Wer ist Norma Jeane? Bislang glaubte man, Norma Jeane Baker sei der bürgerliche Name der im August 1962 durch Selbstmord gestorbenen Marylin Monroe. Als Phantom aber lebt sie weiter, als Name einer anonym bleibenden Künstlerin oder Künstlergruppe, die seit 1994 Projekte in Gang setzt, mit einem auffälligen Schwerpunkt in Italien. Projekte, die den Abbildungs-Charakter der Kunst negieren und den Zuschauer selber zum Akteur machen, die ihm einen Nachhall seiner Existenz in leeren Räumen sichern, mit allerlei technischen Einrichtungen, die auf den Körper des Museumsbesuchers reagieren.
Im Kunstverein Freiburg betreten wir einen völlig abgedunkelten betonierten Raum, weiß gestrichen, ein ehemaliges Jugendstil-Schwimmbad. An der Frontseite hängt, auf Höhe der Galerie, wie ein Hochaltar der Technik, eine ganze Batterie Bühnenscheinwerfer, die auf Bewegungsäußerungen und Laute der Besucher reagieren. Jeder hallende Schritt, jedes Gemurmel, jedes Händeklatschen erzeugt – über Kondensatormikrophone, Vorverstärker und analoge Signalwandler – eine bestimmte Helligkeit in einer oder vielen der Bühnenlampen. Über mehr oder weniger exaltierte Körperäußerungen, Laufen, Zischen, Johlen, Klacken, Schreien, kann man also den dunklen Raum beleuchten, teilweise sogar blendend grell, bei ruhigeren Lauten mit warmem Licht, das langsam abebbt.
Man wird also Teil einer Theater-Situation, und auch wenn man nicht unbedingt er-leuchtet wird, so ist man doch immer in Versuchung, sich ein wenig gehenzulassen, sich auszuprobieren im Dunkel. Während der normalen Öffnungszeiten ist man allein oder zu zweit, wie in einer dunklen Kirche, die man erobern kann. Bei der Vernissage taten sich die Kunstbetrachter offenbar etwas schwerer, sich in Szene zu setzen, bis kleine Kinder mit ihren Schreien die Lichtorgel reagieren ließen.
"Akme", also Gipfel, Spitze, Höhepunkt eines Fiebers heißt die Installation. Schallwellen sind ihr Material. Die Künstlergruppe, der konzeptuelle Geheimbund Norma Jeane (denn um eine solchen handelt es sich offenbar) hat schon des öfteren die Körper ins Spiel gebracht. Freiburg ist die dritte Station eines Zyklus: im Helmhaus in Zürich bekamen die Zuschauer Elektroden an die Brust geheftet, welche die Herztöne an zwei riesige Lautsprecherboxen übertrugen. Je näher man den Boxen kam, desto lauter schwoll das Herzgepumpe an, desto näher, unerträglich nahe kam man sich. An der Seite standen zwei Schüsseln voller Haftschalen. Jeden Tag neue Haftschalen bitte. In New York, im Swiss Institute, reagierte ein Motorrad auf die Bewegungen der Besucher: je näher man dem Gerät kam, desto höher war die Umdrehungszahl.
Der Körper, den wir im Alltag wie ein Abstraktum wahrnehmen, hat auf einmal wieder eine Funktion. Nur die Künstler haben keinen Körper: sie sind unbekannt. Der Kurator Giovanni Carmine wurde angeblich von anderen beauftragt. "Body Proxy" heißt das Projekt, und Proxy ist im Englischen der Stellvertreter. Auch wir Zuschauer sind Stellvertreter. Paul Virilio schreibt über die "Ästhetik des Verschwindens". Hier kann man sie erahnen. Denn wenn wir Ruhe geben, geht das Licht aus.
Im Kunstverein Freiburg betreten wir einen völlig abgedunkelten betonierten Raum, weiß gestrichen, ein ehemaliges Jugendstil-Schwimmbad. An der Frontseite hängt, auf Höhe der Galerie, wie ein Hochaltar der Technik, eine ganze Batterie Bühnenscheinwerfer, die auf Bewegungsäußerungen und Laute der Besucher reagieren. Jeder hallende Schritt, jedes Gemurmel, jedes Händeklatschen erzeugt – über Kondensatormikrophone, Vorverstärker und analoge Signalwandler – eine bestimmte Helligkeit in einer oder vielen der Bühnenlampen. Über mehr oder weniger exaltierte Körperäußerungen, Laufen, Zischen, Johlen, Klacken, Schreien, kann man also den dunklen Raum beleuchten, teilweise sogar blendend grell, bei ruhigeren Lauten mit warmem Licht, das langsam abebbt.
Man wird also Teil einer Theater-Situation, und auch wenn man nicht unbedingt er-leuchtet wird, so ist man doch immer in Versuchung, sich ein wenig gehenzulassen, sich auszuprobieren im Dunkel. Während der normalen Öffnungszeiten ist man allein oder zu zweit, wie in einer dunklen Kirche, die man erobern kann. Bei der Vernissage taten sich die Kunstbetrachter offenbar etwas schwerer, sich in Szene zu setzen, bis kleine Kinder mit ihren Schreien die Lichtorgel reagieren ließen.
"Akme", also Gipfel, Spitze, Höhepunkt eines Fiebers heißt die Installation. Schallwellen sind ihr Material. Die Künstlergruppe, der konzeptuelle Geheimbund Norma Jeane (denn um eine solchen handelt es sich offenbar) hat schon des öfteren die Körper ins Spiel gebracht. Freiburg ist die dritte Station eines Zyklus: im Helmhaus in Zürich bekamen die Zuschauer Elektroden an die Brust geheftet, welche die Herztöne an zwei riesige Lautsprecherboxen übertrugen. Je näher man den Boxen kam, desto lauter schwoll das Herzgepumpe an, desto näher, unerträglich nahe kam man sich. An der Seite standen zwei Schüsseln voller Haftschalen. Jeden Tag neue Haftschalen bitte. In New York, im Swiss Institute, reagierte ein Motorrad auf die Bewegungen der Besucher: je näher man dem Gerät kam, desto höher war die Umdrehungszahl.
Der Körper, den wir im Alltag wie ein Abstraktum wahrnehmen, hat auf einmal wieder eine Funktion. Nur die Künstler haben keinen Körper: sie sind unbekannt. Der Kurator Giovanni Carmine wurde angeblich von anderen beauftragt. "Body Proxy" heißt das Projekt, und Proxy ist im Englischen der Stellvertreter. Auch wir Zuschauer sind Stellvertreter. Paul Virilio schreibt über die "Ästhetik des Verschwindens". Hier kann man sie erahnen. Denn wenn wir Ruhe geben, geht das Licht aus.