Archiv


Wer baut denn da mit Lehm?

Lehm ist einer der ältesten, wenn nicht gar der älteste Baustoff der Welt. Die Lehmbautechnik ist seit Tausenden von Jahren bekannt und berühmte Tempel und Häuser alter Hochkulturen wurden schon aus diesem Baustoff erschaffen, wie zum Beispiel der Ramses-Tempel in Ägypten oder das Ischtar-Tor von Babylon. Mittlerweile ist Lehm als Baustoff wiederentdeckt worden. Doch wer baut eigentlich mit diesem Produkt? Wo liegen die Vor-, aber auch die Nachteile bei Lehm? Und was kostet diese Bauweise? Um diese und weitere Fragen ging es auf dem 3. Internationalen Lehmbau-Workshop in Bayreuth im Bundesland Bayern, wo Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihre Erfahrungen austauschten. Unter ihnen der Architekt Richard Fritz, der sich voll und ganz dem Bauen mit Lehm verschrieben hat:

von: Markus Westphal |
    Das glaube ich schon, dass ich unter meinen Kollegen ein Exot bin, obwohl ich mir selbst überhaupt nicht so vorkomme, weil ich überzeugt bin: Das ist ein modernes Material."

    Bauen mit Lehm – ist das wirklich zeitgemäß? Richard Fritz aus Neuenmarkt ist davon jedenfalls überzeugt. Derart felsenfest, dass er bei seinen Wohnhäusern nur noch mit dem uralten Baustoff arbeitet, immer in Kombination mit Holz. Die angeblich so modernen neuen Materialien lehnt er ab.

    Was man feststellt an vielen konventionellen Bauten, dass die Leute krank werden, zum Beispiel, dass sie mit Folien luftdicht gemacht werden, dass man die Materialien, die man verwendet, hochtechnologisch herstellen muss, mit einem wahnsinnigen Energieaufwand. Und Lehm ist eben ein Stoff, der aus dem Boden kommt und der keinerlei Primärenergie braucht. Er benötigt nur mechanische Energie, um ihn auszubuddeln und um ihn verwendbar zu machen."

    Umweltschutz beginnt beim Hausbau also schon bei der Wahl des Baumaterials. Und nicht nur das Bewusstsein für ökologische Fragen nimmt beim Bauen zu, auch das Thema "Gesundes Wohnen" spielt eine immer größer werdende Rolle. Auch hier sieht Architekt Richard Fritz den Lehm klar im Vorteil. In einem Lehmhaus fühlt man sich wohl, verspricht er. Zum Beispiel, weil die Luftfeuchtigkeit relativ konstant bleibt.

    Wenn es schwül ist, also wenn es Mai, Juni, Juli etwas feucht wird, dann kann der Lehm Feuchtigkeit aufnehmen und entzieht die der Umgebung. Er kann, wenn es wieder trockener wird, diese Feuchtigkeit wieder an die Umgebung abgeben, und das empfinden die Leute als angenehm."

    Eine Lehmwand fühlt sich außerdem anders an, nicht so kalt wie Stein oder Beton. Sogar Schadstoffe aus der Raumluft soll sie absorbieren. Doch bevor man sich in den eigenen vier Lehmwänden wohlfühlen darf, ist etwas mehr Mühe angesagt, als wenn man sich ein schlüsselfertiges Fertighaus aus der Tageszeitung aussucht. Man braucht einen der wenigen lehmerfahrenen Architekten und Spezialisten wie den Lehmbauer Andreas Lutz aus Tübingen.

    Es kommen auf jeden Fall tonnenweise Lehm auf Einen zu, wo man dann auch keinen argen Putzfimmel haben darf, oder die Einstellung zu Lehm, dass es vielleicht sogar Dreck sei. Die Einstellung darf man nicht haben, denn es ist erst mal alles voll mit Lehm – überall.

    Also keine Angst vor schmutzigen Händen! Andreas Lutz lädt stattdessen dazu ein, selber mitanzupacken. Denn egal, ob der Lehm aus der eigenen Baugrube kommt, oder in Säcken geliefert wird: mit fachkundiger Anleitung lässt er sich ziemlich einfach verarbeiten.

    Zur Philosophie von meinem Ein-Mann-Betrieb gehört, dass ich probiere, den Bauherrn in den Bauablauf einzubeziehen und somit auch die Kosten ziemlich zu senken. Weil sich das beim Lehm anbietet: Es ist ein schönes Material, die Kinder können mitmantschen und die Leute kriegen gleich einen Bezug zu ihrem eigenen Haus.

    Der Preis für ein Haus aus Holz und Lehm liegt etwa sieben bis zehn Prozent über dem eines konventionellen Hauses. Ein industriell produziertes Fertighaus ist natürlich um einiges günstiger. Dennoch: Architekt Richard Fritz hofft, dass sich der Lehm durchsetzt.

    Mein Ideal wäre es, mal eine richtige Siedlung zu bauen. Das ist Jedermanns Ideal, auch konventionelle Architekten wollen gerne eine Siedlung bauen. Aber das, denke ich, müsste mal möglich sein, so etwas über Rationalisierung, über immer wiederkehrende Details und Konstruktionsverfahren, billig hinzukriegen. Ein gesundes Wohnen für Einkommensschwächere und Normalverdiener zu ermöglichen, das ist eigentlich mein Ziel.