"Wir waren mit der Erwartung herangegangen - wir haben insgesamt von 3900 Arbeitnehmern aus 500 Arbeitsgruppen inzwischen Daten gesammelt, hauptsächlich in der Finanzverwaltung in NRW -, dass 'Alt und Jung in einem Team' manche Vorteile mit sich bringen kann, und es gibt in der Arbeits- und Organisationspsychologie manche Theorien, die das vorhersagen würden. Man geht davon aus, dass Alte und Junge unterschiedliche Perspektiven haben, auch für die Lösung von Problemen unterschiedliche Herangehensweisen, und dass diese unterschiedlichen Herangehensweisen, das unterschiedliche Wissen und Erfahrungswissen, dazu führen, dass man Probleme innovativer und auch besser lösen kann: Wenn man sich darüber streitet, wie es am besten geht, dann sollte das bei vielen Problemen positive Effekte haben."
Jürgen Wegge, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Technischen Universität Dresden, untersucht mit seinem Team altersgemischte Gruppen in der Arbeitswelt. Als er vor drei Jahren mit der empirischen Forschung begann, gab es von theoretischer Warte durchaus Zweifel und nicht nur optimistische Prognosen für das Projekt "Alt und Jung in einem Team".
"Es gibt auch andere Theorien, und die sind am besten zusammenzufassen mit dem schönen Spruch: Gleich und gleich gesellt sich gern. Wir wissen aus vielen, auch sozialpsychologischen Experimenten: Menschen, die sich ähnlich sind, die mögen sich mehr. Und dadurch kann man auch vorhersagen, dass durchaus positive Effekte in homogenen Teams entstehen, wenn Junge unter sich sind, oder Ältere unter sich sind. Dafür gibt es viele Belege, so dass wir eigentlich offen waren und dachten, na ja, vielleicht sind die positiven Effekte unterschiedliches Wissen, unterschiedliche Erfahrung, die man in seinem Leben gesammelt hat, doch größer als die Effekte, dass man sich mag, weil man sich ähnlicher ist."
Die einander widersprechenden Theorien gehen allerdings mit ganz unterschiedlichen Perspektiven an das Thema heran.
Theoretiker der altershomogenen Arbeitsgruppen schauen vor allem auf die Gruppendynamik. Sie argumentieren, dass Sympathie und gegenseitiges Verständnis größer seien, wenn man derselben Generation angehört. Das führe zu einem stärkeren Zusammenhalt in der Gruppe, verringere Konflikte und fördere die Leistung.
Dagegen schauen Befürworter der altersgemischten Teams vor allem auf den Umgang mit Ressourcen. In altersgemischten Gruppen sei der Input an Information, Wissen und Erfahrung größer. Und dieser Reichtum mache die gemischten Teams überlegen, gerade im Hinblick auf Weiterentwicklung und neue Problemlösungen sei hier die Zusammenarbeit produktiver, als in den altershomogenen Gruppen.
Zu welchem Zwischenergebnis nun gelangt Jürgen Wegges empirische Feldstudie?
"Unsere Studien zeigen, dass zum Beispiel in der Finanzverwaltung NRWs, in den großen Stichproben, dass diese positiven Effekte nur dann zu finden sind, wenn die Aufgaben in der Sachbearbeitung komplex sind. Wenn genug Zeit zur Verfügung steht, um die Älteren auch mal um Rat zu fragen, dann kann sich das auszahlen. Umgekehrt - und die Effekte sind genauso stark negativ ausgeprägt: Wenn Sie Routineaufgaben in der Sachbearbeitung haben, dann kann sich dieser Erfahrungsschatz der Älteren nicht auszahlen, das führt sogar dazu, dass dort, wo alt und jung zusammenarbeiten, dass die Gesundheit dort schwächer ist als dort, wo homogene Junge oder homogene Alte zusammenarbeiten. Also, es kommt wirklich drauf an, bei komplexeren Arbeitsaufgaben gibt es positive Effekte, bei Routineaufgaben - das waren bei den Finanzverwaltungen, die wir untersucht haben, so klassische Standardaufgaben wie Steuererklärungen, wo es keine besonderen Einkünfte gab, wo man ganz schnell auch zu dem Urteil kommen kann - da war es so, dass es starke negative Effekte gab."
