Der Tourismus wird aber nicht nur in die wilde Natur gebracht. In der nächsten Stadt in San Ramón beteiligen sich Familien am Hotelbetrieb und bieten für Touristen die Möglichkeit, ein paar Tage mit ihnen zu verbringen, bei ihnen zu wohnen und ihren Alltag mitzuerleben. Authentisches Nicaragua inklusive.
Die "Finca Esperanza Verde" zeigt, wie sanfter Tourismus gleichzeitig die Natur schützen kann und die Menschen sich so weiterentwickeln können. Die ÖkoLodge ist bereits mit vielen - auch internationalen Preisen - belohnt worden (u.a. "TO-DO-Wettbewerb Sozialverantwortlicher Tourismus, vergeben auf der ITB in Berlin 2005). Mit weiteren Nachwirkungen: der deutsche Reiseanbieter "Aventoura" bietet dieses Hotel im Rahmen einer Nicaragua-Rundreise an.
Nicaragua hat gut 5,2 Millionen Einwohner. Nach Haiti gilt es als das zweitärmste Land Lateinamerikas. 50 Prozent der Bevölkerung leben in Armut. Auf dem Land sind es bis zu 70 Prozent. Die Arbeitslosigkeit wird selbst von Regierungsstellen auf 60 bis 70 Prozent geschätzt.
Die Sonne geht unter. Ganz sanft. Die Berge am Horizont greifen nach ihr; mit den Urwaldriesen auf ihren Gipfeln - wie Fühler strecken sie sich dem glühenden Ball entgegen. Bald ist sie da, die Nacht im Regenwald - mit ihrem unendlichen Summen, Surren und Schwirren von Abermillionen Grillen und Zikaden, Motten und Faltern. Es ist Liebesspiel zwischen Sonne und Erde - mit seinen Farben, Geräuschen und Gerüchen - und Wolkenresten eines nachmittäglichen Gewitters; sie werden zu Farbpinseln der Sonne, bis sie verschwinden, bis morgen, bis zum nächsten Gewitter. Und die Augen sehen - so viel, das es kaum zu begreifen ist. Das Herz - es spürt die Erhabenheit, die Schönheit, wenn Tag und Nacht miteinander verschmelzen. Wie ein Kuss zweier Liebenden.
Am nächsten Morgen begrüßt mich Yelba Velenzuela, die Managerin der Finca Esperanza Verde.
Die Finca Esperanza Verde ist ein privates Waldschutzprojekt, erzählt sie. Hier in der Mitte unseres Waldes haben wir das Ökohotel und die Finca, auf der wir ökologischen Kaffee anbauen. Dann haben wir eine Schmetterlingsfarm und viele andere Dinge.
Die Finca Esperanza Verde liegt im Departemento Matagalpa. Von der Lodge aus blickt man in Richtung der gleichnamigen Hauptstadt. Der Ort selbst bleibt hinter den Bergen verborgen. Bis zum Horizont erstreckt sich das unendliche Grün der Wälder und der Gipfel der Cordillera dar Iense.
Die Berge der Cordillera dar Iense ziehen sich durch das Zentrum von Nicaragua. Sie stellen die Wasserscheide zwischen Pazifik und Atlantik dar.
Die Finca in den Bergen liegt rund 1200 Meter über dem Meer. Daher ist es kühler, die Temperaturen schwanken zwischen neun und 29 Grad, kühler als beispielsweise in der Hauptstadt Managua. Yelba deutet über das vor uns liegende Tal
Hier können wir das Reservat überblicken, beschreibt Yelba und deutet in ein hochgelegenes Tal. Die Finca Esperanza Verde hat 122 Manzanas - rund 85 Hektar. Auf zehn Manzanas wird Kaffee angebaut. Der Rest ist tropischer Regenwald.
Der Wald ist völlig sich selbst überlassen. Nur ein paar Trampelpfade durchziehen ihn, die von Ranger Humberto ab und zu freigeschnitten werden müssen.
