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Von Jahr zu Jahr verliert die Kartoffel Marktanteile. Dabei bietet sie als Nahrungsmittel viele Vorteile. Beim Kartoffelforum der Deutschen Gesellschaft für Ernährung an der Universität Hohenheim informierten Wissenschaftler unter anderem darüber, unter welchen Voraussetzungen auch die Kartoffelprodukte Pommes Frites und Chips ohne schlechtes Gewissen gegessen werden können.

Von Thomas Wagner |
    In diesem Fall ist das Tagungsthema selbst in der Mittagspause allgegenwärtig. Da gibt es nämlich

    "Kartoffelgratin mit Brokkoli. Erster Eindruck: gut. Das sind verschiedene Aufläufe. Kartoffelauflauf, Brokkoliauflauf, man kann sehr viele Gerichte damit machen, mit Kartoffeln."

    Wohl wahr! Die Kartoffel an sich steht ganz oben auf der Hitliste. 41 Prozent aller Beilagen, die im Jahre 2005 bundesweit auf den Tisch kamen, bestanden aus Kartoffelprodukten. Nudeln beispielsweise kamen gerade mal auf 34 Prozent. Wahr ist aber auch: Von Jahr zu Jahr verliert die Kartoffel Marktanteile, und das beschäftigt die Ernährungswissenschaftler. Astrid Wilms von der Zentralen Markt- und Preisberechnung Bonn erklärt diesen Abwärtstrend:

    "Kartoffeln muss man erst mal schälen. Dann müssen sie 20 Minuten gekocht werden. Bei Nudeln kann ich einfach die Verpackung aufreißen und in den Kochtopf tun. Und dann ist es natürlich auch die Vorratshaltung: Wenn ich mir Frischkartoffeln kaufe, kann ich sie lagern, wenn ich die entsprechenden Voraussetzungen habe. Aber die hat heute kaum noch ein Haushalt. Und Nudeln kann ich ganz einfach in der Verpackung bei Zimmertemperatur länger lagern."

    Will heißen: Vor allem Frischkartoffeln sind keine bequemen Lebensmittel. Mittlerweile entfallen nur noch 50 Prozent aller Kartoffelprodukte, die verzehrt werden, auf Frischkartoffeln. Dabei gilt die Faustregel: Je älter ein Verbraucher, desto größer der Appetit auf solche Frischkartoffeln.

    "Vor allem Kinder und Jugendliche gehören zu jenen 50 Prozent, die vor allem verarbeitete Kartoffeln bevorzugen. Wenn wir an Chips und Pommes denken, dann sind das vor allem sehr fettreiche, salzhaltige Produkte; aus ernährungsphysiologischer Sicht nicht empfehlenswert. Toll wäre es, wenn Kinder und Jugendliche die Kartoffel an sich wieder entdecken würden"

    wünscht sich Peter Grimm von der Sektion Baden-Württemberg der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Denn in der Kartoffel an sich ist vieles von dem drin, was der Mensch so braucht, weiß Dirk Schilling, Ernährungsforscher an der Universität Hohenheim:

    "Die Kartoffel ist wirklich eines der Grundnahrungsmittel, wo man alles drin hat. Es gab Versuche in den 70er Jahren, wo Leute drei Monate ausschließlich Kartoffeln bekommen haben. Und es gab keinerlei Mangelerscheinung. Das Protein ist so hochwertig, dass es reicht, dass man ganz selten dazu Fleisch oder Eier braucht. Die Stärke, die drin ist, ist so gut, dass das auch auf den Glukosehaushalt eine gute Wirkung hat. Das heißt: Der Anstieg von der Blutglukose ist nicht so hoch. Der Insulinspiegel wird dadurch viel besser vom Körper geregelt. Also insgesamt einfach nur ein hervorragendes Lebensmittel."

    Allerdings nur, wenn es als Frischkartoffel auf den Markt kommt. Bei Pommes oder Chips beschäftigen sich die Experten mit dem Problem, dass darin Acrylamid enthalten ist, eine Substanz, die im Verdacht steht, krebserregend zu sein. Mittlerweile haben die Experten allerdings Verfahren zur Herstellung weitgehend acrylamidfreier Ware entwickelt. Professor Reinhard Carle:

    "Bei der Fritten- und Chips-Herstellung haben wir durchaus akzeptable Verfahren entwickelt, beispielsweise durch Minimierung der Temperatur. Wir können die Kartoffeln so konditionieren, dass sie wenig Zucker enthalten und so wenig Asperagin, dass hinterher beim Frittiervorgang ein Minimum an Acrylamid entsteht."

    Überhaupt sind Pommes nicht gleich Pommes. Schon an der Form erkennen geübte Verbraucheraugen, welche eher gesundheitsverträglich sind und welche nicht, meint Professor Reinhard Carle:

    "Je größer die spezifische Oberfläche eines Produktes ist, umso mehr wird Fett aufgenommen. Und die im Wellenschnitt hergestellten Pommes Frites nehmen viel Fett auf. Im Extremfall sind es bis zu 50 Prozent. Hier wäre dem Verbraucher zu empfehlen, darauf zu achten, dass die Chips entfettet sind. Man kann das Fett nie vollständig entziehen. Aber ein Drittel des darin enthaltenen Fettes lässt sich heute durch physikalische Maßnahmen aus dem Produkt entfernen. Das wird im Vakuum unter Dampfdruckbehandlung partiell entfernt."
    Pommes Frites
    Pommes Frites enthalten meist viel Fett. (AP)