Vermutlich können bei Routineaufgaben die Älteren ihren Erfahrungsvorsprung nicht vorteilhaft einbringen und geraten umgekehrt in punkto Tempo bei der Informationsverarbeitung ins Hintertreffen. Das kann zu Spannungen im Team führen.
Deshalb müsste man, so Jürgen Wegge, differenzieren und darauf schauen, in welchem Bereich und mit welchen Aufgaben ein altersgemischtes Team befasst ist. Wegge hat bislang im Verwaltungsbereich Teams auf der Topmanagement-Ebene, wo die Altermischung positiv ausschlägt, ebenso untersucht wie Arbeitsgruppen, die mit einfacher Tätigkeit befasst sind. Wie aber schaut es in einem Produktionsbetrieb aus?
"Leider gibt es im Produktionsbereich, zum Beispiel der Fließfertigung von Automobilen, bisher keine aussagekräftigen Studien. Wir haben gerade mit einem großen deutschen Automobilhersteller ein solches Projekt angefangen, und wir werden im Laufe dieses Jahres, sofern uns Wirtschaftskrise und Kurzarbeit nicht zu sehr hemmen, über ein ganzes Jahr lang Daten sammeln. Und unsere Erwartung ist hier, dass in der Automobilproduktion - da gibt es nicht viele Spielräume, die Taktzeiten sind bei 60, 90 Sekunden -, dass hier die altersgemischten Teams eher nachteilig sein werden. Was wieder dagegen sprechen würde, ein einfaches Lob der altersgemischten Teamarbeit angesichts des demografischen Wandels auszusprechen."
Aus der Praxis kommen jedoch positive Signale. Audi lässt in Neckarsulm den Sportwagen R 8 in Teams montieren, wo gezielt Jung und Alt zusammenarbeiten: Ergraute Schläfen bei der Montage eines silberfarbenen Automobils, das deshalb Silverline im doppelten Sinne heißt. Aufgrund der Sonderfertigung bei diesem Sportwagen gelten allerdings etwas längere Taktzeiten.
Und BMW hat beim Aufbau des Werkes in Leipzig ganz bewusst ältere Arbeitnehmer reaktiviert. Der Personalleiter in Leipzig äußerte sich bereits sehr zufrieden mit den altergemischten Teams - und das bei einer Serienmontage, also einer Routinetätigkeit, wo die Wissenschaftler doch eher negative Effekte erwarten.
Vielleicht löst sich dieser Widerspruch auf, wenn man, so Jürgen Wegge, andere Faktoren bedenkt, wenn nämlich bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind.
"Neben den komplexen Aufgaben, die ich schon als Beispiel genannt habe, haben wir festgestellt, dass auch die Wertschätzung der Altersdiversität in Teams - also wie weit glauben die Teammitglieder, dass es Sinn macht und dass es gut ist, wenn jung und alt zusammenarbeiten -, dass das eine solche Rahmenbedingung ist: Wenn die Teammitglieder glauben, ja wir profitieren davon, 'Jung und Alt in einem Team', dann findet man eher positive Effekte."
Altersgemischte Teams, so lautet die wissenschaftliche Zwischenbilanz, sind keineswegs ein Selbstläufer. Das Projekt unterliegt vielmehr bestimmten Bedingungen. Günstig ist eine komplexe Tätigkeit, bei der auch Erfahrung gefragt ist. Wichtig ist auch ein positives Selbstbild des gemischten Teams - es muss vom Wert der Zusammenarbeit zwischen Jung und Alt überzeugt sein, und dabei kommt den Führungskräften eine Schlüsselrolle zu.
"Die Führungskräfte nehmen Einfluss auf das Selbstbild der Älteren: Sie können einem älteren Mitarbeiter als Führungskraft vermitteln: 'Ja, du wirst noch gebraucht, deine Kenntnisse sind wichtig.' Sie können aber auch das Gegenteil erreichen, indem Sie sagen: 'Na ja zur Weiterbildung schicke ich dich nicht mehr, du bist ja schon 55, du bist nicht mehr lange bei uns, die Investition wollen wir nicht.' Sie müssen mit den einzelnen Personen im Sinne altersdifferenzierter Führung aushandeln: Was kann ich noch? Wo fühle ich mich wohl? Wo kann ich vielleicht auch etwas kompensieren? Und das ist unser Ansatzpunkt, den wir in unserem Projekt verfolgen, den wir aber auch aufgrund der Erkenntnisse, die insgesamt vorliegen, empfehlen können."
