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Western in Ostdeutschland

Den einen reicht ein Besuch im Karl-May-Museum in Radebeul. Andere verbringen ihre Freizeit im sächsischen Lößnitzgrund in einer nachgebauten Goldgräberstadt. Und dann gibt es auch noch jene Indianerfans, die fernab aller Wild-West-Romantik sich ernsthaft mit der Kultur der Ureinwohner Amerikas befassen.

Von Tamara Hölscher |
    "Ich mag ganz doll Winnetou, weil der ist auch ähm, der ist so heldenartig und bei meiner Oma sind wir auch öfters zu Winnetou gegangen und zu den Karl-May-Spielen und so."

    Na klar, im Karl-May-Museum in Radebeul trifft man sie, die großen und kleinen Winnetou-Fans. Sven schaut sich mit seinen zwei älteren Schwestern in der Blockhütte "Villa Bärenfett" um. In den Räumen leuchtet nur schummriges Licht, um die Exponate zu schützen. Lebensgroße Indianerfiguren in bunt bestickten Gewändern und mit ausladendem Kopfschmuck stehen in den großen Ausstellungsvitrinen. Eine Pracht aus Leder, Tierfellen, Perlen und Vogelfedern. Hier in Radebeul, nur zehn Kilometer vor den Toren Dresdens, befindet sich eine der bedeutendsten Sammlungen nordamerikanischer Indianer-Exponate außerhalb der USA. Darauf ist René Wagner, der Direktor des Museums, mächtig stolz.

    "Diese Konzentration auf nordamerikanische Indianer und ausschließlich, das ist hier unser Markenzeichen."

    Auf seinem Kopf trägt der Museumsdirektor einen klassischen Cowboyhut, einen schwarzen Stetson, breitkrempig und aus Filz. Um den Hals eine rote Lincoln-Schleife. Als Marshall bewegt er sich über das Museumsgelände. Sein grauer Schnäuzer und der Sherif-Stern - das Erkennungszeichen aller Museumsmitarbeiter - vervollständigen sein Outfit perfekt. Seit über 25 Jahren ist René Wagner Direktor des Museums. Besonders wichtig in all der Zeit war ihm immer, den Spagat zwischen Romantik und Realität zu schaffen: Nicht nur Verklären, sondern auch die Kultur der Indianer wissenschaftlich darstellen.

    "Das Blockhaus strahlt so etwas aus, also das ist so die deutsche Vorstellung vom Wilden Westen, so'n bisschen romantisierend. So war er nie – also von wegen, dass dann abends alle am Lagerfeuer saßen und dann Gitarre gespielt haben und romantische Lieder gesungen haben - das wird's sicher auch gegeben haben, aber es war ein hartes Leben, das war ein Kampf ums Überleben. Sowohl von den weißen Einwanderern als auch von den Indianern. Die Romantik findet eigentlich nur in unserem Kopf statt, am warme Ofen, wenn man dann so einen Karl-May-Band in der Hand hat und dann sich verführen lässt und entführen lässt in ferne Welten."

    Zu DDR-Zeiten war die Flucht in ferne Welten allerdings gar nicht so einfach. Während in den sechziger Jahren im Westen durch die Karl-May-Filme ein wahrer Karl-May-Boom einsetzte, behielt die DDR ihre ablehnende Haltung gegenüber dem Schriftsteller bei. Karl-May-Bücher waren zwar nicht verboten, aber auch nicht erlaubt.

    "Und selbst die Oma im anderen Teil Deutschlands, wenn die was geschickt hat, wurde ja alles rausgenommen, wenn sie erwischt wurden, also wenn das Paket kontrolliert worden ist. Aber trotzdem hab ich's in der DDR-Zeit geschafft, mehr als 50 zu lesen und dann natürlich später die anderen nachgeholt."

    Es dauerte noch bis in die achtziger Jahre hinein, erst dann durften die Bücher des sächsischen Schriftstellers wieder auf dem Markt erscheinen und seine Filme im DDR-Fernsehen laufen. Zu der Zeit wurde das ehemalige Wohnhaus Karl Mays, die "Villa Shatterhand", in ein Museum umgestaltet. Bis dahin beherbergte das Anwesen im Stile der Neorenaissance unterschiedliche Bewohner: Menschen, die im ausgebombten Dresden ihre Wohnung verloren hatten und später auch Kinder, die in der Villa Shatterhand einen Kinderhort besuchten.