Humberto nimmt mich mit - in seinen Wald. Der 30-Jährige lebt mit der Natur und die Natur mit ihn. Hier ist er aufgewachsen, hier kennt er sich aus - und daran lässt er mich an diesem Tag teilhaben.
Humberto Picado ist verheiratet, hat eine vier Monate alte Tocher und gehört zum 20-köpfigen festangestellten Team der Finca Esperanza Verde. Um seinen Hals hängt ein Fernglas. In der Gesäßtasche steckt eine Bestimmungskarte für Vögel. An seinen Füßen trägt er derbes Schuhwerk. Und das ist auch nötig, wie sich später herausstellen wird.
Wir nehmen den mit blauen Farbklecksen auf Steinen oder Ästen gekennzeichneten Weg. Kaum sind wir los gegangen, da fesselt mich Ranger Humberto bereits mit seiner Begeisterung für die wilde und üppige Natur, die uns bereits auf den ersten Metern in den Regenwald gefangen nimmt. Er deutet auf einen der großen Bäume, die sehr verbreitet sind in dieser Gegend. Er heißt Barrason.
Der Barrason hat sehr hartes Holz. Auch die Lodge des Hotels ist daraus gebaut. Überhaupt verwenden sie vornehmlich Materialien, die aus der Region kommen. Der Pfad führt tiefer in den Wald. Wie weit sind wir vom Hauptweg entfernt? Vielleicht 500 Meter - aber bereits jetzt hat man den Eindruck, vom undurchdringlichen Dickicht des Regenwaldes verschlugen zu sein. Nur der verwucherte Pfad weist den Weg.
Humberto bleibt plötzlich stehen. Er nimmt seinen Feldstecher und blickt hindurch.
Seinen Augen bleibt kein Vogel verborgen. Hoch oben in einem Barrason-Baum hat er einen Drogu, einen "Orange Bird Dragon", entdeckt. Er zeigt mir den bunten Vogel auf der Bestimmungskarte.
Der Weg führt steiler hinab. Ein Baum ist umgefallen und versperrt uns den Weg. Humberto schlägt mit seiner Machete den Umweg frei.
Es ist kein gewöhnlicher Baum, den wir umwandern. Wie fasst alle Pflanzen hat auch diese eine ganz besondere Bedeutung und Humberto erklärt sie gern.
Sangre gado, heißt der Baum, erklärt Humberto. Die Flüssigkeit, die aus Rinde tropft, wenn man sie einschneidet, hat medizinische Wirkung. Sie wird aufgefangen und solange gerührt, bis daraus eine Paste entsteht. Diese Paste wird dann auf Wunden aufgetragen, damit sie besser heilen.
Ein Stück weiter riecht es am Wegesrand plötzlich nach etwas, das an die Praxis eines Sportarztes erinnert - zumindest ist das die erste Assoziation. Und in der Tat: der Geruch nach einer schmerzlindernden Salbe hat ihren Grund: Baposan. Der Name der Pflanze klingt zudem noch nach Rheumasalbe und man liegt damit gar nicht verkehrt.
Die Blätter und Teile der Stängel werden gesammelt und ausgekocht. Daraus entsteht eine dickflüssige Masse, eine Art Creme. Sie wird bei Muskelschmerzen oder Prellungen verwendet.
Humberto war früher Landarbeiter; hat auf sechs Manzanas Bohnen, Mais und Kaffee gepflanzt für seine Familie. Zusätzlich heuerte er ab und zu bei einer Chemiefirma an, die konventionelle Kaffeebauern mit Pestiziden versorgte. Ein gefährlicher Job, wie er sagt, aber bitter nötig. Denn um sich und seine Familie durchzubringen, warf sein Hof nicht genug ab.
Seit fünf Jahren arbeitet er auf der Finca Esperanza Verde. Zunächst als Kaffeepflüger, jetzt als Touristenführer - als Ranger. Sein Wissen über die Natur hat er aus Büchern oder in Fortbildungen gelernt, die vom Hotel finanziert wurden. Ob sein Leben heute besser ist als früher, möchte ich wissen.
