Donnerstag, 25. April 2024

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Werften-Pleite
Deutsche Schiffbauer kämpfen gegen Pandemie-Folgen und internationale Konkurrenz

Die Insolvenz der MV-Werften-Gruppe und der mit ihr verbundenen Lloyd-Werft kommt für viele Fachleute nicht überraschend. Die deutsche Schiffsindustrie kämpft seit Jahren mit Problemen.

10.01.2022
    Die "Ovation of the Seas" auf der Ems
    Deutsche Werften haben lange Zeit große Kreuzfahrtschiffe gebaut - hier die "Ovation of the Seas", 2016 auf der Ems. Doch in Corona-Zeiten läuft dieses Geschäft eher schleppend. (picture alliance / dpa)
    Aktuell gibt es in Deutschland nach Angaben des Verbands für Schiffbau und Meerestechnik (VSM) 130 Werften. Diese bedienen einen breit gefächerten Markt: Neben dem Neubau verschiedenster Schiffe sind die Unternehmen auch mit Reparaturen und Umbauten beschäftigt. Rund 40 der Werften zählen zu den mittleren und großen Seeschiffswerften, die Hälfte davon hat sich auf den Neubau spezialisiert. Bei vielen der Unternehmen handelt es sich aber um mittelständische, familiengeführte Unternehmen.
    Die Volkswerft Stralsund aus der Luft fotografiert, aufgenommen 1976.
    Schiffbau in der Volkswerft Stralsund (imago mages / Werner Schulze)

    Finanzkrise brachte Umschwung

    Im Zuge der Finanzkrise 2008 gaben viele Werften den serienmäßigen Bau von Standardschiffen auf und begannen, sich auf eine Nischenposition in High-Tech-Segmenten zu konzentrieren. Das führte zwar dazu, dass heute in Deutschland deutlich weniger Schiffe gebaut werden. Wurden in den 1980er Jahren noch rund 200 Schiffe pro Jahr ausgeliefert, waren es 2020 weniger als 20 - diese dafür individueller und hochwertiger ausgestattet als früher.
    MV-Werften haben Insolvenzantrag gestellt
    Auch mit Blick auf die Zahl der Arbeitskräfte wird die Branche zunehmend kleiner. Innerhalb eines Jahres gingen in der Branche zuletzt rund 1.500 Arbeitsplätze verloren. Das geht aus Daten der IG Metall Küste vom Oktober vergangenen Jahres hervor. Die Aussichten der Branche seien "weiterhin durchwachsen", heißt es von der Gewerkschaft. Insgesamt rechne jeder dritte Betrieb mit einem Abbau von Arbeitsplätzen.

    Schiffbauer in Mecklenburg-Vorpommern trifft es besonders hart

    Die Corona-Pandemie macht vor allem den Werften zu schaffen, die sich auf den Bau von Kreuzfahrtschiffen spezialisiert hatten - so wie die Schiffbauer der MV-Werften in Mecklenburg-Vorpommern. Kreuzfahrten waren eine Zeitlang unter Corona-Bedingungen kaum möglich und sind auch jetzt oft schwierig - entsprechend ist die Nachfrage nach neuen Kreuzfahrtschiffen zurückgegangen. Schon im vergangenen Jahr ging die Zahl der Werftbeschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern im Vorjahresvergleich um über 23 Prozent zurück - deutschlandweit waren es im Schnitt lediglich gut 8 Prozent.
    Das für mehr als 2500 Passagiere ausgelegte Kreuzfahrtschiff MSC Magnifica befährt am 09.08.2015 den Canale di S. Marco in Richtung Stadthafen. Im Vordergrund Gondeln an der Riva degli Schiavoni.
    Corona-Fälle auf Kreuzfahrtschiffen sorgten immer wieder für Schlagzeilen. (picture alliance / dpa / Andreas Engelhardt)
    Druck macht außerdem die internationale Konkurrenz - vor allem China und Südkorea. Während das Volumen der Aufträge für die deutschen Unternehmen deutlich zurückging, konnten die Werften der beiden Länder ein kräftiges Plus an Aufträgen verbuchen.

    Bringt der Klimaschutz auch den Werften neue Impulse?

    Lichtblicke für die deutsche Schiffbauindustrie könnten laut IG Metall Küste klimafreundliche Antriebsarten sowie die Entwicklung und der Bau neuer Schiffstypen für die Offshore-Windindustrie sein. Neue Schiffsarten werden außerdem für den Transport von Wasserstoff und anderen grünen Treibstoffen benötigt. Auch der Verband für Schiffbau und Meerestechnik setzt seine Hoffnung zumindest teilweise in die Innovationsfreude der deutschen Unternehmen: Die Umstellung vom Serienschiffbau hin zum "hochkomplexen und innovativen Spezialschiffbau" sei eine "Glanzleistung der deutschen Industrie", erklärt der Verband.
    (mit Material der Nachrichtenagentur AFP)