    "Anfang der achtziger Jahre, 1982, wurde dann dieses Museum eingerichtet und am 9. Februar 1985 eröffnet. Sie können sich nicht vorstellen, was damals los war. Also in Dreierreihen etwa, naja, zwo-, dreihundert Meter lange Schlangen. Es war Nachholbedarf ohne Ende, nich? Es war wie ausgehungert zu sein und plötzlich was zu essen zu bekommen."

    Nach dem Fall der Mauer ließ der Indianer-Hype erst einmal nach - neue Möglichkeiten eröffneten sich für die Bewohner der damaligen DDR: Es musste nicht gleich die große Amerikareise sein, vielen reichten schon Ausflüge in die lange verschlossenen Gebiete Westdeutschlands. Auch wenn der Besucherandrang etwas nachgelassen hat und es keine 50 Indianer-Klubs mehr in Radebeul und Umgebung gibt, einige haben sich gehalten und sind bis heute aktiv: Nicht nur zum jährlichen Karl-May-Fest im Lößnitzgrund bei Radebeul treffen sie zusammen.

    Durch den Lößnitzgrund, einem bis zu 50 Meter tiefen Sohlental, schlängelt sich der Lößnitzbach, ein Nebenfluss der Elbe. An seinem Ufer dampft schon seit 1884 eine Schmalspurbahn entlang. Von der Karl-May-Stadt Radebeul, über die Gemeinde Moritzburg mit seinem barocken Jagdschloss, bis nach Radeburg, der Geburtsstadt des Grafikers und Malers Heinrich Zille. Schwarz-rote Dampflokomotiven ziehen dunkelgrüne Waggons hinter sich her. Und nicht nur von außen erinnert alles an Großmutters Zeiten. Auch im Innern warten die Wägen mit Holzbänken und verschlungenen Gepäcknetzen auf. Auf der überdachten Außenplattform weht einem der Rauch der Dampflokomotive ins Gesicht – nostalgisch zuckelt die Bahn durch die Wälder des Lößnitzgrunds.

    Einmal im Jahr haben Indianer- und Westernfreunde das kleine Tal unter ihrer Kontrolle. Von überallher dringen dann Gewehrschüsse und Musik, es riecht nach Holzkohle und Lagerfeuer.

    Einige der Hobbyisten halten aber auch das ganze Jahr über die Stellung im Lößnitzgrund. Achim Bunde ist einer von Ihnen. Seine langen gelockten Haare hat er zu einem Pferdeschwanz gebunden, über dem weißen Hemd trägt er eine schwarze Lederweste. Er verkörpert den deutschen Auswanderer in Nordamerika. Gemeinsam mit einigen Freunden hat er eine Westernstadt gegründet, nach dem Vorbild einer ursprünglichen Goldsucherstadt. Jeder hier hat seine Rolle, vom Sheriff, über den Saloon-Betreiber, bis hin zum Totengräber. Als Schauspieler bezeichnen sich die circa 40 Mitglieder der Loe River Company, dem dazugehörigen Verein, dennoch nicht.

    "Die Schauspieler spielen ne Rolle, wir leben das eigentlich. Wir machen hier unser Tor zu oder machen das Tor auf, treten in ne ganz andere Welt, leben uns hier aus, können hier entspannen, wie eben schon eigentlich in der Kindheit, wenn wir dann durch die Wälder sind, dort Lagerfeuer gemacht haben und so was alles. Also so ein bisschen - ich sag das immer - die "Draußen-Kinder", was eigentlich den Kindern heute immer mehr fehlt."

    Achim Bunde, oder Hank, wie er hier im Fort Henry genannt wird, investiert seine komplette Freizeit in die Westernstadt. Auch seine Urlaube verbringt er mit seiner Familie hier.

    "Ohne diese elektronischen Spielzeuge, die man so braucht. Wir haben einen transportablen Lehmbackofen, so wie vor tausend Jahren, wo wirklich nur mit Holz angeheizt wird und dann werden eben dort so kleine Teilchen, Brotteilchen dort gebacken. Hier leben wir also wie vor 100 Jahren, wie wir uns das halt so vorstellen. Also unsere Schmiede, da gibt's keinen Strom, wir haben also auch noch ne ordentliche Tischlerbank in der Tischlerei, die Sattlernähmaschine wird mit Fuß angetrieben. Also dort verzichten wir natürlich, soweit wie es unter heutigen Bedingungen geht, auf den Segen der Modernheit."

