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West Ham schlägt Tottenham - in Sachen Olympiastadion

West Ham wird das 600 Millionen Euro teure Olympiastadion nach den Londoner Spielen 2012 bekommen. Das wurde in der vergangenen Woche bekannt gegeben. Viele Stadien sind inzwischen reine Fußball-Arenen, in denen die Leichtathletik keinen Platz mehr hat. Auch bei dieser Entscheidung ging es darum, ob nach 2012 dort nur noch Fußball gespielt werden kann oder mehr.

Von Jochen Spengler |
    Seit Monaten schon erhitzt der Stadionstreit die Gemüter; beworben haben sich zwei traditionsreiche Fußballklubs: Tottenham Hotspurs, die derzeit im oberen Drittel der Premiere League um Punkte kämpfen und rund zehn Kilometer nordwestlich des Queen Elizabeth Olympic Parcs beheimatet sind. Auf der anderen Seite West Ham United, das derzeit am Tabellenende herumkrebst und dessen Heimatstadion sich in Upton Park befindet, knapp drei Kilometer östlich des Olympiaviertels.

    Baroness Ford, die Vorsitzende des 14-köpfigen Vorstands der Olympic Parc Legacy Company gab vorgestern das Ergebnis des Wettstreits bekannt:

    "Wir haben eine einstimmige Empfehlung getroffen, West Ham United in dem Londoner Bezirk Newham als Langzeit-Mieter für das Olympiastadion auszuwählen. Wir sind zuversichtlich, dass dies die allerbeste Zukunft für das Stadion verspricht, es ist großartig für die Gemeinden in Ost-London und für die Londoner, es sind sehr gute Nachrichten für die britischen Steuerzahler und wir glauben, dass diese Empfehlung ebenfalls ein sehr gutes Resultat für den Sport ist."

    Naturgemäß sieht das der unterlegene Klub anders. Lord Sugar, früherer Chef bei Tottenham prophezeite den finanziellen Bankrott des West Ham-Konzepts und ärgerte sich, dass schon am Vortag die Entscheidung zugunsten West Hams an die Öffentlichkeit gelangt war:

    "Ich bin auch empört wegen der Tatsache, dass es hier undichte Stellen gegeben hat, obwohl der Vorstand so getan hat, als ob noch keine Entscheidung gefallen wäre ... Das ist überhaupt nicht gut gehandhabt worden."

    Die Olympische Park Gesellschaft hatte mehrere Kriterien der Entscheidung zugrunde gelegt: es sollte eine verlässliche, langfristige, finanziell solide und rasch umsetzbare Lösung erreicht werden, die das Stadion als Symbol erhält und in ihm eine flexible Nutzung für die umliegenden Kommunen und Schulen ermöglicht.

    Damit fiel Tottenham durchs Raster, denn es hatte vorgeschlagen, das Olympiastadion vollständig abzureißen, an derselben Stelle eine reine Fußballarena zu errichten und als Ausgleich das Crystal Palace Athletics Stadium in Londons Süden für die Leichtathletik ausbauen zu wollen.

    West Ham hatte dagegen versprochen trotz des Rückbaus von 80.000 auf 60.000 Zuschauerplätzen das Stadion als Fußball, Cricket- und Leichtathletikarena nutzen zu wollen und insbesondere die 400-Meter-Laufbahn zu erhalten:

    "Also meiner Meinung nach war West Ham die ganze Zeit der einzige Kandidat, weil er als einziger der alle Kriterien erfüllt hat"
    sagt Olympia-Silbermedaillengewinner Steve Backley:

    "Das Hauptkriterium war die Verpflichtung gegenüber der Leichtathletik. Das ging damit los, dass man das Stadion gebaut hat, um den Zuschlag für 2012 zu bekommen. Und die Laufbahn zu erhalten, war ein integrierter Teil der Bewerbung. Ich halte es für die richtige Entscheidung."

    Auch andere Sportler und Sportorganisationen wie die Britische Olympische Vereinigung begrüßten das Votum, dass, darauf wies Baroness Ford ausdrücklich hin, nicht bindend ist:

    "Dies ist keine endgültige Entscheidung. Das ist unsere Empfehlung an den Bürgermeister von London und an die Politik, wer unserer Ansicht nach, der bevorzugte Bieter sein sollte."

    In den nächsten Tagen wird Bürgermeister Boris Johnson befinden und solange wird Tottenham noch versuchen, das Blatt zu wenden. Dass dies gelingen könnte, gilt als extrem unwahrscheinlich.

    Der Umbau wird mehr als 110 Millionen Euro kosten, eine Summe, die West Ham United anscheinend verkraften kann, da der Verein rund 40 Millionen als Zuschuss von der Olympia-Gesellschaft erhalten wird. Natürlich wäre es noch beruhigender, wenn der Fußballklub einen Abstieg aus der Premier League vermeiden könnte.