Die Führungskräfte haben eine Schlüsselrolle und können darauf Einfluss nehmen, ob die Alten sich wertgeschätzt und gebraucht fühlen und ob sie auch weiterhin richtig eingesetzt und gefordert werden: Lernen können auch ältere Arbeitnehmer sehr gut, leider nur etwas langsamer als jüngere Arbeitnehmer.
Jürgen Wegge, Professor für Arbeits- und Organisationspsychologie an der Technischen Universität Dresden, untersucht mit seinem Team altersgemischte Gruppen in der Arbeitswelt. Als er vor drei Jahren mit der empirischen Forschung begann, gab es von theoretischer Warte durchaus Zweifel und nicht nur optimistische Prognosen für das Projekt "Alt und Jung in einem Team".
"Es gibt auch andere Theorien, und die sind am besten zusammenzufassen mit dem schönen Spruch: Gleich und gleich gesellt sich gern. Wir wissen aus vielen, auch sozialpsychologischen Experimenten: Menschen, die sich ähnlich sind, die mögen sich mehr. Und dadurch kann man auch vorhersagen, dass durchaus positive Effekte in homogenen Teams entstehen, wenn Junge unter sich sind, oder Ältere unter sich sind. Dafür gibt es viele Belege, so dass wir eigentlich offen waren und dachten, na ja, vielleicht sind die positiven Effekte unterschiedliches Wissen, unterschiedliche Erfahrung, die man in seinem Leben gesammelt hat, doch größer als die Effekte, dass man sich mag, weil man sich ähnlicher ist."
Die einander widersprechenden Theorien gehen allerdings mit ganz unterschiedlichen Perspektiven an das Thema heran.
Theoretiker der altershomogenen Arbeitsgruppen schauen vor allem auf die Gruppendynamik. Sie argumentieren, dass Sympathie und gegenseitiges Verständnis größer seien, wenn man derselben Generation angehört. Das führe zu einem stärkeren Zusammenhalt in der Gruppe, verringere Konflikte und fördere die Leistung.
Dagegen schauen Befürworter der altersgemischten Teams vor allem auf den Umgang mit Ressourcen. In altersgemischten Gruppen sei der Input an Information, Wissen und Erfahrung größer. Und dieser Reichtum mache die gemischten Teams überlegen, gerade im Hinblick auf Weiterentwicklung und neue Problemlösungen sei hier die Zusammenarbeit produktiver, als in den altershomogenen Gruppen.
Zu welchem Zwischenergebnis nun gelangt Jürgen Wegges empirische Feldstudie?
"Unsere Studien zeigen, dass zum Beispiel in der Finanzverwaltung NRWs, in den großen Stichproben, dass diese positiven Effekte nur dann zu finden sind, wenn die Aufgaben in der Sachbearbeitung komplex sind. Wenn genug Zeit zur Verfügung steht, um die Älteren auch mal um Rat zu fragen, dann kann sich das auszahlen. Umgekehrt - und die Effekte sind genauso stark negativ ausgeprägt: Wenn Sie Routineaufgaben in der Sachbearbeitung haben, dann kann sich dieser Erfahrungsschatz der Älteren nicht auszahlen, das führt sogar dazu, dass dort, wo alt und jung zusammenarbeiten, dass die Gesundheit dort schwächer ist als dort, wo homogene Junge oder homogene Alte zusammenarbeiten. Also, es kommt wirklich drauf an, bei komplexeren Arbeitsaufgaben gibt es positive Effekte, bei Routineaufgaben - das waren bei den Finanzverwaltungen, die wir untersucht haben, so klassische Standardaufgaben wie Steuererklärungen, wo es keine besonderen Einkünfte gab, wo man ganz schnell auch zu dem Urteil kommen kann - da war es so, dass es starke negative Effekte gab."
Vermutlich können bei Routineaufgaben die Älteren ihren Erfahrungsvorsprung nicht vorteilhaft einbringen und geraten umgekehrt in punkto Tempo bei der Informationsverarbeitung ins Hintertreffen. Das kann zu Spannungen im Team führen.
Deshalb müsste man, so Jürgen Wegge, differenzieren und darauf schauen, in welchem Bereich und mit welchen Aufgaben ein altersgemischtes Team befasst ist. Wegge hat bislang im Verwaltungsbereich Teams auf der Topmanagement-Ebene, wo die Altermischung positiv ausschlägt, ebenso untersucht wie Arbeitsgruppen, die mit einfacher Tätigkeit befasst sind. Wie aber schaut es in einem Produktionsbetrieb aus?