    Auf jedweden Komfort möchte die Loe River Company dann aber doch nicht verzichten schmunzelt Achim Bunde: Im Fort Henry gibt es fließendes Wasser und sogar einen 6000er DSL-Anschluss.

    "Um halt mit der Zeit zu gehen. Das haben wir aus der Zukunft mit in unsere Vergangenheit mitgenommen."

    Die Holzhütten des Fort Henry mit ihren urigen Veranden stehen auf sandig-lehmigem Boden. Der Sheriff wippt in seinem Schaukelstuhl, zwischen den Beinen ein Gewehr. Neben ihm ein kleines Gefängnis - noch ist es leer. Irgendwo ist ein Grab ausgehoben - denn hier gibt es immer jemanden, der bei einem Raub oder einer Schießerei ums Leben kommt. Aber auch freudige Ereignisse wurden hier schon gefeiert.

    "Es war ne Western-Hochzeit. Obwohl wir als Städter gekleidet waren. Mit Zylinder, Ausgehrock, und sie im Reifrock." - "Die Gäste, den haben wir's freigestellt, weil die Verwandtschaft sich ziemlich gegruselt hatte, ob sie jetzt alle in so Kleider müssen - wir sind ja nicht mehr ganz jung und dann haben wir gesagt, es kann jeder kommen, wie er möchte - der Scherz war: bloß kein Hawaiihemd."

    Vor gut einem Jahr haben Angelika und Alexander aus Mannheim hier geheiratet. Sie im ausladenden tiefroten Taftrock mit rosenbestickter Korsage, er im grauen Gehrock mit bordeauxroter Weste, schwarzem Stock und weißen Handschuhen. Ihre westernbegeisterten Freunde und Bekannte hatten sich einiges einfallen lassen, um ihnen einen standesgemäßen Tag zu bereiten: Kutsche, Salutschießen, Hochzeitstauben und am Abend in Hanks Saloon tanzen bis in die frühen Morgenstunden. Höhepunkt für beide war die indianische Trauung, die ein befreundeter Indianer extra für sie durchführte.

    "Ich musste ne Pfeife, ein Pfeifenkopf besorgen. Weil der Mann eigentlich dafür zuständig ist, der muss dann in die Berge, sich Stein brechen und dann einen Pfeifenkopf basteln." - "Du hast ihn gekauft." - "Die hab ich gekauft und hab sie aber nachpoliert und Muster frisch nachgezogen und so weiter. Und die Frau ist zuständig für..." - "Ja, ich musste den Pfeifenstil, den haben wir ebenfalls gekauft, den musste ich verschönern, möglichst indianisch. Und da ich eben sehr viele Freunde unter den südamerikanischen Indianern habe, hab ich meine Adresskärtchen von den Leuten, die ich hier kannte, dann durchgearbeitet und hab die dann angerufen, nach bestimmten Perlen, und das hat auch ganz gut geklappt. Da hab ich auch sehr viele Tipps und Hilfe bekommen. Federn hab ich mir selber gesucht, wir haben zwei große Parks in der Nähe. Und da hab ich eigentlich fast alle Federn bekommen, die ich wollte. Nur der Rabe, der regelmäßig kam, der hat mir keine da gelassen. Aber ich hatte jede Menge Federn, so schöne."

    Am Tag der Zeremonie wird die Pfeife zu einer Einheit zusammengefügt, als Zeichen der Ehe. Daraufhin nimmt die Frau den Mann unter ihre Decke. Glücklicherweise besaß die gebürtige Schwarzwälderin eine indianische Decke; eine Freundin hatte sie ihr vor Jahren aus Texas mitgebracht.

    "Und dann waren wir bildlich unter einer Decke." - "Und die indianische Scheidung geht auch ganz einfach, weil die Frau setzt den Mann einfach vor die Tür." - "...und muss die Pfeife auseinanderziehen" - "Ja genau, den Pfeifenkopf darf ich behalten, muss aber dann von dannen ziehen. Aber das haben wir eigentlich nicht vor."

    Zwischen Hobby-Indianern und Menschen, die sich intensiver mit dem indianischen Leben auseinandersetzen, gibt es gerne auch einmal Differenzen. Viele beschäftigen sich mit der Frage, inwieweit man sich die andere Kultur zu eigen machen darf. Auch Jörg Diecke gehört zu ihnen. Für ihn ist eine ernsthafte Beschäftigung mit der anderen Kultur unerlässlich.

