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Wettbewerb oder Pioniergewinn

Telekommunikation. - Die Deutsche Telekom will ein neues Hochgeschwindigkeitsnetz aufbauen. Mit bis zu 50 Megabit pro Sekunde sollen Internetnutzer in bis zu 50 deutschen Städten surfen können, vorausgesetzt der Exmonopolist braucht das neue Netz nicht zu festgesetzten Preisen mit der Konkurrenz zu teilen. Auf dem 16. internationalen Pressekolloquium legte die Unternehmensspitze die Position der Firma noch einmal dar. Der Wissenschaftsjournalist Manfred Kloiber berichtet darüber im Gespräch mit Uli Blumenthal.

    Blumenthal: Herr Kloiber, worum geht es?

    Kloiber: Es geht im Kern um den Aufbau eines ziemlich neuen Internetzugangssystems namens VDSL. Hinter diesem Kürzel steckt wieder eine komplizierte englische Abkürzung, aber es geht darum, dass man im Internet mit einer Geschwindigkeit von 50 Megabit pro Sekunde surfen kann. Das ist ungefähr zehnmal so schnell wie die schnellsten Internetanschlüsse heutzutage können. Das ganze soll schon bis zur Mitte dieses Jahres in zehn Städten aufgebaut werden. Das Problem ist, die Anschlussleitungen, über die diese Geschwindigkeit transportiert werden kann, die müssen sehr kurz sein. 200 Meter maximal, sozusagen vom Haus bis zu dieser Einrichtung, die diese Geschwindigkeit dann liefert. Und dafür müssen neue Glasfaserleitungen von den Ortsvermittlungsstellen bis zu diesen grauen Kästen, die ab und zu am Straßenrand stehen, verlegt werden. Das kostet sehr, sehr viel Geld, und die Telekom möchte natürlich, wenn sie dieses Geld investiert, erst einmal eine Chance sehen, payback zu bekommen, also das Geld auch wieder einzuspielen. Auf der anderen Seite sind dann aber die ganzen Mitbewerber da, die sagen, wir möchten aber auch auf diese Leitung drauf, also gefälligst, wenn die Telekom das macht, möchten wir gleich einen Zugang haben und diese Technik dann auch nutzen können.

    Blumenthal: Bei der DSL-Technik hat die Telekom die Wettbewerber mit ins Netz hineinnehmen müssen. Warum jetzt nicht?

    Kloiber: Die Telekom sagt, sie will gar nicht allein agieren, sondern wird von Anfang an dieses Angebot auch für die Mitbewerber offen halten, allerdings zu den Preisen, von denen sie meint, dass sie sie verlangen müsse. Bislang ist ja auf den DSL-Leitungen ein Preis festgelegt worden, von der Regulierungsbehörde. Und da sagt die Telekom, wenn die das wieder festlegen, dann können wir die ganze Sache vergessen, weil die sowieso Preise festlegen, die nicht kostendeckend sind. Also genau daran ist der Streit entbrannt, und hier verlangt die Telekom quasi, dass es für dieses neue Netz keine Regulierung gibt.

    Blumenthal: Gibt es technische Anhaltspunkt für die eine oder die andere Position?

    Kloiber: Ja, die gibt es. Aus der Sicht der Konkurrenten könnte man mutmaßen, dass dieses Netz ja nur eine Weiterentwicklung, ein Ausbau des bestehenden Netzes ist, dass also nichts neues geschieht, und deshalb der zu regulierende normale Telefonmarkt gilt, wo eben die Telekom ein Quasi- oder De facto-Monopol hat, und da müßte Regulierung eingreifen. Auf der anderen Seite sagt die Telekom, nichts da, das ist ein ganz neues Netz. Wir machen hier vor allen Dingen ganz neue Anwendungen auf diesem Netz, und deswegen, weil es etwas neues ist, haben wir überhaupt kein Monopol, wir fangen etwas neues an, und deswegen darf es auch keine Regulierung geben.

    Blumenthal: Die Telekom will erst einmal zehn Ballungsräume ausbauen. Wie sieht es bei der landesweiten Verbreitung aus?

    Kloiber: Also die zehn größten Städte in Deutschland, die zuerst einmal versorgt werden sollen, das soll bis Mitte des Jahres geschehen, da will man 500 Millionen investieren, obwohl man nicht weiß, wie es politisch ausgehen wird mit der Regulierung. Wenn es dann eine Zusage gibt, dass dieser Markt nicht reguliert wird, will man insgesamt drei Milliarden Euro investieren, und zwar in 50 Städte erst einmal. Da soll dann diese Technologie greifbar sein, also in den 50 größten Städten oder Ballungsgebieten Deutschlands.

    Blumenthal: Wie wird die Entscheidung ausgehen, und wann wird sie fallen?

    Kloiber: Prognosen gibt es dafür nicht. Das einzige, was diese Woche bekannt wurde, ist ein Referentenentwurf der Bundesregierung, der teilweise in die Richtung geht, die sich die Telekom wünscht, die sie gerne hätte, nämlich dass neue Technologien nicht mehr unbedingt reguliert werden müssen. Allerdings, das hat hier Kai-Uwe Ricke heute beklagt, sei nicht ganz klar festgelegt, was denn überhaupt neue Technologie im Telekommunikationsbereich sei, und es sei auch nicht ausgeschlossen von der Bundesregierung, dass diese neuen Technologien dann nicht reguliert werden. Das ganze ist also ein höchst politischer Streit, der sicherlich noch einige Zeit dauern wird, und die Wettbewerber werden sicherlich jede Gelegenheit nutzen, um hier ihren Fuß in der Tür zu halten.