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Wenn Umweltschutz sich rechnet

Mit Umweltschutz kann man Geld sparen - diese Erkenntnis gilt zumindest dann, wenn gleichsam als Nebenprodukt der Verbrauch von Energie oder Rohstoffen gesenkt werden kann. Wie das gehen kann und welche Rolle Ökobilanzen dabei spielen, das war Thema eines Kongresses des Autozulieferers ZF in Friedrichshafen.

Von Thomas Wagner |
    Beispiel: Die Nanotechnologie. Winzige kleine Partikelchen im Nanometerbereich verändern bekanntlich ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften; Quanteneffekte spielen hier mit. "Nano" ist in, wenn es um umweltfreundliche Techniken in der Großindustrie geht. Dessen ist sich Christoph Lauterwasser vom Allianz Zentrum für Technik in München sicher:

    "Zum Beispiel gibt es neuartige Lackierungsverfahren mit Nano-Partikeln, die dazu führen, dass effizienter mit Material umgegangen wird und auch der Energieverbrauch minimiert wird. Anderes Beispiel ist die Effizienz von Solarzellen, die deutlich gesteigert werden kann mit Hilfe von Nano-Technologie. "

    Doch das ist, wenn man die Öko-Bilanz betrachtet, nur die eine, die positive Seite. Problematisch wird es, wenn es an die Entsorgung geht:

    "Die Risiko-Diskussion, was Nano-Technolgie betrifft, kreist heute um freie Nano-Partikel, die im Gebrauch des Produktes oder bei der Entsorgung frei werden können. Und da ist zu beachten, dass diese Nano-Partikel inhaliert werden können, sich auch im Körper in unterschiedlichen Organen festsetzen können. Und hier sind noch zu viele offene Fragen, die geklärt werden müssen. "

    Das Beispiel Nano-Technologie macht deutlich: Wenn es zum Einsatz in der großindustriellen Fertigung geht, müssen die Experten eine Öko-Bilanz über alle zusammenhängen Fertigungsschritte ziehen, von der Herstellung über den Transport bis zur Entsorgung. Doch damit tut sich die Großindustrie oftmals schwer - ein Riesenfehler.

    So legte beim Friedrichshafener Automobilzulieferer ZF der Autor einer Diplomarbeit den Finger in eine offene Wunde. Er analysierte unter Umweltgesichtspunkten alle wichtigen Prozesse innerhalb einer Fertigungsinsel – und stellte erstaunt fest, dass viele Maschinen solcher Inseln auch in Leerlaufzeiten nicht abgeschaltet werden, um bestimmte Einstellungen nicht zu verändern. Der Diplomand entwarf ein Szenario, das zum gezielten Betrieb dieser Maschinen im Produktionstakt führte. Seitdem fällt die jährliche Stromrechnung wesentlich günstiger aus.

    "Ja, das ist richtig. Das sind so knappe 300.000 Euro bei diesen Maschinentypen. Das ist sicher, bezogen auf den gesamten Standort, noch bedeutend mehr... "

    …so Markus Capelli, Umweltbeauftragter am ZF-Standort in Friedrichshafen. Je größer ein Unternehmen, desto mehr lohnt sich eine ganzheitliche Betrachtung aller Produktionsschritte durch die Öko-Brille. Ein weiteres Beispiel dafür ist die Kupplungsfertigung beim Automobilzulieferer ZF-Sachs in Schweinfurt. Dort wurden die Stahlteile bis vor kurzem noch unter hoher Temperatureinwirkung und viel Energieaufwand geformt. Seit geraumer Zeit erproben die Experten das so genannte "Kaltpress-Verfahren", bei dem vollständig auf die Erhitzung verzichtet wird. Die Teile werden ausschließlich plastisch verformt. Ergebnis: Eine deutlich verbesserte Energie- und Abfallbilanz. Franz Ilzig von der ZF-Sachs Gmbh in Schweinfurt:

    "Klassisch haben wir 725 Tonnen Späne im Jahr erzeugt. Und heute erzeugen wir nur 25 Tonnen. Also das entspricht der Größenordnung von guten 30 Sattelzügen voller Späne. Und heute brauchen wir nur noch einen pro Jahr, der die Späne wegfährt. Die Energiebilanz? Wir brauchen heute etwa die Hälfte Energie wie vorher. "

    Das rechnet sich. Deshalb werden bei Großkonzernen wie ZF zunehmend alle Produktionsabläufe daraufhin untersucht, ob es nicht umweltfreundlichere und damit auch kostengünstigere Alternativen gibt. Das ist einfacher gesagt als getan, stellt ein Großkonzern doch in dieser Hinsicht für so manchen Umweltexperten einen riesigen, undurchschaubaren Irrgarten dar. ZF arbeitet daher, wie viele andere Großkonzerne auch, an umfassenden computergestützten Energiemanagement-Programmen, die den komplexen Produktionsablauf viel besser erfassen als bisher.

    Kleinere, mittelständische Unternehmen haben diese Möglichkeit aber nicht. Das Bundesland Baden-Württemberg erprobt daher in den Regionen Freiburg und Ulm unter der Bezeichnung "Öko-Fit" ein Beratungsprogramm für den Mittelstand, so die baden-württembergische Umweltministerin Tanja Gönner:

    "Es kommt ein Berater einen Tag in ein Unternehmen und sagt: Wo gibt es Einsparpotentiale? Bei der Energie, bei der Frage Wasserverbrauch und je nachdem beim Abfall, all diesen Dingen? Also es ist so, dass das sehr gut angenommen wird, dass wir auch steigende Teilnehmerzahlen haben. Wir haben es geschafft, dort mit Zuschüssen von etwa 25 Millionen ein Investitionsvolumen von etwa 145 Millionen zu erreichen und haben damit unter anderem eine CO-2-Einsparung von einer Million Tonnen erreicht. "