    "Es ist von Vorteil, wenn man versucht sich auf einen Stamm zu konzentrieren, weil wenn man über dieses Kleidungsbauen hinaus, also über die Äußerlichkeit hinausgeht, muss man ja das Leben, die ganze Vielfalt erkennen und da reicht manchmal ein Menschenleben nicht aus. Also ich muss wissen, wie ham die gelebt, wovon ham die sich ernährt, welche Pflanzen kamen dort vor, und, und, und, und, und. Welche Lieder ham die gesungen, welche Mythen gibt es - und da reicht manchmal ein Leben nicht aus."

    Jörg Diecke hat sich der Kultur der Apsarokee verschrieben. Sie werden häufig auch Crow-Indianer genannt; Crow, wie das englische Wort für Krähe. Wichtigste Nahrungsquelle der Crow-Indianer war lange Zeit der Bison. Und so hat Jörg Diecke in Grimma, zwischen Dresden und Leipzig, seine eigene kleine Bison-Farm aufgebaut. Die Tiere geben ihm die Möglichkeit, sich noch intensiver mit der Kultur des Crow-Stammes auseinanderzusetzen. Auch Pferde gehören zu seinem Hof. Jetzt stehen auf der Koppel allerdings statt der Pferde ein Dutzend weißer Tipis. Sie dienen den Indianistik-Fans als Schlafstätte, wenn sie einmal auswärts übernachten. So wie an diesem Wochenende, wo auf Jörg Dieckes Gehöft ein Powwow vorbereitet wird; ein indianisches Tanzfest. Für diesen besonderen Anlass hat er sich Indianer-Kleidung angezogen.

    "Fangen wir mal bei den Füßen an, an den Füßen die Mokassins, die aber hier wirklich aus Hirschleder sind, bestickt mit Perlen im Stil der Crow-Indianer, das erkennt man dann anhand des Musters, die Sanduhr ist dort sehr häufig. An den Beinen Stoffle-Jeans, aus Tuch, aus gutem Tuch, auch wieder mit Stoffapplikationen und Perlen verziert. Hemd trag ich ein normales Hemd, was die Indianer auch sehr gern eingetauscht haben, weil eben so ein Hemd war waschbar, war wärmer, war farbenfreudiger. Na gut, des ist jetzt gerade schwarz. Und geschmückt noch mit einem Necklace, ein Brustschmuck im Stil der Crow-Indianer und eben einer Mütze mit Adlerfeder aus Otterfell. Wurde eben von männlichen Indianern so vor 150 Jahren getragen."

    Jörg Diecke gesteht, dass er sich eigentlich lieber in seiner eigenen Kleidung bewegt. Aber auch die anderen Tänzer und Indianistik-Freunde haben sich in ihre selbst gebauten Indianer-Kleider geworfen. Sie sitzen und stehen unter einem offenen Zelt im Kreis und lassen sich einen neuen Tanz erklären, der beim Powwow aufgeführt werden soll.

    "Ich muss noch was dazu sagen. Dieser Double-Beat - zumindest wenn die Männer tanzen - stellt es Folgendes dar: Und zwar ist es wie beim Chicken, der Balztanz des Präriehuhns, der dargestellt wird. Die Indianer sagen, das ist ihre Art die Schöpfung oder den Schöpfer zu ehren; ihre Art sich auszudrücken und ihm Dank zu erweisen, wenn sie tanzen wie die Vögel."

    In der Mitte der Tanzenden brennt ein Lagerfeuer. Es riecht nach verbranntem Holz und Asche. Jörg Diecke hat eine Runde ausgesetzt und schaut beseelt seinen Kameraden bei der ernsthaften Einstudierung des indianischen Tanzes zu.

    "Ich denke, dass diese Gesellschaft in der wir leben sowieso viel zu viel Oberflächlichkeit, viel zu viel Fake ist. Und so was wie das Karl-May-Fest zum Beispiel – ich hab's mir angeguckt, ich weiß also, wovon ich rede – da gehe ich nie wieder hin, des ist mir so, so, oberflächlich. Für die Leute auch letztendlich, die gehen da rüber, und ob der jetzt ein Sheriff-Stern trägt oder ne Pappnase, das ist eigentlich unwichtig und des kann ich nicht gut finden. Weil ich versuche ja, wenn ich jetzt was über Indianer erzähle, versuch ich ja die Leute mitzunehmen, die Leute zu informieren. Und wenn sie's interessiert, dann kommen wir ins Gespräch und dann ist das gut."