Die Arbeit hier gefällt Humberto. Der Job mit den Chemikalien war dagegen gefährlich und schädlich für die Umwelt; die Mikroorganismen in der Erde würden getötet. Darüber zu lernen gefällt ihm, es sei ein steter Prozess.
Bevor er ins Detail geht, wird Humberto aber von einem riesigen blau leuchtenden Schmetterling abgelenkt.
Ein blauer Prinz flattert vorbei. Dann erreichen wir eine kleinen Lagune.
Die Lagune ist ein Überbleibsel des Hurrikans Mitch, der 1998 weite Teile Mittelamerikas verwüstet und dabei Tausende Menschen in den Tod gerissen hat - allein in Nicaragua rund 4000. Die Wassermassen des Wirbelsturms lösten auf der Finca Esperanza Verde nur einen Erdrutsch im Regenwald aus.
Und auch in diesem Moment beginnt es zu regnen. Wie so oft nachmittags in der Zentralregion Nicaraguas.
Wasserpflanzen haben sich angesiedelt, an diesem Refugium rund eine Stunde Fußmarsch von der Finca entfernt. Lilien verlangen mit ihren sündigen und zugleich unschuldigen Blüten ein Stück vom Himmel. Amarillen spielen mit ihren Blütentrompeten auf zu einem farbenprächtigen Konzert. Und dann die Strelitzien - orange, rote, gelbe Kelche recken sie in den Regen - um Wasser zu sammeln.
Das Wasser speichern sie in ihren Stängeln, für die Zeit, in der es trockener ist. Gerade flirrt ein Kolibri um eine Blüte, streckt seinen Rüssel hinein. Auch die winzigen Vögel wissen um das gespeicherte Wasser. Sie könnten es sich vielleicht auch anderswo holen, aber wo wird das kühle Nass so schön präsentiert wie im Blütenkelch einer Strelitzie.
Die Energie, die in diesem Lebensraum steckt, flößt Respekt ein. In nur 200 Jahren werden Bäume hier bis zu 65 Meter hoch. Pflanzen müssen mit Größe und Schönheit nicht sparen, um zu überleben. Auch die Landwirtschaft profitiert: In Nicaragua kann zweimal und manchen Regionen sogar dreimal im Jahr [START 019] geerntet werden. Die Sonne schickt hier Lebenskraft im Überfluss. Und heizt die Atmosphäre auf, jeden Tag.
Was hat sich Gott dabei gedacht, als er die Schönheit der Natur geschaffen hat. Tat er sich selbst einen Gefallen, um sie jeden Tag selbst zu genießen? Hat er Freude daran, den Tukanen die riesigen Schnäbel bunt anzumalen; den Papageien ein freches Lachen zu schenken, wenn sie ihre schwärmenden Kreise durch die Baumkronen ziehen; den Orchideen eine explodierende Lebensfreude zu geben, damit ihre Blüten aus dem tiefgrünen Ozean des Waldes herausleuchten? Was auch immer ihm in den Sinn kam: Den Affen ist es egal. Sie genießen ihr persönliches Paradies hoch oben in den Ästen.
Die Finca Esperanza Verde hat sich zur Aufgabe gemacht, diese Natur zu schützen. Zumindest auf diesem kleinen Fleckchen Erde, auf 85 Hektar, die sie ihr Eigen nennt; indem sie ihren Wald der Natur überlassen und in einem kleinen Teil Kaffee anbauen - ohne Chemie. Der Tourismus hilft ihnen dabei. Rund 1000 Besucher - hauptsächlich aus den USA - kommen jedes Jahr zu ihnen. Und die Gäste sind absolut begeistert von der Natur, den Bergen, dem Regenwald - und dem Kaffeeanbau.
