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Wer kontrolliert Bio-Importe?

Weil die deutschen Ökobauern die wachsende Nachfrage nach Bioprodukten bei weitem nicht decken können, muss immer mehr Ware aus dem Ausland eingeführt werden. Bei Obst zum Beispiel liegt diese Quote mittlerweile bereits bei 70 Prozent.

Von Katrin Ruß |
    Einer der führenden Produzenten von Bioprodukten in Europa ist Spanien, ein Land, das bei herkömmlichen Produkten immer wieder auffällt durch Lebensmittel, die mit Rückständen von Pflanzenschutzmitteln belastet sind. Sind Bioprodukte aus Spanien sicherer? Und werden sie auch gewissenhaft kontrolliert?
    In Reih und Glied stehen sie im Stall nebeneinander, 50 Schafe, jedes getrennt vom anderen durch Metallklappen an beiden Kopfseiten. An ihren Zitzen sitzen Saugmaschinen, welche die Milch abpumpen. Pro Schaf ein halber Liter. Und aus sechs Litern stellt Biobäuerin Concha Alvarez einen Kilo Käse her, den Bio-Manchego-Käse aus Kastillien La Mancha, da wo einst Don Quijote gegen die Windmühlen kämpfte.

    "Die Manchego-Schafe sind traditionelle Schafe und diese hier sind biologische. Man erkennt sie daran, dass sie einen langen Schwanz haben. Das ist aber auch eine der Biovorschriften. Außerdem sind sie solange wie möglich im Freien, essen ausschließlich ökologisches Futter. Das stellen wir selber her aus Mais, Hafer und Stroh. Die Schafe bekommen keine Medikamente und werden auch nicht geimpft. "

    Concha Alvarez entfernt die Saugpumpen von den Schafen. Über Schläuche läuft die Milch in einen Stahlbehälter, in welchem sie zunächst zwei Tage bleibt. Concha Alvarez hat mit ihrem Bruder die Finca des Vaters übernommen. 300 Hektar mit 1200 Schafen. Ihren Käse verkaufen sie mittlerweile in der ganzen Welt, deutschlandweit in Basic-Supermärkten und im Bioladen. 800 Kilo pro Monat.

    Die Schafe verlassen die Abpumpanlage und laufen hinaus aus dem Stall. Die zierliche, kleine Frau, Mitte 30 trägt die dunklen Haare zu einem Zopf. Vor zehn Jahren fing sie an mit der Bioproduktion. Damals wurde Concha Alvarez als Hippie verschrien, als Verrückte bezeichnet. Heute wird sie ein bisschen mehr respektiert. Bio ist in. Doch Concha Alvarez betont, der Bioanbau ist letztlich eine Einstellungssache, die Denkweise eines jeden einzelnen Biobauern.

    "In meinen Augen verwischt sich die einstige Philosophie vom biologischen Anbau immer mehr. Wir kleinen Biobauern können mit den großen landwirtschaftlichen Biogenossenschaften gar nicht mehr mithalten. Das was die wollen, ist einfach nur Geld machen. Die können mit dem Markt mithalten und sich den Preisen der Supermärkte anpassen, da sie in größeren Mengen produzieren. Darunter leidet aber die Qualität. Denn die bauen an, nicht um es gut zu machen, sondern um damit Geld zu verdienen."

    Während sich die Schafe auf der Weide zusammenfinden, läuft Concha Alvarez mit ihren robusten schwarzen Stiefeln über den festen holprigen Weg vom Stall hinüber in die Käserei.
    "Das Problem ist außerdem, man ist abhängig von der Kundschaft, von seinem Vertreter und den Supermärkten. Sie geben die Maßstäbe vor. Man muss sich anpassen. Dabei verliert man aber auch aus den Augen, zu welcher Jahreszeit, gut beim Käse ist es nicht so, aber bei den Tomaten, wann es die eigentlich gibt. Und so ist es in Südspanien ganz normal, dass dort auch Biotomaten in Gewächshäusern das ganze Jahr über reifen."

    "Ein weiterer Nachteil ist der Einsatz von Pestiziden. Wenn die Anbauflächen gerade wie in Südspanien sehr eng beieinander liegen, also ein konventioneller Anbau neben einem Bioanbau ist und gespritzt wird, dann wird ganz klar durch Wind oder Insekten das Zeug übertragen. Und man kann nichts dagegen machen, obwohl man sich an die Vorschriften gehalten hat. "

    Eigentlich und so sieht es die Vorschrift des ökologischen Agrarkomitees in Andalusien vor, sind solche Anbauflächen nicht vorgesehen und wenn ja, müssen sie voneinander in bestimmten Abständen liegen. Aber die Realität sieht anders aus. Dicht an dicht drängen sich die Plastikplanen der Gewächshäuser. Und so kann es schon mal vorkommen, dass die eine oder andere Biotomate eine Ladung Pestizide abbekommen hat. Diese müssten zwar ausgelesen werden und dürften nicht mehr als Biotomaten verkauft werden. Aber wird sich auch daran gehalten? Der staatliche Ökokontrolleur von Andalusien Diego Granado.

    "Es ist offensichtlich, der Anbau in Gewächshäusern ist eine intensiverer, der natürlich auch mehr Probleme mit sich bringt. Man hat mit mehr Plagen und Krankheiten zu kämpfen und man muss auch mehr Gegenmittel einsetzen. Und das Gesetz sieht vor, es sind nur solche Mittel einzusetzen, die der ökologische Anbau zulässt. Werden die Vorgaben nicht eingehalten, drohen Sanktionen. Diese reichen von einer Verwarnung über Geldstrafe, Verkaufsverbot der Ware, Verbot der Kennzeichnung als Bio bis hin zum Lizenzentzug. "

    " Hier in der Region Kastillien La Mancha gibt es vier Zertifikatsstellen für Bioprodukte. Das ist einfach zu viel und zu unübersichtlich. Die verschiedenen Etiketten verwirren. Es gibt zwar ein einheitliches EU-Symbol, aber innerhalb Spaniens hat jede Region ihr eigenes. Das Etikett ist voller Symbole und man weiß nicht, zu wem sie gehören."

    Concha Alvarez ist mit ihrem Gewissen im Reinen. Sie stellt Biokäse her, weil es für sie keine andere Alternative gibt. Alle Biorichtlinien einzuhalten ist ihr heilig wie manch einem die Bibel. Doch weiß sie auch, da wo Bio draufsteht, muss nicht unbedingt Bio drin sein.