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Werbung auf Radio Vatikan

Ab dieser Woche werden Werbespots auf Radio Vatikan gesendet - und zwar nicht nur Werbung für Unternehmen mit einem religiösen Hintergrund, sondern ganz allgemeine. Der Grund für diese weltliche Entscheidung: Die Kasse ist leer.

Von Kirsten Hausen |
    "Mich nervt Werbung im Radio sehr","

    … sagt dieser junge Italiener und gibt zu, dass ihm die Lust am Radiohören dadurch vergeht. Das sind keine guten Voraussetzungen für Radio Vatikan. Am Montag geht der erste Werbespot auf Sendung; doch zunächst nur auf der römischen UKW-Frequenz "105 live", sagt Pater Federico Lombardi, der Intendant von Radio Vatikan.

    ""Wir müssen mal sehen, wie sich das entwickelt. Für uns ist das ja eine ganz neue Erfahrung. Aber unser Kanal '105 live' hat ein 24-Stunden-Programm und eine stabile Hörerschaft, die weiter wächst. Zu hören ist er über Kurzwelle in Rom und Umgebung, aber natürlich auch im Internet und über Satellit. Dieser Kanal macht ein sehr lebendiges Radioprogramm, das sich für Werbung eignet. Ich glaube nicht, dass man die Veränderung groß bemerkt."

    Auf Sendung ging "105 live" im Jubiläumsjahr 2000. Seitdem hat er sich zu einer festen Größe in der italienischen Radiolandschaft gemausert: Nachrichten, Verkehrsfunk, Musik - ganz wie bei einem kommerziellen Radiosender. Der Papst ist von dem Programm überzeugt und will die mediale Verbreitung des Evangeliums weiter vorantreiben. Mit der Öffnung für kommerzielle Reklame plant Radio Vatikan, im ersten Jahr 100 bis 200.000 Euro einzunehmen.
    "Unser erster Werbekunde ist Enel, ein Riese unter den Energieversorgern, nicht nur in Italien, sondern international. Dieses Unternehmen hat keine religiösen Ambitionen, sondern wirtschaftliche, ist aber von öffentlichem Interesse. Deshalb fügt es sich gut in unser Programm ein."

    Der Stromkonzern Enel ist an einem Imagegewinn interessiert und dem Vatikan als Sponsor bereits bekannt: Er unterstützt auch die Restaurierung der Bernini-Kolonnaden am Petersplatz. Dass er über Beteiligungen im Ausland indirekt auch den Bau und den Betrieb von Atomkraftwerken finanziert, stört Pater Lombardi nicht. Er lobt die Enel-Projekte zu erneuerbaren Energiequellen als wegweisend.

    Bei der Auswahl weiterer Werbekunden verlässt sich Radio Vatikan auf eine Agentur, die verspricht, strenge Filter anzuwenden und Firmen- wie Werbephilosophie der interessierten Unternehmen sorgfältig zu prüfen. Für kriegerische Computerspiele oder Kondome wird auf Radio Vatikan also sicher nicht geworben.

    "Das würde uns noch fehlen! Selbstverständlich achten wir darauf, wer bei uns Werbung machen darf. Die Direktion von Radio Vatikan wird über jeden potenziellen Werbekunden entscheiden und dabei im Auge behalten, wofür das Unternehmen steht. Und natürlich hören wir uns auch die fertig produzierten Spots erst an, bevor sie auf Sendung gehen."

    Trotzdem riecht das Vorhaben nach Kommerz und das gefällt nicht jedem. Unpassend findet es dieser Italiener, der sich selbst als nicht besonders religiös bezeichnet. "Die Kirche hat schon genug Geld", meint er. Jedoch scheint die Zahl der Werbespotgegner unter den nicht religiösen Hörern höher zu sein, als unter denjenigen, die sich selbst als gläubig einstufen und aktiv am Gemeindeleben teilnehmen. In der von Franziskanern und Ehrenamtlichen geführten Mailänder Mensa für Bedürftige läuft in der Küche "105 live", über das Internet.

    ""Fleischklopse mit grünen Bohnen und Butterreis gibt es heute","

    … erklärt Laura Bértoli, die seit fast 20 Jahren hier ehrenamtlich arbeitet. Sie und ihre Kollegin Sabina Delfante haben kein Problem mit kurzen Werbeeinblendungen auf ihrem Lieblingssender.