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Werbekampagne für "grüne Berufe"

Das jähe Ende eines noch so schönen Traumes. Jeden Morgen klingelt der Wecker von Annabell Bergmann. Immer um die gleiche Zeit. Noch ein bisschen liegen bleiben, noch einmal umdrehen. Das ist nicht drin. Sie lernt Landwirtschaft, und auf einem Bauernhof mit Tieren gibt es feste Zeiten, feste Abläufe. Da heißt es in Gang zu kommen. Die 20jährige Auszubildende arbeitet auf einem Hof, und da wohnt sie natürlich auch direkt am Arbeitsplatz.

Von Annette Eversberg | 28.10.2004
    So beginnt der Film, mit dem die Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein für die grünen Berufe wirbt. Unter diesem Begriff ist alles zusammengefasst, was es an Ausbildungsplätzen in der Landwirtschaft, den Gartenbaubetrieben, den Reiterhöfen, den Forstbetrieben, Molkereien aber auch in der Fischzucht gibt. Bundesweit kommen noch zwei weitere dazu. Dort können sich junge Leute auch in Weinbaubetrieben oder in Kornbrennereien ausbilden lassen. Längst aber kommen die jungen Menschen nicht mehr nur vom Lande. Auch bei Annabell Bergmann war das so:

    Ja, also ich war ja nicht vorbelastet, als ich hier angefangen hab. Ich hatte ja überhaupt keine Erfahrung in der Landwirtschaft. Bauer ist nicht den ganzen Tag in Gummi-Stiefeln rumlaufen und Treckerfahren. Da gehört ganz, ganz viel anderes dazu. Das denkt man immer gar nicht.

    Dennoch ist das Interesse gestiegen. Im letzten Jahr schlossen 10 Prozent mehr junge Leute einen Ausbildungsvertrag in den grünen Berufen ab. In Schleswig-Holstein arbeiten heute rund 1800 Auszubildende. Bundesweit sind es rund 38.000. Und es gibt noch offene Stellen. Zwischen 20 und 1000, je nach Bundesland. Karl-Heinz Wilke ist bei der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein für die Ausbildung zuständig:

    Wir gehen natürlich genauso wie andere Berufe in das Verbundsystem für Ausbildung. Da stecken wir alle drin. Alle Kammern haben ja einen Pakt mit der Landesregierung abgeschlossen. Der trägt, und wir haben gemeinsame Veranstaltungen. Was wir zusätzlich machen, wir haben einmal im Jahr eine große Veranstaltung bei uns in Futterkamp auf unserem Lehr- und Versuchsgut, wo unsere modernsten Einrichtungen sind. Die zeigen wir gerne.

    Und das zeigt auch der Film. Das Bild einer idyllischen Landwirtschaft ist zwar noch weithin verbreitet. Aber mit der Wirklichkeit hat das schon längst nichts mehr zu tun. Das Futter, das angebaut und an die Tiere verfüttert wird, muss mit hohen Standards produziert werden. Das gilt natürlich ebenso für die ökologischen Betriebe, in denen zwar noch mehr Handarbeit üblich ist. Aber ohne Automatisierung der Arbeitsabläufe kommen große Ökobetriebe nicht mehr aus. Deshalb ist in vielen Milchviehbetrieben der Melkstand hoch technisiert. Denn wenn täglich 1300 Kühe und 3000 Liter Milch gemolken werden, wie im Ausbildungsbetrieb von Annabell Bergmann, dann geht das nicht mehr von Hand:

    Ja, also Melken ist meine Lieblingsbeschäftigung oder Aufgabe hier. Das war, was ich vorher gar nicht kannte und nie gemacht habe vorher. Am Anfang habe ich auch nicht immer was rausgekriegt. Aber jetzt geht das schon ganz gut.

    Die junge Frau hat nicht nur schnell einen Ausbildungsplatz gefunden. Der Strukturwandel, der zum Wegfall kleiner, aber auch zur Entwicklung größerer Betriebe führt, fördert das Angebot. Die angehende Landwirtin gehört außerdem wie ihre anderen Kollegen, die Gärtner, Tierwirt, Molkereifachmann oder Forstwirt werden wollen, zu einer Gruppe, die künftig heiß umworben sein wird, betont Karl-Heinz Wilke:

    Wir werden uns in allen Berufen darauf einzurichten haben, dass der demografische Faktor uns Probleme bereiten wird, der ja nach den Hochrechnungen bei uns so in etwa ab 2007, 2010 Probleme machen wird. In den westlichen Bundesländern. In den östlichen Bundesländern sind die Einbrüche schon jetzt erkennbar. Aber die werden im Vergleich zu heute schon 2006,2007 eine Reduzierung um die Hälfte haben.

    Annabell Bergmann ist mit ihrer Arbeit zufrieden. Auch wenn der Tag so lang ist, wie in keinem anderen Beruf:
    Von um fünf bis um sechs. 13 Stunden, mit Mittagspause.