Filme prägen das Gedächtnis der Generationen. Wer gestern abend im Londoner Gielgud Theatre die Harry-Potter-Filme nicht kannte, erinnerte sich auf jeden Fall an die Peter-Shaffer-Verfilmung von 1977. Richard Burton und Peter Firth in den Hauptrollen traten damals den Beweis an, dass der knapp dreistündige Equus-Dialog zu den wichtigsten Theaterwerken der Nachkriegszeit zu zählen hat. Die Verrohung der Jugendlichen durch die Medien, die Hilflosigkeit von Kindern, sich in der Wirklichkeit zurecht zu finden, die Flucht in Religion und Mystik - Shaffers Themen sind so geschickt verpackt, dass der Inhalt des Werkes nichts an Aktualität verloren hat.
Im Gegensatz zu den Diskussionen um dieses Stück überrascht die Komplexität noch immer: Entschlackt von den detailreichen Regieanweisungen des Autors präsentiert sich die Rundbühne des Gielgud Theatres als intime Kammerbühne. Umgeben von Säulen, hinter denen sich die Pferdeboxen verbergen. Graue Quader dienen zum Sitzen und Liegen in diesem Wohnzimmer, Heuboden, dieser Sattelkammer, in diesem Behandlungszimmer einer psychiatrischen Praxis. Die Plattform, auf der verhandelt wird, was einen Jugendlichen dazu treibt, Pferden das Augenlicht zu nehmen. Sich unter diesen Tieren einen Gott namens Equus zu suchen und diesen schließlich zu blenden.
Shaffer lässt den anfangs desinteressierten Psychiater den naheliegendsten Weg der Erklärung wählen: Im Kreuzfeuer einer religiös fanatischen Mutter und eines kommunikationsgestörten Vaters entscheidet sich der Sohn für seine eigene Welt. Eine Welt der Fetische, der Pferde. Mit der ihn mehr verbindet als bloße Zuneigung. Ein Drahtseilakt zwischen Besessenheit und Tierliebe. Da hier auf der Bühne kein bloßer Fall von Sodomie verhandelt wird, stellt sich dem Zuschauer eine ganz andere Frage - die nach dem Ursprung von Religionen. Eine Frage, die auch den Psychiater an seine Grenzen führt.
Peter Shaffers Werk Equus jetzt wieder auf die Bühne zu bringen mag einem bestimmten Zyklus des Londoner West End gehorcht haben, für ein Theater, das üblicherweise von massenkompatiblen Musicals bespielt wird, zeigt es sich derzeit ungewohnt ambitioniert.
Aktualisiert für eine Zeit der Computer, transportablen Videogeräten und Playgames rückt die Equus-Neuinszenierung von Regisseurin Thea Sharrock die alte Suche nach Mystik in den Mittelpunkt. Ohne am Ende eine endgültige Lösung bereit zu halten. Ihre stilisierten Pferdedarsteller lässt sie in zauberhaften Choreografien um die Bühne kreisen.
Richard Griffith, Darsteller des behäbigen Psychiaters Martin Dysart, verkörpert mit seinem enormen Bauchumfang einen abgeklärten Profi, dem im Laufe des Abends die jämmerliche Beziehung zur eigenen Ehefrau klar wird, womit er die Lacher aus dem Publikum für sich hat. Im Gegensatz zu den Eltern, allzu blass dargestellt von Jonathan Cullen und Gabrielle Reidy.
Man kann es als Epidemie belächeln, wie die Washington Post es vergangenen Sommer unter dem Titel, "Hollywood infiziert den Broadway" tat. Sie alle haben sich daran versucht: Kevin Spacey, Julia Roberts, Denzel Washington, Cate Blanchett - die wenigsten Filmschauspieler konnten bislang auf der Bühne überzeugen.
Den 17-jährigen Schauspieler Daniel Radcliffe als Alan Strang zu besetzen, schadet dem Werk hingegen nicht, auch wenn im Vorfeld der Inszenierung britische Boulevardmedien den Hauptdarsteller hämisch mit "Harry Bottom" titulierten, was einerseits das Hinterteil andererseits den Tiefpunkt meinen kann.
Die Rolle des zoophilen Alan auszufüllen heißt nicht viel: Der in Aversion zu seiner Umwelt gefangene Jugendliche entkommt erst dann den hysterischen Anfällen nachdem er nackt vor dem Gott Equus gestanden und ihn symbolisch vernichtet hat. Ein Kassenknüller, der auch heute wieder zieht, derweil sich der Guardian fragt, was heute noch so schockierend an Nacktheit auf der Bühne ist, 33 Jahre nach Erscheinen des Stücks.