"Leider gibt es im Produktionsbereich, zum Beispiel der Fließfertigung von Automobilen, bisher keine aussagekräftigen Studien. Wir haben gerade mit einem großen deutschen Automobilhersteller ein solches Projekt angefangen, und wir werden im Laufe dieses Jahres, sofern uns Wirtschaftskrise und Kurzarbeit nicht zu sehr hemmen, über ein ganzes Jahr lang Daten sammeln. Und unsere Erwartung ist hier, dass in der Automobilproduktion - da gibt es nicht viele Spielräume, die Taktzeiten sind bei 60, 90 Sekunden -, dass hier die altersgemischten Teams eher nachteilig sein werden. Was wieder dagegen sprechen würde, ein einfaches Lob der altersgemischten Teamarbeit angesichts des demografischen Wandels auszusprechen."
Aus der Praxis kommen jedoch positive Signale. Audi lässt in Neckarsulm den Sportwagen R 8 in Teams montieren, wo gezielt Jung und Alt zusammenarbeiten: Ergraute Schläfen bei der Montage eines silberfarbenen Automobils, das deshalb Silverline im doppelten Sinne heißt. Aufgrund der Sonderfertigung bei diesem Sportwagen gelten allerdings etwas längere Taktzeiten.
Und BMW hat beim Aufbau des Werkes in Leipzig ganz bewusst ältere Arbeitnehmer reaktiviert. Der Personalleiter in Leipzig äußerte sich bereits sehr zufrieden mit den altergemischten Teams - und das bei einer Serienmontage, also einer Routinetätigkeit, wo die Wissenschaftler doch eher negative Effekte erwarten.
Vielleicht löst sich dieser Widerspruch auf, wenn man, so Jürgen Wegge, andere Faktoren bedenkt, wenn nämlich bestimmte Rahmenbedingungen erfüllt sind.
"Neben den komplexen Aufgaben, die ich schon als Beispiel genannt habe, haben wir festgestellt, dass auch die Wertschätzung der Altersdiversität in Teams - also wie weit glauben die Teammitglieder, dass es Sinn macht und dass es gut ist, wenn jung und alt zusammenarbeiten -, dass das eine solche Rahmenbedingung ist: Wenn die Teammitglieder glauben, ja wir profitieren davon, 'Jung und Alt in einem Team', dann findet man eher positive Effekte."
Altersgemischte Teams, so lautet die wissenschaftliche Zwischenbilanz, sind keineswegs ein Selbstläufer. Das Projekt unterliegt vielmehr bestimmten Bedingungen. Günstig ist eine komplexe Tätigkeit, bei der auch Erfahrung gefragt ist. Wichtig ist auch ein positives Selbstbild des gemischten Teams - es muss vom Wert der Zusammenarbeit zwischen Jung und Alt überzeugt sein, und dabei kommt den Führungskräften eine Schlüsselrolle zu.
"Die Führungskräfte nehmen Einfluss auf das Selbstbild der Älteren: Sie können einem älteren Mitarbeiter als Führungskraft vermitteln: 'Ja, du wirst noch gebraucht, deine Kenntnisse sind wichtig.' Sie können aber auch das Gegenteil erreichen, indem Sie sagen: 'Na ja zur Weiterbildung schicke ich dich nicht mehr, du bist ja schon 55, du bist nicht mehr lange bei uns, die Investition wollen wir nicht.' Sie müssen mit den einzelnen Personen im Sinne altersdifferenzierter Führung aushandeln: Was kann ich noch? Wo fühle ich mich wohl? Wo kann ich vielleicht auch etwas kompensieren? Und das ist unser Ansatzpunkt, den wir in unserem Projekt verfolgen, den wir aber auch aufgrund der Erkenntnisse, die insgesamt vorliegen, empfehlen können."
Die Führungskräfte haben eine Schlüsselrolle und können darauf Einfluss nehmen, ob die Alten sich wertgeschätzt und gebraucht fühlen und ob sie auch weiterhin richtig eingesetzt und gefordert werden: Lernen können auch ältere Arbeitnehmer sehr gut, leider nur etwas langsamer als jüngere Arbeitnehmer.