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Wenn in Frankreich Sommerpause ist

Wir alle genießen es: Wenn bei uns Winter ist, dann ist auf der anderen Seite der Erdhalbkugel Sommer und wir können von dort frisches Obst und Gemüse beziehen. Diesen Gedanken hatte auch ein Australier im Kopf bei der Suche nach einer Marktnische. Und er hat sie gefunden. Im tiefen Südwesten des Landes züchtet Nick Malajcuk den schwarzen Trüffel und dringt damit in eine bisher von den Franzosen im Perigord bestens gehütete Bastion ein - mit ersten Erfolgen.

Von Barbara Wiegand |
    Inmitten der sanften grünen Hügel des australischen Südwestens, umgeben von Weinbergen und Apfelplantagen läuft Nick Malajcuk auf schmalen Pfaden über sein Land. Die Cocker-Spaniel Hündin Stella an seiner Seite hält plötzlich inne, bellt aufgeregt. Da vorne unter einem Haselnussbäumchen, hat sie einen Trüffel entdeckt. Mit Müh und Not hält Nick Malajcuk den Hund davon ab, den Pilz viel zu früh aus der Erde zu buddeln und robbt dann selbst vorsichtig an die vermutete Fundstelle heran...

    ...Ja der riecht schon richtig gut...bestätigt er den Spürsinn der Spanieldame, die wie die Hunde und Schweine in Europa bei der Trüffelernte hilft. Sie ist einer von vier ehemaligen Zollhunden, die, mit Trüffelessenz trainiert, heute nach schwarzen Edelpilzen statt nach Drogen fahnden. Unter Haselnussbäumen und Eichen. Diese Bäume stehen nicht wie im südfranzösischen Perigord irgendwo in einem Wald, in dem die Trüffelfundstellen wie ein Staatsgeheimnis gehütet werden, sondern in Reih und Glied: 13000 Bäume auf 20 Hektar pflanzte Malajcuk mit finanzieller Hilfe eines Investors in der Nähe des Ortes Manjimup nahe Perth, um an die Wurzeln Trüffelsporen zu setzen und die teuren Knollen zu züchten. Auch außerhalb der Erntezeit heißt es da, regelmäßig über die 40 Kilometer langen Plantagenwege zu wandern, um künftige Fundstellen für Pilze auszukundschaften. Und darauf zu achten, dass besonders große Exemplare nicht den Kopf aus der Erde stecken, bevor sie ihr von Gourmets hochgeschätztes Aroma voll entwickelt haben und geerntet werden können

    " Wenn ich den Kopf rausgucken sehe, dann bedecke ich ihn mit Erde. Und hoffe, dass er nicht vor der Ernte verrottet. "

    Rund 50 Kilogramm Trüffel holten Nick und seine Mitarbeiter in der vergangenen Saison aus der Erde - ein Kilo davon brachte allein eine schwarze Riesenknolle auf die Waage. Ein außergewöhnlicher Fund, bei einem Kilopreis von 1500 bis zu 1800 Euro. "Nur" 169 Gramm wog dagegen der erste Trüffel, den der 1947 in Deutschland als Sohn russischer Emigranten geborene Malajcuk 2003 zu Tage förderte. Da wurde er noch als Exot belächelt. Aber mit seinem in Frankreich erworbenen Trüffel-Wissen war sich der studierte Forstwirt schon damals sicher:

    " Anfangs haben wir geglaubt, wir müssten ähnliche Bedingungen wie in Frankreich schaffen. Für das Klima und das Wetter trifft das auch zu. Aber der Boden wird immer unterschiedlich sein. Doch die Trüffel wachsen hier in Australien, trotz dieser unterschiedlichen Bedingungen. Man sollte dabei nicht vergessen, dass von 35 Trüffelsorten in Frankreich nur drei gut sind. Der Rest ist Mist. Weil der Trüffel, der gegessen wird, so in Australien nicht vorkommt, haben wir Monokulturen hier angelegt. Dafür haben wir Trüffelsporen der besten Pilze aus Frankreich importiert und deren DNA untersucht um sicher zu gehen, die besten Trüffel zu züchten. "

    Ein Qualitätsanspruch, den Sterneköche hierzulande allerdings noch mit Skepsis betrachten. Matthias Buchholz vom Restaurant First Floor im Berliner Hotel Palace

    " Es gibt einmal das Perigord und es gibt andere Gebiete. Aber das, was jetzt aus Australien kommen sollte, durch die Bodenverhältnisse und das andere Klima kann ich mir nicht vorstellen, dass es ungefähr so wird. Er wird anders sein. Was nicht unbedingt schlechter sein muss, aber es ist ein anderes, eigenes Produkt. "

    Ausprobieren will er den Australischen Trüffel aber in jedem Fall. Zumal die Saison in Down Under genauso wie die Jahreszeiten antizyklisch verläuft - im südfranzösischen Perigord wird von Mitte November bis Ende März geerntet, im australischen Manjimup von Juni bis Oktober. Mit dem bisherigen Ertrag versucht Nick Malajcuk allerdings erst mal den Bedarf der australischen Edel-Gastronomie am schwarzen Trüffel zu decken - und den des australischen Normalbürgers zu wecken

    " Die Chefs aus den Spitzenrestaurants, die haben internationale Erfahrung und können etwas mit den Trüffeln anfangen. Aber viele andere Australier kommen auch zu uns und fragen nach Schoko-Trüffeln. "