau, die du da siehst, das ist gar nicht mehr deine Oma. Die ist längst weg. Ihr Geist hat uns längst verlassen. Da ist jetzt jemand anders in ihrer Hülle." Das brachte mich auf die Idee, den Song "Left That Body" zu schreiben. Zu sagen: "Dieser Mensch hat seinen Körper längst verlassen, du siehst nur die Hülle."

    Rebmann: Das Stück "Across the Nile” beschäftigt sich offensichtlich mit Ihrer ganz persönlichen Reaktion auf den Arabischen Frühling.

    MacDonald: Ich sah die Fernsehbilder von den Feiern in Ägypten, nachdem der Präsident zurückgetreten war. Ich werde nun mal sehr leicht emotional. Und ich heulte mir die Augen aus dem Kopf, als ich diese Bilder aus Ägypten sah. So sehr freute ich mich für diese Menschen. Und wenn ich emotional werde, dann inspiriert mich das, einen Song zu schreiben. Meine Mutter tickt ähnlich wie ich. Sie hatte die Nachrichten auch gesehen. Ich schrieb schnell eine Strophe und einen Refrain und mailte ihr beides. Und sie smste mir direkt zurück: "Das hat mich zum Weinen gebracht."

    Rebmann: Rechtzeitig zur Fußballeuropameisterschaft haben Sie mit "The Green and the Blue" auch einen Song eingespielt, der sich dagegen wehrt, dass Hooligans die Stimmung bei den Spielen zerstören. Sie beziehen sich dabei auf die Teams Ihrer Heimatstadt.

    MacDonald: Ja, da geht es um Glasgow. In Glasgow sind alle fußballverrückt. Wir haben diese harte, manchmal brutale Rivalität zwischen den Fußballklubs Glasgow Rangers und Celtic Glasgow. Wegen der Schlägereien zwischen den Fangruppen war unsere Stadt in der letzten Zeit oft in den Schlagzeilen. Ich wollte darauf hinweisen, dass man eine Rivalität auch anders ausfechten kann. Ich habe viele Freunde, die andere Teams unterstützen als ich. Wir sind Rivalen. Aber wir nehmen das nicht so ernst. Wir singen unsere Siegesgesänge, wenn unser Team das andere schlägt. Aber das war’s dann auch. Wir bleiben trotzdem Freunde.

    Rebmann: Sie kennen sich ein wenig in der Welt des Fußballs aus. Ihr Lebenspartner Steve Lovell hat früher für den Erstligisten Partick Thistle gekickt, dann für AFC Bournemouth.

    MacDonald: Er spielt nicht mehr Fußball. Er hat sich zurückgezogen. Er macht jetzt andere Dinge, die mit Fußball zu tun haben.

    Rebmann: Wie kommen Sie damit zurecht, dass er jetzt eher in den Hintergrund getreten ist, während Sie weiter das Leben einer Prominenten führen?

    MacDonald: Dass ich so bekannt bin, beeinträchtigt mein Leben nicht sehr. Ich kann ausgehen und ein ganz normales Leben führen. Ich bin immer komisch berührt, wenn jemand zum Ausdruck bringt, dass er mich bewundert. Ich habe dann immer das Gefühl, dass ich das nicht wert bin. Für mich hat sich nicht viel verändert, außer dass die Leute mich jetzt nicht mehr Fußballbraut nennen können oder mich als Wag beschimpfen.

    Rebmann: Wags, das steht für "football, wives and girls". Eine ziemlich böse, sexistische Bezeichnung.