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Wenn sich Wissenschaftler selbst auf die Schippe nehmen

Mit dem Ig-Nobelpreis werden Wissenschaftler geehrt, die etwas erforscht und herausgefunden haben, dass die Menschen erst zum Lachen und dann zum Nachdenken anregt. 2012 drehte es sich unter anderem um Affenhintern, Darmexplosionen und Kräften von Pferdeschwänzen.

Von Volker Mrasek | 21.09.2012
    Nicht an Nasenringen wurden sie in die Manege geführt, aber an einer dünnen weißen Leine - die diesjährigen Gewinner des Ig-Nobelpreises. Fast so, als hätten sie sich sonst nicht auf die Bühne getraut. Was kein Wunder gewesen wäre. Denn wer lässt sich schon gerne für Studien bejubeln, bei denen jeder sofort denkt: Darüber wird alles Ernstes geforscht?

    "Jeder Gewinner hat etwas gemacht, was die Leute erst zum Lachen und dann zum Nachdenken bringt."

    Das mit den Lachern fing diesmal schon bei der Musik zur Einstimmung auf die Zeremonie an – einer Art Froschkonzert, aufgeführt natürlich von – Wissenschaftlern.

    "The Psychology Prize!"

    Den Anfang machte in dieser Nacht der Ig-Nobelpreis für Psychologie. Er ging an Forscher aus Peru und den Niederlanden, die es aber vorzogen, Paris zu studieren. Dort stellten sie fest: Der Eiffelturm erscheint kleiner, wenn man sich nach links beugt. Der schräge Befund schaffte es tatsächlich in ein Fachjournal.

    Häufig nehmen sich die Geehrten selbst kräftig auf die Schippe:

    "Wir glauben, dass wir eines der Geheimnisse des Universums entdeckt haben"," so Patrick Warren in der vergangenen Nacht.

    Seine bahnbrechende Errungenschaft: Zusammen mit drei anderen Forschern hat der britische Physiker herausbekommen, welche Kräfte die wilde Bewegung von Pferdeschwänzen steuern. Dafür gab’s den Ig-Nobelpreis für … nein, nicht für Kosmetik, sondern für Physik.

    ""We have a demonstration!"

    Zum Ig-Nobelpreis für Medizin sollte es eigentlich eine anschauliche Vorführung auf der Bühne geben. Aber dazu kam es dann doch nicht. Vermutlich aus Pietätsgründen. Schade, denn die Demonstration wäre ein echter Knaller gewesen! Mit dem Preis für Medizin honoriert wurde nämlich eine Studie über das Risiko von Gasexplosionen im Darm von Patienten, die bei endoskopischen Untersuchungen dort unten auftreten können – beziehungsweise auftreten konnten.

    "Wir haben die Lösung des Problems gefunden"," so der französische Mediziner Michel Antonietti, ""und auf der ganzen Welt gibt es heute keine Darmexplosion mehr."

    Echte Nobelpreisträger waren auch da. Der US-Chemiker Dudley Herschbach, 1986 geehrt, sollte Shakespeare rezitieren und sich dabei eigentlich verhaspeln. Denn zwei japanische Forscher richteten komische schwarze Handgeräte auf ihn. Angeblich waren das Sprech-Störgeräte, die Herschbachs Rezitate quasi zeitversetzt wieder auf ihn zurückschossen. Doch der betagte Wissenschaftler ließ sich von den Wortkanonen keine Sekunde lang irritieren

    Vielleicht funktionierten sie nicht richtig. Vielleicht hatte auch niemand geklärt, ob Herschbach inzwischen überhaupt noch etwas hört. Aber sei’s drum! Die japanischen Sprachverwirrer freuten sich trotzdem über den Ig-Nobelpreis für Akustik, worüber sie selbst offenbar wonnevoll lachten mussten.

    Was gab es sonst noch? US-Forscher stellten angeblich noch in toten Lachsen Gehirnaktivität fest. Sie haben sich den Ig-Nobelpreis für Neurowissenschaften redlich verdient, gar keine Frage! In der Sparte Anatomie gewannen ein Niederländer und ein US-Amerikaner. Sie konnten belegen, dass Schimpansen sich nicht nur am Gesicht erkennen, sondern auch am Hinterteil.

    Nicht zu vergessen der Ig-Nobelpreis für Chemie. Der ging nach Schweden. Dort gab es mysteriöse Fälle, bei denen sich die Haare von Bewohnern neuer Häuser grün färbten. Der Forscher Johan Pettersson löste das Rätsel: Es lag an einer kupferhaltigen Wandfarbe und betraf stets Leute, die warm duschten.

    Wieder so eine Ig-nobelpreiswürdige Entdeckung, bei der man sich denkt: Das kann doch nicht wirklich wahr sein!