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Wermutstropfen zum Anfang

In Deutschland liegt der Numerus Clausus für Medizin bei 1,0 und inzwischen 10 Semestern Wartezeit. Viele deutsche Medizinstudenten bewerben sich deshalb auch im Ausland. Am vergangenen Montag hat ein bisher einzigartiges Modell in Europa seine Türen öffnete: die private Asklepios Medical School in Hamburg. In der Dependance der ungarischen Semmelweis-Universität wollen zunächst 10 Medizinstudenten ihre klinische Ausbildung absolvieren.

Von Christiane Glas |
    "Wie sich Numerus-Clausus-Flüchtlinge Studienplätze in Deutschland kaufen. Hier wird Studieren zur Luxussache - schon rein finanziell. Eine Budapester Hochschule bildet Mediziner aus, die an deutschen Unis null Chance haben. Das Studium beginnt in Budapest - und geht in Hamburg weiter. Der kuriose Studiengang kostet, festhalten: 80.000 Euro Gebühren."

    Nach Berichten wie diesem wollte keiner der Studierenden mehr mit Journalisten sprechen. Ein unnötiger Wermutstropfen gleich am Anfang, bedauert der Geschäftsführer der Asklepios Medical School Jörg Weidenhammer:

    "Sie waren von den Überschriften gekränkt. Sie sind keine NC-Flüchtlinge. Das sind ja immerhin Studierende, die die Auswahl in Budapest überstanden haben als erstes. Zweitens wenn man auf die Abiturnoten schaut, sind das alles Leute die liegen alle zwischen 1,5 und 2,5. Das ist in meinen Augen immer noch ein gutes Abitur."

    Auch Tage später gingen die Anfeindungen, vor allem im Internet, weiter:

    "Sie sind namentlich genannt worden, es waren Bilder von den Studierenden im Internet. Das Internet kann man gut ausforschen. Man kommt auf die entsprechenden Anschriften dann der entsprechenden Personen. Und sie sind einfach konkret angemailt worden. Blogs hat`s jede Menge gegeben, klar. Bedeutender ist, dass dann jemand identifiziert ist und richtig angemailt wird. Und das ist eben im Internet auch relativ gut verfüglich."

    Jörg Weidenhammer hofft, dass jetzt Ruhe einkehrt und die Studierenden konzentriert ihre Vorlesungen und Praxisübungen wahrnehmen können. Bisher gab es Viele, die nach dem Grundstudium in Ungarn abbrechen mussten, weil sie in Deutschland im Anschluss keinen Platz für die klinische Ausbildung fanden. Ihnen bietet die ungarische Dependence in Hamburg neue Perspektiven. Erst am 23. September ist an der Asklepios Medical School Annahmeschluss, bis zu 42 Plätze in der praktischen Ausbildung könnten hier besetzt werden. Die Studierenden, die jetzt hier beginnen, haben bereits zwei intensive theoretische Jahre hinter sich. Für eine Zulassung an der Semmelweis-Universität in Budapest wird nicht nur auf die Abiturnote geschaut, sondern auf das gesamte Zeugnis:

    "Budapest sagt: wir wollen gerne haben, dass diejenigen studieren können, die in den naturwissenschaftlichen Fächern gut sind. Und zum zweiten möchten wir sicher haben, dass diejenigen, die bei uns studieren auch hinterher Medizin betreiben wollen."

    In persönlichen Gesprächen und Tests werden vor allem individuelle Eignung, Studierfähigkeit und soziale Kompetenz überprüft. Dafür müssen die angehenden Mediziner hier über 11.000 Euro pro Jahr hinblättern:

    "Es wird in Budapest streng geprüft. Es ist zwar ein Studium, an dem eine hohe Studiengebühren fällig ist. Aber es ist auch eine excellente Ausbildung. Und die Auslese, die da entsteht, wird ja von allen anderen Universitätskliniken in Deutschland geschätzt."

    Eine elitäre Auslese, die sich bessere Ausbildungsbedingungen erkauft, lauten die Vorwürfe der Kritiker. Bei so hohen Studiengebühren können die Studierenden auch gute Lehr-Qualität verlangen, entgegnet Jörg Weidenhammer. Wie zum Beispiel den guten Kontakt der privaten Asklepios Medical School zu niedergelassenen Ärzten in Hamburg:

    "Dass heißt, wenn die Studierenden früh in die wirkliche Praxis rausgehen wollen, können sie das machen. Es ist eben bei uns sozusagen ein eingebautes Element im Studium, das regelhaft vorhanden ist, wo wir sagen können, jetzt ist es da, wenn ihr`s nehmen wollt, könnt ihr`s ergreifen. Das ist bei größeren Studierendenzahlen dann schon auch ein richtiges Problem."

    Deutscher Studiengang-ungarischer Abschluss: In der Hochschulszene gibt es Befürchtungen, dass das Budapester Zweigstellen-Modell in Hamburg Nachahmer an anderen europäischen Universitäten findet und die Qualität des Studiums leiden könnte. Eine Angst, die Jörg Weidenhammer nicht teilt, denn der Wissenschaftsrat akzeptiert die Studienleistungen der Semmelweis-Absolventen als vollwertig und einzelne Leistungsnachweise seien gleichwertig:

    "So dass diejenigen, die in Ungarn meinetwegen einen Schein für Anatomie machen oder einen schein für innere Medizin machen, mit diesem Einzelschein sogar zu einem Landesprüfungsamt in Deutschland gehen könnten und das wird voll anerkannt. Das heißt wir sind in der Hinsicht nicht nur EU-weit, sondern insbesondere in Deutschland ohne Probleme."

    Nur der Doktor-Titel wird ein bisschen anders aussehen: nicht Dr. med., sondern "Dr. med Semmelweis Universität", denn in Ungarn ausgebildete Ärzte müssen in vielen deutschen Bundesländern ihre Alma Mater im Namen führen.