"Also ich hab jetzt gut 1700 Aktien, brauche lediglich noch neun Milliarden, um den Konzern zur Hälfte zu schlucken – sehr unverdauliches Zeug, muss ich dazu sagen - werde es aber in 248 Jahren geschafft haben"",
den Erdöl-Konzern BP zu schlucken. Schon seit zehn Jahren ist Ruppe Koselleck aus Münster auf dieser Mission. In der Dortmunder Schau "Hinterhalt" bietet er Erdöl-Kunstwerke an: ein Aquarium mit Brackwasser nach einer Bohrinsel-Havarie, eine ölverschmierte Leinwand, die von Bakterien zerfressen wird, wie sie heute auch bei Ölteppichen im Meer zum Einsatz kommen. Und den Erlös aus dem Verkauf der Werke investiert Koselleck dann in neue Aktien. Deren Wert ist nach der "Deepwater Horizon"-Katastrophe im letzten Jahr um die Hälfte gefallen. Koselleck macht die Besucher hinterhältig auf eines aufmerksam: Erdöl hat ein schlechtes Image, ist aber überall drin.
Mal didaktisch, mal sinnlich versammelt "Hinterhalt" gut ein Dutzend europäische Positionen, die einen zwiespältig stimmen: Da will man sich auf flauschige und gemütlich aussehende Haufen weiße Kabelbinder oder Holzwolle lümmeln und dann tönen daraus: Geiger-Zähler oder Mäuse und man wähnt sich in Fukushima oder in einem Unterwanderungsfilm: "Die Körperfresser kommen!"" Zukunftsvisionen oder Verschwörungstheorien, die sind ja wahnsinnig gut recherchiert oft, also ziemlich nah an der Wissenschaft, an dem, was man weiß, obwohl man es nur so emotional aufnimmt. - Ist es nicht interessant, die Frage: Was ist jetzt echt und was nicht?"",
fragt sich nicht nur Fake-Mäuse-Züchterin Isabel Haase aus München. "Hinterhalt" ist eine Zeitgeist-Kunst-Show. Großes Augenmerk auf kollektive Bildwelten und Widersprüche, die durch Medien in die Welt gesetzt werden.
"Das konspirative Element - Leute, bevor sie in den offiziellen Rahmen gehen und Sachen verkünden –, hier ein Blick hinter die Kulissen, so scheint's mir jetzt: Es wird privat verhandelt über scheinbar wichtige Dinge, die nachher für andere Leute Konsequenzen haben."
Kokurator Dirk Pleyer kommentiert ein Politfoto von Michael Schäfer aus Berlin. Das könnte ein Schnappschuss auf einer EU-Ratssitzung sein, weil man die älteren Männer darauf zwar als Politiker identifiziert, aber nicht kennt. Doch Schäfer hat sie retuschiert, Schauspieler und Privatleute ins Bild gesetzt, als wolle er sagen: Politiker, dankt ab, wir können es besser!
Noch hinterhältiger: Der Lette Ivars Gravlejs hatte sich 2009 bei der tschechischen Tageszeitung "Denik" als Bildjournalist eingeschmuggelt und munter Fotos manipuliert. Ein paar Autos mehr in einer Aufnahme von einem Stau – eher harmlos! –, dann aber: den Palmenstrand auf einem T-Shirt eines jungen Mannes ersetzt durch "S.M.R.T" – das serbische Wort für Tod – in einem Artikel über illegale Einwanderung nach Tschechien. Eine subjektive Meinungsäußerung, eine Berufsverfehlung des Künstler-Journalisten, der längst nicht mehr für die tschechische Zeitung arbeitet, einem aber vor Augen führt, wie leicht man Wahrheits-Mechanismen aushebeln kann.
HINTERHALT.
Manipulation und Subversion in der Kunst.
Künstlerhaus Dortmund
23. September bis 23. Oktober 2011
den Erdöl-Konzern BP zu schlucken. Schon seit zehn Jahren ist Ruppe Koselleck aus Münster auf dieser Mission. In der Dortmunder Schau "Hinterhalt" bietet er Erdöl-Kunstwerke an: ein Aquarium mit Brackwasser nach einer Bohrinsel-Havarie, eine ölverschmierte Leinwand, die von Bakterien zerfressen wird, wie sie heute auch bei Ölteppichen im Meer zum Einsatz kommen. Und den Erlös aus dem Verkauf der Werke investiert Koselleck dann in neue Aktien. Deren Wert ist nach der "Deepwater Horizon"-Katastrophe im letzten Jahr um die Hälfte gefallen. Koselleck macht die Besucher hinterhältig auf eines aufmerksam: Erdöl hat ein schlechtes Image, ist aber überall drin.
Mal didaktisch, mal sinnlich versammelt "Hinterhalt" gut ein Dutzend europäische Positionen, die einen zwiespältig stimmen: Da will man sich auf flauschige und gemütlich aussehende Haufen weiße Kabelbinder oder Holzwolle lümmeln und dann tönen daraus: Geiger-Zähler oder Mäuse und man wähnt sich in Fukushima oder in einem Unterwanderungsfilm: "Die Körperfresser kommen!"" Zukunftsvisionen oder Verschwörungstheorien, die sind ja wahnsinnig gut recherchiert oft, also ziemlich nah an der Wissenschaft, an dem, was man weiß, obwohl man es nur so emotional aufnimmt. - Ist es nicht interessant, die Frage: Was ist jetzt echt und was nicht?"",
fragt sich nicht nur Fake-Mäuse-Züchterin Isabel Haase aus München. "Hinterhalt" ist eine Zeitgeist-Kunst-Show. Großes Augenmerk auf kollektive Bildwelten und Widersprüche, die durch Medien in die Welt gesetzt werden.
"Das konspirative Element - Leute, bevor sie in den offiziellen Rahmen gehen und Sachen verkünden –, hier ein Blick hinter die Kulissen, so scheint's mir jetzt: Es wird privat verhandelt über scheinbar wichtige Dinge, die nachher für andere Leute Konsequenzen haben."
Kokurator Dirk Pleyer kommentiert ein Politfoto von Michael Schäfer aus Berlin. Das könnte ein Schnappschuss auf einer EU-Ratssitzung sein, weil man die älteren Männer darauf zwar als Politiker identifiziert, aber nicht kennt. Doch Schäfer hat sie retuschiert, Schauspieler und Privatleute ins Bild gesetzt, als wolle er sagen: Politiker, dankt ab, wir können es besser!
Noch hinterhältiger: Der Lette Ivars Gravlejs hatte sich 2009 bei der tschechischen Tageszeitung "Denik" als Bildjournalist eingeschmuggelt und munter Fotos manipuliert. Ein paar Autos mehr in einer Aufnahme von einem Stau – eher harmlos! –, dann aber: den Palmenstrand auf einem T-Shirt eines jungen Mannes ersetzt durch "S.M.R.T" – das serbische Wort für Tod – in einem Artikel über illegale Einwanderung nach Tschechien. Eine subjektive Meinungsäußerung, eine Berufsverfehlung des Künstler-Journalisten, der längst nicht mehr für die tschechische Zeitung arbeitet, einem aber vor Augen führt, wie leicht man Wahrheits-Mechanismen aushebeln kann.
HINTERHALT.
Manipulation und Subversion in der Kunst.
Künstlerhaus Dortmund
23. September bis 23. Oktober 2011