Die ökologische Kaffeefarm "Finca Esperanza Verde" - zu deutsch "grüne Hoffnung" - in Nicaragua ist aber nicht nur zum Anschauen da. Hier darf der Gast selbst mit anpacken. Die Erfahrung, selbst Hand anzulegen an die nächste Tasse Kaffee zu Haus nach dem Urlaub, ist für die Besucher fantastisch.
Es gibt soviel zu entdecken: Kaffeekirschen pflücken, Kaffeebüsche pflanzen oder Kompost für die Düngung herstellen.
Carol, Ken und Peter bleibt nicht nur bei der Arbeit in den Kaffeebüschen der Atem weg, auch beim Blick über den Wald und beim Entdecken der Blumen und Tiere.
Neben Blattschneiderameisen, exotischen Vögeln und Baumfröschen sind es auch die eher menschlichen Bewohner des nicaraguanischen Regenwaldes, die die Besucher in den Bann ziehen.
Der amerikanische Besucher mit den anmutigen Affen Aug in Aug - mitten im Regenwald, das ist sehr aufregend.
Und dann haben die Besucher der Finca Esperanza Verde noch die Möglichkeit direkt mit den Familien in der nahe gelegenen Stadt in San Ramon zusammenzuleben; um für eine kurze Zeit ihr Leben, ihren Alltag kennen zu lernen. Sie können sich für eine kurze Zeit als Teil ihrer Gastfamilie sehen. Für Carol ist es die enorme Aufrichtigkeit der Menschen, die sie so begeistert.
Am Empfang wartet die kleine kesse Berta Lina. Mit ihrem natürlichen Lächeln, ihren großen braunen Augen fühlt man sich bereits beim Ankommen auf der Finaca Esperanza Verde zu Hause.
Die Rezeption befindet sich in der Lodge, dem Zentrum der Finca. Mit einer Küche und einer Veranda mit dem grandiosen Ausblick auf den Regenwald, die Berge, die Sonnenuntergänge.
Berta Lina begleitet die Gäste zu ihren Quartieren. Die fünf kleinen Bungalows liegen an einem Hang oberhalb der Lodge. Trampelpfande führen hinauf. Bunte Schmetterlinge segeln hinab, farbenprächtige Blumen säumen die Wege. Berta Lina öffnet den aus gebrannten Ziegeln gebauten Bungalow.
Das Haus "Colibri" hat drei Doppelzimmer, jeweils mit eigenem Bad und Stromversorgung. Die ganze Finca verfügt über eine eigene Stromversorgung, obwohl es keine Stromleitung vom nächsten Dorf gibt, das nur rund drei Kilometer entfernt liegt.
Den Strom erzeugen sie selbst mit Solarzellen auf dem Dach der Lodge. Mit Batterien wird die Energie gespeichert. Das Trinkwasser kommt aus Quellen in den Bergen.
Das Zimmer kostet pro Nacht 30 Dollar für eine und 45 Dollar für zwei Personen. An der Wand hängen Bilder von regionalen Künstlern mit typischen Motiven: Marktszenen aus Matagalpa, das Leben der Bauern und immer wieder die üppige Natur.
Tagesgäste kommen aus Nicaragua, erzählt Berta Lina. Die, die länger bleiben, reisen aus den USA, Schweden, Deutschland oder Spanien an. Berta Lina ist stolz, ein Teil der Finca Esperanza Verde zu sein. Mit ihrer Arbeit kann sie einen Beitrag für die armen Menschen in ihrer Gemeinde leisten. Sie profitieren durch den Hotelbetrieb, den Kaffeeanbau auf der Finca und allem, was damit zusammenhängt. Wie Javier Duarte.
Javier ist Bauer und bewirtschaftet mit seinem Vater und seinem Bruder ein Stück Land am Rande des geschützten Waldes. Ohne Maschinen nur mit zwei Pferden. Und diese Pferde verleiht er auch an Touristen der Finca Esperanza Verde. Er hält seine Tiere in Schuss, sagt er, damit sie nicht so klapprig aussehen wie andere und sie attraktiv für Touristen sind.