    Er kann gut nachvollziehen, wenn die Indianer aus Nordamerika auch einmal mit Vorbehalten auf hiesige Indianer-Vereine reagieren.

    "Des will ich kurz erklären. Wenn ich jetzt nen Deutschen auf der Straße treffe und frage den 'kannst du mir mal ganz kurz sagen, was dein Großvater vor 150 Jahren für ne Mütze getragen hat', dann wird der sagen 'das weiß ich nicht'. So. Wenn aber jetzt ein Hobbyist einen Indianer trifft und der sitzt grade über einem Gegenstand, den er bastelt, wo er vielleicht sich nicht ganz schlüssig ist, dann kann es ja sein, dass er den Indianer fragt 'Sag mal du, wenn ihr damals die Hemden genäht habt, was habt denn ihr da genommen?' und wenn der Indianer dann sagt, 'des weiß ich jetzt nicht', dann könnte bei dem Deutschen der Eindruck entstehen, der weiß ja über seine Kultur gar nichts. Und dadurch sind da auch schon einige Irritationen geschehen, wo dann die Indianer schon verschnupft waren."

    Ihm selbst ist eine derartige Erfahrung bisher erspart geblieben. Mit seinem Sohn und einem Freund ist er schon mehrmals nach Nordamerika gereist. Dass mit der zwanghaften Umsiedelung der Indianer in die Reservate die indianische Kultur an Interessantheit verloren hätte, diesem Fehler ist auch er jahrelang aufgesessen.

    "Das mag interessant sein, welche Kleidung die 1830 getragen haben, aber heute mit denen zusammen an der Trommel zu sitzen und dasselbe Lied in halbwegs gleicher Qualität wie die singen zu können, das ist diese Herausforderung, und wenn die dann sagen, wir erzählen dir mal, warum das Lied so ist und welche Zusammenhänge es gibt und sie finden mich wert, mir das zu erzählen, das ist eigentlich das Höhere aus meiner Sicht."

    "Wenn man auf den Hintern schießt, ist der Bison stinksauer."

    Auf dem Außengeländer des Karl-May-Museums in Radebeul führt ein verkleideter Museumsangestellter derweil spielerisch an die Indianerkultur heran. Zwischen hohen Bäumen, einem Marterpfahl und einem Tipi steht er mit Federschmuck und schwarzer Zopfperücke und zielt zusammen mit einem jungen Museumsbesucher auf eine Zielscheibe. In ihrer Mitte prangt ein Bisonbild.

    "So ne, den jetzt können wir gelten lassen. Der Indianer versuchte immer da hinzuschießen, wo der rote Punkt ist, dort in der Nähe ist das Herz. Jeder Indianer hat seine Pfeile auch etwas anders angemalt, sodass man nach der Jagd sehr gut feststellen konnte, wem gehört was. Ähnlich wie das die Kinder im Kindergarten haben, jeder hat ein Zeichen für seine Sachen."

    Nickend geht der kleine Junge zu seinem Vater, der stolz und interessiert beim Bogenschießen zugesehen hat. Dass die indianische Kultur lebt und sich weiterentwickelt, das kann man in Sachsen an vielen Orten und auf unterschiedliche Weise erleben. Und auch wenn nicht jeder Karl May vergöttert, so hat er doch erheblich zur Popularität des Wilden Westens beigetragen.

    ""Ich find, Karl May hat manches idealistisch natürlich dargestellt, aber der Glaube an das Gute im Menschen, des hat mir gefallen an seinen Büchern, dass er immer dadran appelliert, dass die Indianer eben nicht die Bösen, blutrünstigen Menschen sind, sondern dass man, wenn man mit feinem Gespür auf Menschen zugeht, dass man dann entdeckt, dass in einer anderen Kultur auch ganz besondere Werte hochgehalten werden. Und ich denk, da haben wir manches was wir von den Indianern hätten lernen können, wenn man nicht kolonialistisch über sie hergefallen wäre","

    sagt der Vater des kleinen Jungen, der ein noch größerer May-Fan ist als sein Sohn. Für sie ist der Museumsbesuch beendet. Gemeinsam steigen sie in die Familienkutsche, auch wenn sie wahrscheinlich lieber auf Iltschi und Hatatitla dem Sonnenuntergang entgegen reiten würden.