Köhler: Vor einigen Tagen, Herr Nix, haben Sie im Gespräch mit dieser unserer Sendung noch gesagt: Ich bin nicht auf Jobsuche. War Ihre Bewerbung halbherzig?
Nix: Nein, überhaupt nicht. Es war nur für mich klar, dass ich nicht alles annehme, nur damit ich meinetwegen eine exponierte Stellung habe, darum ging es mir nicht. Im Moment ist die Situation in der Tat anders, ich habe sozusagen zwei Jobs verloren, und das hat natürlich auch eine gewisse persönliche Tragik dann.
Köhler: Über diese Tragik hinaus, Herr Nix, werden Sie rechtliche Schritte einleiten?
Nix: Da habe ich mich ja auch schon zu geäußert. Ich bin nach wie vor der Auffassung, dass die Entscheidungsträger mit denen ich zu tun hatte, im wesentlichen Frau Moritz, Herr Klipper und Herr Schramma, mir gegenüber nicht nur fair gewesen sind, sondern auch relativ klar gewesen sind. Ich bin entgegen den Äußerungen eines widerwärtigen Anzeigenblattes in Kassel kein Prozesshansel, von daher trage ich mich nicht mit der Absicht im Moment.
Remme: Haben Sie mal mit anderen gesprochen? Ich meine, wenn man so die deutsche Landschaft anguckt, ist das ja keine glückliche Situation mit der Wahl von Kulturdezernenten. Ich bringe in Erinnerung, dass die Wahl in Hamburg erst nicht glücklich verlaufen ist, dann war der lange Posten verwaist, in Frankfurt ist man auch nicht gerade glücklich. Das scheint ein deutsches Dilemma zu sein oder wie sehen Sie das?
Nix: Na, das sind ja unterschiedliche Interessenlagen gewesen, der Kollege in Frankfurt war ja da umstritten wegen seiner Inhalte oder Nicht-Inhalte. Ich denke und darüber habe ich ja auch geschrieben jetzt im "Tagesspiegel" und vorher schon einmal über die Rolle von Kulturdezernenten. Sie dürfen eben keine schwachen Personen sein, die nur Alibifunktion haben. Sondern man muss darauf vertrauen und auf diese Konstellation grün-schwarz habe ich vertraut, dass da auch eine kulturelle Aufwertung stattfinden soll. Aber diese Kämpfe und Auseinandersetzungen, die existieren ja politisch nicht erst seit zwei oder drei Jahren, sondern die Kunst wird geschwächt.
Köhler: Die Kunst wird geschwächt sagen Sie. Fühlen Sie sich persönlich als Opfer einer gezielten Demontage?
Nix: Ich denke nicht. Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, sondern ich glaube erst mal daran, in gewisser Weise bin ich natürlich ein Opfer, mir haben alle Repräsentanten der CDU erklärt, dass sie hinter meinen inhaltlichen Leistungen stehen, auch meiner Biografie, alle haben mir erklärt, dass auch ein Theaterintendant provokativ sein muss, und dann in Windeseile kommt es dann zu einem Desaster. Unter dieser Voraussetzung ist man sicherlich Opfer. Wenn ich sage, in Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod, dann will ich damit sagen, man muss immer versuchen, doch noch Subjekt seiner eigenen Handlungen oder seiner Vorstellungen zu bleiben.
Köhler: Vielleicht hat man auch Ihre Ankündigung gefürchtet, dass Sie sich zu sehr der freien Szene zuwenden und zu wenig vielleicht die Hochkultur verteidigen?
Nix: Das glaube ich nicht, dann hat man möglicherweise meine Biografie nicht verfolgt. Ich habe ja gerade in den letzten zehn Jahren zwei Theater gegen Schließung oder Halbschließung oder Spartenabbau vehement verteidigt. Das war ja auch der Konflikt, den ich mit der FDP-Ministerin hatte, die ja wohl auch, wie ich gehört habe, in Köln eingegriffen hat. Denn die wollte mir das Kinder- und Jugendtheater schließen und die hatte Pläne, den Tanz unter Umständen auch hier anzugreifen. Und da habe ich ja vehement und engagiert die Hochkultur, für die stehe ich ja im Moment auch, verteidigt.
Köhler: Also sind in Köln alte hessische Rechnungen beglichen worden?
Nix: Ja natürlich, es sind auch alte hessische Rechnungen beglichen worden. Obwohl der hessische Minister Corts der CDU sehr klar hinter mir steht, weil er sagt: Wie Sie inhaltlich und künstlerisch sind, das ist mir egal, Sie sind Hauptsache ein guter Manager. Und das war ja auch ein guter Leumund und der ja auch in Köln angekommen ist. Nein, es gibt ja hier in Kassel so ein Anzeigenblatt, was seit Jahren gegen mich schon vorgeht, weil ich mal eine Initiative gegründet habe, weil die eigentlich eine menschenverachtende, ja Presse kann man gar nicht sagen, das ist eben ein Anzeigenblatt. Und die haben telefoniert, die haben vor allem mit der SPD telefoniert und sind auch jetzt noch dabei. Ich bin heute angerufen worden von der Dekanin der Fachhochschule, an der ich ja noch Lehre in Hannover, das ist ja meine Stammhochschule, die auch treu zu mir steht. Dass es selbst da Anrufe gegeben hat, ob man denn nicht überlege, ob ich denn da nicht auffliegen solle. Also das ist schon ein bisschen kriminell dann auch.
Köhler: Herr Nix, wie sieht die Zukunft aus für Sie persönlich, beruflich, privat?
Nix: Ach, ich bin in einer Hinsicht trotzdem optimistisch, weil ich viel Zuspruch bekomme, ja eigentlich wird ja auch gesehen, dass ich mit Optimismus und mit Inhalten versehen ja auch eine gute Biografie vorzuweisen habe. Meine Absicht ist schon, weiterhin auch im kulturellen Bereich zu arbeiten und mein großes Glück ist, dass ich eine gute bürgerliche Ausbildung habe und eben meine Professur noch in Hannover an der Hochschule.
Köhler: Ihre Zeit als Intendant endet 05 oder...
Nix: Die endet jetzt in zwei Wochen.
Köhler: Christoph Nix, der zunächst designierte und überraschend abgelehnte Kulturdezernent von und für Köln. Für Montag kündigt er in Kassel eine Pressekonferenz unter dem Titel an: Der Intendant rechnet ab, des Dramas zweiter Akt.
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