Viel hat sich verändert im Leben von Bauer Javier Duarte, seitdem es das Hotel gibt. Auch für die anderen Leute hier, sagt er. Die Straße ist viel besser geworden. Eine Schule hat das Hotel für die Kinder gebaut hat. Javier und die anderen Bauern der Region können ihre Produkte wie Milch, Bohnen, Gemüse und Obst nun direkt an das Hotel verkaufen - ein sicherer Absatz, außerdem sparen sie lange Transportwege. Das Hotel hat viel Arbeit gebracht, sagt Javier.
Ist es ausgebucht leben neben den 20 festangestellten Mitarbeitern, rund 200 weitere Menschen davon - bis zu lokalen Musikgruppen, die für kleine Konzerte gebucht werden können.
Am Anfang ging es eigentlich nur darum, einen Ökoplatz zu schaffen, der Natur ihren Freiraum zurückzugeben, erzählt die Managerin der Finca Esperanza Verde, Yelba Valenzuela. Yelba hat gerade viel Stress. Sie bereitet ein Seminar für Öko-Tourismus-Aktivisten aus ganz Zentralamerika vor. Ihre Finca gilt beispielhaft bei der World Tourism Organisation. Die Unterorganisation der Vereinten Nationen hat das Seminar mitvorbereitet.
Die Finca Esperanza Verde war ursprünglich nicht als Hotel angelegt. Viel mehr ging es darum, den Menschen Land zu geben, damit sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen und gleichzeitig die Natur schützen. Die Idee kam von Menschen aus den USA, sagt Yelba.
Unternehmen und Fachkräfte aus Durham in North Carolina USA schämten sich in den 80er Jahren der Außenpolitik ihres Landes gegenüber armen Ländern; besonders gegenüber Nicaragua, wegen des Contra-Krieges, der vom Geheimdienst CIA unterstützt wurde. Die haben sich dann zusammengetan und den Boden gekauft, 122 Manzanas. Ihr Wunsch: Einheimische sollte die Möglichkeit gegeben werden, für sich selbst zu sorgen. Ein Verein, die Durham-San-Ramon-Sister-Community, wurde gegründet und unterstützt noch heute ihre Anliegen. Was an Löhnen und Projekten auf die Beine gestellt wird, finanziert sich aber durch den Betrieb der Kaffeefinca und des Öko-Hotels, betont Yelba.
Die Überschüsse, die sie erwirtschaften, fließen direkt wieder in neue Projekte. Es wurde eine Schule gebaut, in die 50 Kinder der Umgebung gehen. Früher war ein Schulbesuch oft nicht möglich, gerade für die Kleinsten. Die gut vier Kilometer beschwerlichen Fußweges war vielen Eltern zu gefährlich.
Außerdem wurden durch das Projekt sieben Quellen erschlossen. Sie liefern sauberes Trinkwasser für das Hotel und die umliegenden Gemeinden. Seit mehr als zehn Jahren sind die Initiative und das Hotel strukturell organisiert. 630.000 Dollar haben sie seit dem investiert. Die Überschüsse sollen sofort wieder in neue Projekte investiert werden, die die Infrastruktur für die Menschen verbessern, betont Managerin Yelba Valenzuela.
Es ist besonders wichtig, dass wir uns jedes Jahr ein neues soziales Projekt vornehmen, betont Yelba. Wenn ein Tourist hier war und nach fünf Jahren wiederkommt, dann kann er sehen, dass es immer wieder ein neues Projekt gibt, von dem die Gemeinschaft profitiert.
Lokaler Tourismus als Mechanismus, die Armut zu verringern: Davon ist auch die frühere Tourismusministerin von Nicaragua, Maria Rivas, überzeugt.
