Archiv


Werden Rechtsverstöße still bereinigt?

Welche Sportverbände müssen demnächst Fördergelder zurückzahlen, weil sie den Anti-Doping-Code im Jahr 2008 fehlerhaft umgesetzt haben? Innenminister Thomas de Maizière hatte dem Sportausschuss für Januar Aufklärung versprochen, doch es gab nur pauschale Information - und einen fragwürdigen Bewertungskatalog für die Rückforderungen.

Von Grit Hartmann |
    Etwa 200.000 Euro will das BMI von rund 19 der 60 Verbände zurückverlangen. Diese Information sandte Innenstaatssekretär Christoph Bergner per Presseverteiler aus - und mit der speiste er in vertraulicher Runde auch die Obleute des Sportausschusses ab. Details blieben Fehlanzeige. Den Grund dafür lieferte Bergner im Deutschlandfunk:
    "Wir sind jetzt grade in schwierigen Prozessen, das Zuwendungsrecht so anzuwenden, dass wir unsere Förderung mit dem aktiven Dopingkampf der Verbände in Verbindung bringen. Da tauchen eine Menge Probleme auf."

    Die Probleme kennt das BMI seit einem Jahr. Bei den brüskierten Abgeordneten hinterließ Bergner den Eindruck, ihm gehe es um stille Bereinigung von Rechtsverstößen. Darauf deutet auch ein Bewertungskatalog des BMI, der dem Deutschlandfunk vorliegt: Unterschieden wird in einfache, mittlere und schwere Verstöße, zu ahnden mit Rückforderung von maximal 6, 13 und 20 Prozent der Fördersumme. Nur vier Vergehen gelten als schwer. Zwei davon existieren in der Praxis nicht: Erstens, dass der Code der Nationalen Anti-Doping-Agentur gar nicht umgesetzt wird und zweitens wenn auf Trainingskontrollen ganz verzichtet wird. Die zwei anderen schweren Delikte: Entweder Athleten oder ihre Betreuer sind nicht auf den Code verpflichtet. Aber für den Verband, der das bei seinem Sportdirektor versäumt haben soll, sorgt das BMI vor: Spitzenpersonal zählt nicht zwingend zu Betreuern - weshalb das als "einfacher Verstoß" durchgehen kann.

    Eine weitere Bewertung erhält ihre Brisanz dadurch, dass die meisten Sünder bei Wettkampfkontrollen auffielen. Hat ein Verband die weggelassen, ist das lediglich ein mittelschweres Vergehen. In der Nada-Statistik mit den Kontrollen der Labore fehlen fünf Verbände: Reiten, Fünfkampf, Snowboard, Taekwondo und Curling. Sie werden wohl zur Kasse gebeten. Unklar ist der Umgang mit offenkundigen Missverhältnissen. So tat nur ein Verband, was der Nada-Code bei Dopingfällen erlaubt: Strafanzeige erstatten. Und 19 von 33 Spitzenverbänden veranlassten weniger Trainingskontrollen, als sie Athleten im Testpool hatten. Das heißt im Schnitt wurde nicht einmal jeder Athlet mindestens einmal im Jahr im Training getestet.