Mehr Infos unter www.equustheplay.com
weitere Aufführungen täglich 19.30 Uhr bis Mitte Juni, ab 7. März Mittwoch & Samstag 14.30 Uhr
Im Gegensatz zu den Diskussionen um dieses Stück überrascht die Komplexität noch immer: Entschlackt von den detailreichen Regieanweisungen des Autors präsentiert sich die Rundbühne des Gielgud Theatres als intime Kammerbühne. Umgeben von Säulen, hinter denen sich die Pferdeboxen verbergen. Graue Quader dienen zum Sitzen und Liegen in diesem Wohnzimmer, Heuboden, dieser Sattelkammer, in diesem Behandlungszimmer einer psychiatrischen Praxis. Die Plattform, auf der verhandelt wird, was einen Jugendlichen dazu treibt, Pferden das Augenlicht zu nehmen. Sich unter diesen Tieren einen Gott namens Equus zu suchen und diesen schließlich zu blenden.
Shaffer lässt den anfangs desinteressierten Psychiater den naheliegendsten Weg der Erklärung wählen: Im Kreuzfeuer einer religiös fanatischen Mutter und eines kommunikationsgestörten Vaters entscheidet sich der Sohn für seine eigene Welt. Eine Welt der Fetische, der Pferde. Mit der ihn mehr verbindet als bloße Zuneigung. Ein Drahtseilakt zwischen Besessenheit und Tierliebe. Da hier auf der Bühne kein bloßer Fall von Sodomie verhandelt wird, stellt sich dem Zuschauer eine ganz andere Frage - die nach dem Ursprung von Religionen. Eine Frage, die auch den Psychiater an seine Grenzen führt.
Peter Shaffers Werk Equus jetzt wieder auf die Bühne zu bringen mag einem bestimmten Zyklus des Londoner West End gehorcht haben, für ein Theater, das üblicherweise von massenkompatiblen Musicals bespielt wird, zeigt es sich derzeit ungewohnt ambitioniert.
Aktualisiert für eine Zeit der Computer, transportablen Videogeräten und Playgames rückt die Equus-Neuinszenierung von Regisseurin Thea Sharrock die alte Suche nach Mystik in den Mittelpunkt. Ohne am Ende eine endgültige Lösung bereit zu halten. Ihre stilisierten Pferdedarsteller lässt sie in zauberhaften Choreografien um die Bühne kreisen.
Richard Griffith, Darsteller des behäbigen Psychiaters Martin Dysart, verkörpert mit seinem enormen Bauchumfang einen abgeklärten Profi, dem im Laufe des Abends die jämmerliche Beziehung zur eigenen Ehefrau klar wird, womit er die Lacher aus dem Publikum für sich hat. Im Gegensatz zu den Eltern, allzu blass dargestellt von Jonathan Cullen und Gabrielle Reidy.
Man kann es als Epidemie belächeln, wie die Washington Post es vergangenen Sommer unter dem Titel, "Hollywood infiziert den Broadway" tat. Sie alle haben sich daran versucht: Kevin Spacey, Julia Roberts, Denzel Washington, Cate Blanchett - die wenigsten Filmschauspieler konnten bislang auf der Bühne überzeugen.
Den 17-jährigen Schauspieler Daniel Radcliffe als Alan Strang zu besetzen, schadet dem Werk hingegen nicht, auch wenn im Vorfeld der Inszenierung britische Boulevardmedien den Hauptdarsteller hämisch mit "Harry Bottom" titulierten, was einerseits das Hinterteil andererseits den Tiefpunkt meinen kann.
Die Rolle des zoophilen Alan auszufüllen heißt nicht viel: Der in Aversion zu seiner Umwelt gefangene Jugendliche entkommt erst dann den hysterischen Anfällen nachdem er nackt vor dem Gott Equus gestanden und ihn symbolisch vernichtet hat. Ein Kassenknüller, der auch heute wieder zieht, derweil sich der Guardian fragt, was heute noch so schockierend an Nacktheit auf der Bühne ist, 33 Jahre nach Erscheinen des Stücks.
Mehr Infos unter www.equustheplay.com
weitere Aufführungen täglich 19.30 Uhr bis Mitte Juni, ab 7. März Mittwoch & Samstag 14.30 Uhr