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Wer darf die Berliner Zeitung kaufen?

Ja, so unangenehm kann Wirklichkeit sein. Aber: sie bleibt trotzdem Wirklichkeit. Der Berliner Zeitung blüht also der Verkauf an eine Investorengruppe aus Großbritannien, an ihrer Spitze der einschlägig bekannte und gefürchtete Brutalsparer David Montgomery. Und wenn man dem Chefredakteur der selbst ernannten West-Ost-Hauptstadtzeitung, Uwe Vorkötter, glaubt, dann ist das mindestens der Untergang des Abendlandes.

Von Holger Beckmann |
    Herr Vorkötter also in diesem Fall der Gutmensch und Mr. Montgomery der Haifisch? Ach was! Beiden geht es um ihre eigenen Interessen - und Montgomery hat im Moment nun mal die besseren Karten - und bald vielleicht ein neues Blatt, mit dem er dann machen kann, was er will. Vielleicht ohne Herrn Vorkötter - man weiß es nicht. Es sei denn, der Kölner Verleger Neven DuMont sticht Montgomery am Ende doch noch aus. Dann würden zumindest jene sich freuen, die fordern: Deutsche Zeitungen in deutschen Händen! Abgesehen davon, dass das nicht schön klingt: Will man sich solche Hände wirklich wünschen? Schließlich ist kaum damit zu rechnen, dass der Kölner Verleger die Berliner Zeitung ließe, wie sie ist. Im Grunde ist es also völlig egal, wer sie bekommt.

    Richtig ist nur: Wer das bessere Angebot macht, gewinnt. Das müssten Herr Vorkötter und alle, die angesichts des ungewissen Schicksals der Berliner Zeitung jetzt laut wehklagen, eigentlich wissen: Denn Verlage sind Wirtschaftsunternehmen, und denen geht es um Profit. Egal, ob sie nun Holtzbrinck heißen oder DuMont oder Montgomery.
    Und im übrigen: auch bei einer Fusion der Berliner Zeitung mit dem Tagesspiegel - wie Holtzbrinck sie ursprünglich im Sinn hatte - wären am Ende wohl einige Jobs auf der Strecke geblieben. Wenn nicht beim einen, dann beim anderen Produkt. Die Zeche jedenfalls hätte die Leser in der Hauptstadt zahlen müssen - wegen konzentrierter Meinungsmacht von Holtzbrinck. Dann doch lieber mal eine neue Meinung. Im Zweifel auch aus Großbritannien.