Tourismus ist zum einen sehr wichtig, weil er Devisen ins Land bringt, erzählt Rivas. Das waren 2005 rund 160 Millionen Dollar. Im vergangenen Jahr knapp 240 Millionen. Der Tourismus ist ein Sektor, der immer weiter wächst. Gerade der nachhaltige Tourismus, wie er auf der Finca Esperanza Verde praktiziert wird, ist für Nicaragua sehr wichtig, weil die Gemeinden stark mit einbezogen werden, stärker als beim konventionellen Tourismus. So sind die kleinen Tourismusbetriebe besonders geeignet, die Armut zu bekämpfen. Es werden viele lokale Leute benötigt und das schafft Arbeit.
Es ist Abend geworden auf der Finca Esperanza Verde. In der Küche steht die Köchin Maura Escobar am Gasherd. Eine weiße Schürze mit Spitze hat sie sich um die Hüften gebunden. Ihre Haare werden mit einem Tuch zusammengehalten. Es brutzelt in der Pfanne.
Es gibt gegrilltes Huhn, Tortilla, Gemüse und Kochbananen - dazu eine Soße aus Chajote. Maura ist etwas wortkarg. Ihre Welt ist die Küche. Vielleicht 15 Quadratmeter groß, und absolut aufgeräumt - was nicht für alle öffentlichen Küchen in Nicaragua gilt. Maura liebt ihren Job. Früher war sie Kindermädchen. Sechs Jahre lang. Der größte Unterschied zu früher ist, dass sie zwei Tage in der Woche frei hat und trotzdem mehr verdient. Alle ihre drei Kinder können daher zur Schule gehen. Spricht's und wendet sich wieder dem Hühnchen zu, das lieblich in der Pfanne schmurgelt.
Während sich auch mein Magen auf das Abendessen vorbereitet, verrät Maura noch ihr Lieblingsrezept: Uevos Revueltos a la Ranchera. Die Übersetzung Bauern-Omelette kommt der Bedeutung wohl am nächsten.
Eine Tortilla gefüllt mit Ei, Bohnen, Würstchen und Soße. Einer würzigen Tomatensoße. Alle Rezepte kommen aus der Gegend, alle Zutaten auch. Die Gerichte sind selten scharf, aber immer pikant. Dazu gehört auch das Nationalgericht Nicaraguas, eine Mischung Bohnen und Reis, mit Namen Gallo Pinto, was soviel bedeutet wie gepunkteter Hahn.
Abend auf der Finca Esperanza Verde in Nicaragua. Mauras Hühnchen schmeckt hervorragend. Die dazu gereichte frische selbst zubereitete Papaya-Limonade verführt zum Träumen. Vögel und Grillen spielen auf zum Abendkonzert. Über den Regenwald unterhalb der Finca Esperanza Verde fliegen zwei Tukane, mit ihren großen, gelben Schnäbeln. Sie suchen einen Schlafplatz für die Nacht in einem der Riesen des Waldes. Das Gewitter des Nachmittags hat sich verzogen und hat den Blick frei gemacht auf den Horizont. Ich freue mich, denn die Sonne geht bald unter.
Der Wald atmet den Regen aus - er dampft vor Freude. Insekten surren wie von Sinnen. Baumkronen in der Ferne sind gerade noch durchbrochen vom Glutball der untergehenden Sonne. Am Tag verführt der Wald mit seinem Meer aus Grün: tauffrisches Morgengrün mischt sich mit üppigem Regengrün - mal schimmernd, mal scheinend, mal undurchdringlich - stets überwältigend. Jetzt taucht Schatten den Wald in Dunkelheit. Bevölkert von plötzlichen Geräuschen, die am Tag nicht da waren. Dem Knacken von Zweigen, dem Wispern und Vogelgezwitscher. Regentropfen, die seit dem Nachmittag eine Pause auf einem Blatt gemacht hatten, fallen bei einem Windstoß zu Boden. Es erinnert nicht an die wirkliche Welt. Orchideendüfte wabern durch die Zweige, vermischen sich mit der Kühle des Bodens und sind alsbald wieder verschwunden. Der Wald als feuchter Tempel aus Moos und Farnen und flink daherhuschendem Getier. Das Glück des nicht enden wollenden Moments in der Mitte des Regenwaldes.