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Werkstattservice für Bauernhöfe

In der Landwirtschaft wird das Geld im Stall verdient. Und wenn die Melkmaschine versagt oder die Fütterungsanlage streikt, muss schnelle Hilfe her. Lange Fahrten zu Werkstätten oder Wartezeiten können sich die Bauern nicht erlauben. Hier greift das Projekt eines Landmaschinen-Mechanikers aus dem Kreis Steinfurt im Münsterland. Mit seinem Werkstatt-Bulli reist er auf Anfrage von Hof zu Hof, um defekte Maschinen zu reparieren. Hedwig Lechtenberg hat den landwirtschaftlichen Dienstleister begleitet:

von: Hedwig Lechtenberg |
    In der Landwirtschaft wird das Geld im Stall verdient. Und wenn die Melkmaschine versagt oder die Fütterungsanlage streikt, muss schnelle Hilfe her. Lange Fahrten zu Werkstätten oder Wartezeiten können sich die Bauern nicht erlauben. Hier greift das Projekt eines Landmaschinen-Mechanikers aus dem Kreis Steinfurt im Münsterland. Mit seinem Werkstatt-Bulli reist er auf Anfrage von Hof zu Hof, um defekte Maschinen zu reparieren. Hedwig Lechtenberg hat den landwirtschaftlichen Dienstleister begleitet:

    Bauer Robert Vorwinkel hat Probleme mit seinem Traktor. Ausgerechnet jetzt, wo einige Erntearbeiten anstehen, springt er nicht an. Zum Glück gibt´s in seiner Nachbarschaft schnelle Hilfe. Ein Anruf und kurze Zeit später stellt Landmaschinen-Mechanikermeister Thomas Hilbt die Diagnose:

    Entweder ist die Batterie etwas schlapp auf´e Brust oder da is halt die Kabelverbindung oxydiert, dass man da erst das reinigen muss oder halt die Batterie prüfen muss, ob die halt nich mehr so intakt is wie se halt sein sollte.

    Reparaturen dieser Art gehören zu den täglichen Routinearbeiten des Landmaschinenmechanikers. Im Frühjahr und Sommer gibt´s auf den Höfen seiner Kunden besonders viel zu tun:

    Ja einige Sachen, die im Winter halt liegengeblieben sind, die kommen dann erst raus, wenn´s halt wirklich zum Tragen kommt. Und deswegen is es dann ´n bisschen stressiger. Irgendwelche elektrischen Probleme oder halt alles eigentlich. Egal, ob Schlepper oder Landmaschine, Egge oder Güllefass, Miststreuer, es fällt alles an.

    Vor gut drei Jahren hat Thomas Hilbt den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Den Hof des Vaters im münsterländischen Laer, auf dem er nach wie vor lebt, wollte er nicht übernehmen. Die Landmaschinen-Technik reizte ihn mehr. In einer Scheune richtete er seine Werkstatt ein und kaufte einen Bulli, um auf Anfrage mit Werkzeug und Materialien sofort zur Stelle zu sein. Aus der ursprünglichen Nachbarschaftshilfe hat der Bauernsohn inzwischen einen 24-Stunden-Service entwickelt:

    Klar man is halt da und so bald ein Kunde anruft, abends oder nachts oder wie auch immer, am Sonntag, is man auch da ganz klar. Weil irgendwo is man halt bemüht, dem Kunden zu helfen und man will sich ja irgendwo sein Geschäft vielleicht ´n bisschen weiter ausbauen und deswegen muss man halt schon´n bisschen Service bieten.

    Bei Bauern wie Robert Vorwinkel, mit kleineren oder mittleren Betrieben, kommt diese Dienstleistung besonders gut an. Denn in den vergangenen Jahren haben immer mehr traditionelle Landmaschinenhändler ihre Betriebe aufgegeben:

    Dadurch, dass das Händlernetz immer dünner wird, müssen wir immer weiter fahrn. Wir müssen teilweise 20/30 Kilometer fahrn, um erst mal einen Händler vor Ort zu haben.

    Und in den großen Agrartechnik-Zentren kann so manche Landmaschine älteren Datums gar nicht mehr repariert werden. Thomas Hilbt:

    Zumal is es so, dass einige Sachen vor Ort gemacht werden. Sei es Stalleinrichtungen usw., irgendwelche Reparaturen im Stall, die nachgeschweißt werden müssen. Das hat früher halt der ortsansässige Schmied gemacht. Das machen so Firmen eigentlich gar nicht mehr. Weil die haben ihr Know How, die haben ihre speziell geschulten Leute und deswegen fallen so kleinere Sachen in deren Aufgabenbereiche eigentlich gar nicht rein.

    Wenn Mechaniker Thomas Hilbt Abtrennungsgitter und Gebläserohre zusammenschweißt, den Mehlmischer oder die Entmistungsanlage repariert, können seine bäuerlichen Kunden sogar mithelfen. Robert Vorwinkel weiß das zu schätzen.

    Es wird günstiger, weil es halt schneller geht!

    Und der Stundenlohn des Mechanikers mit 29 Euro deutlich niedriger ist als in den Technik-Zentren. Mit dem Strukturwandel in den vergangenen Jahren sei diese Kundennähe mehr und mehr verloren gegangen, bedauert Jens Peter Ratschow, Leiter des Referates Landtechnik bei der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe. Für ihn ist der Service von Mechanikern wie Thomas Hilbt eine ideale Ergänzung zu den modernen Werkstatt-Zentren:

    Ja, ich halte diese Kooperation zwischen Reparaturwerkstatt – firmengebunden oder genossenschaftsgebunden – und einem freien Mechaniker für sehr vorteilhaft. Zumal es auf vielen landwirtschaftlichen Betrieben auch viele ältere Geräte gibt, die gewartet werden müssen und hier ist natürlich auch die Ersatzteilbeschaffung nicht mehr ganz so einfach. Und wenn da ein Spezialist das ist, der auch weiß, wo man diese Dinge her bekommt, ist das´n guter Service für die Landwirtschaft.

    Und der werde – trotz zunehmender Elektrotechnik auf den Höfen – auch in den kommenden Jahren noch sehr gefragt sein. Thomas Hilbt macht sich um seine Zukunft vorerst keine Sorgen:

    In Zukunft, zehn, fünfzehn Jahre, sind noch viele alte Schlepper auf den Höfen tätig und deswegen denk ich mal, dass also die nächsten zehn bis 15 Jahre noch genug Arbeit da sein wird und da muss man halt schauen, dass man sich irgendwo spezialisiert. Vielleicht auf Oldtimer-Restauration, irgendwie sowas und dann mal kucken, was kommt.