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Wettbewerb ohne große Dynamik

April 1998: in Deutschland wird das über 60 Jahre alte Energiewirtschaftsgesetz novelliert. Seit dem gibt es die Möglichkeit des Wettbewerbs auf dem Strommarkt, d.h. der private Kunde kann frei wählen, von welchem Unternehmen er seinen Strom beziehen möchte. Neue Stromanbieter dürfen zur Belieferung ihrer Kunden für ein sogenanntes "Netznutzungsentgelt" die bestehenden Stromnetze "anzapfen" - ähnlich wie im Telekommunikationsbereich das Netz der Telekom von anderen Anbietern genutzt werden darf.

Thomas Ratzke und Peer Wiechmann |
    Die Öffnung des Markts, einst gedacht, um dem Kunden eine selbstständige Wahlmöglichkeit zu geben, hat nach einem anfänglichen Boom von neuen Anbietern inzwischen zu einer Verringerung der Energieunternehmen geführt. Teilten sich 1998 noch acht große Anbieter den staatlich regulierten deutschen Markt, gibt es im sechsten Jahr des freien Markts nur noch vier große Energieunternehmen. Auf die Unternehmen Eon, RWE, Vattenfall Europe und Energie Baden-Württemberg AG entfallen 80 Prozent Marktanteil am Strommarkt und 90 Prozent im Sektor Gas.

    Birgt also die Liberalisierung des Strommarkts die Gefahr einer dauerhaften Monopolbildung, die zu Lasten neuer, kleiner Anbieter oder Anbieter alternativer Energien geht? Dazu Heinz Laing, Leiter der politischen Vertretung bei Greenpeace in Berlin:

    Der Druck von außen, der Ökostromanbieter ist natürlich, weil es nur so ne ganz kleine Zahl ist, relativ gering. Das ist einfach was anderes, wenn E.on oder RWE und andere zum Telefonhörer greifen und im Kanzleramt anrufen. Da steht der Kanzler stramm und pfeift seine Leute zusammen.

    Laing sieht eine zunehmende Einflussnahme führender Energieunternehmen auf die Politik. Beim sogenannten Energiegipfel Mitte August trafen sich Bundeskanzler Gerhard Schröder und die Vertreter der führenden Energiekonzerne Eon, RWE, Vattenfall Europe und der Energie Baden-Württemberg AG zu einem Gespräch. Bundes-Umweltminister Jürgen Trittin, zuständig für erneuerbare Energien, war zu dem Treffen nicht geladen. In Fachkreisen hieß es: Die Energieunternehmen wollen sich langfristig der Unterstützung des Kanzlers versichern, in den nächsten Jahrzehnten maßgeblich auf die Energieträger Kohle und Gas zu setzen – gegen Umweltminister Trittin und gegen neue Umweltauflagen.

    Die Energiewirtschaft argumentiert, dass es durch den politisch gewünschten Ausstieg aus der Kernenergie in den nächsten Jahren zwangsläufig zu einem Zuwachs der CO2-Emissionen kommen werde, da die Kernkraftanlagen durch Kohle- oder Gaskraftwerke ersetzt werden müssen. Und so erwarte die Branche von der Politik, dass die durch diese zusätzlichen Emissionen erforderlichen CO2-Zertifikate aus Bundesmitteln finanziert werden sollen. Eine Forderung, die Umweltminister Trittin vehement ablehnt. Er will einen aus Wind- und Solarenergie gewonnenen Strom zu größeren Marktanteilen verhelfen. Im September soll ein weiteres Treffen folgen - dann mit Trittin. Hierzu der Leiter der Abteilung Energiepolitik beim BDI, Niels Lau.

    Die Tendenz zur Aufteilung des deutschen Energiemarktes in die vier großen Energieanbieter, die durch ihre Vorstandsvorsitzenden dort vertreten waren, ist erkennbar. Sie sprechen hier den Ersatz veralteter Primär-Erzeugungseinheiten an. Der Ersatzbedarf ist mit mindestens 40 Megawattstunden Erzeugungskapazität zu berechnen. Diesen Ersatz hat das für die klassische Energiepolitik zuständige BMWA, das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, so durchgeplant, dass sie davon ausgehen, dass das nur zu erhalten ist, von der Grundlasterzeugung, durch den verstärkten Einsatz und die Renovierung von Kohlekraftwerken. Dem steht entgegen, dass das Bundesumweltministerium dieses Renovierungsmodul ersetzen will durch erneuerbare Energien.Der BDI geht davon aus, dass dieses Defizit, was Fakt ist, durch erneuerbare Energien nicht geleistet werden kann.

    Deutschland deckt seinen gesamten Energiebedarf zu gut einer Hälfte aus der Verstromung von Stein- und Braunkohle ab und zu rund 30 Prozent aus der Nutzung von Kernenergie. Die Problematik dabei: Kohlekraftwerke verursachen hohe CO2-Emissionen und für die 19 deutschen Kernkraftwerke gibt es kein endgültiges Konzept zur Lagerung des radioaktiven Abfalls.

    Doch diese Problematik spiegele sich nicht entscheidend im öffentlichen Bewusstsein wider, registrieren Beobachter. Hier dominieren die traditionellen Betreiber mit ihrer Informationspolitik eindeutig, während die Aufklärung für eine ökologisch nachhaltige Energiepolitik zu kurz komme, meint die energiepolitische Sprecherin von Bündnis 90/Grüne, Michaele Hustedt.

    Also, wir haben nicht das Geld in diesem Ausmaß wie Yello oder wie E.on Werbung zu betreiben, also da wäre jeder Staat überfordert in dieser Dimension in der Werbung präsent zu sein. Das können nur die reichen Stromkonzerne.

    Und so haben die großen Energiekonzerne wie E.on oder Yello zwar einen hohen Bekanntheitsgrad, bedingt auch durch aufwendige PR-Kampagnen, doch relativ wenig neue Kunden. Zur Frage hoher Bekanntheitsgrad, aber bislang nur knapp fünf Prozent private Wechselkunden, urteilt Jürgen Flauger, Fachredakteur für die Engergiebranche beim Düsseldorfer Handelsblatt:

    Man kann deshalb sagen, dass die Werbekampagnen eher dem Imagegewinn dienen und das ist durchaus ein sinnvoller Nutzen z.B. für einen Konzern wie E.on, der existiert erst seit 2000, ist aus der Fusion von Viag und Veba entstanden und hat innerhalb von den drei Jahren einen sehr hohen Bekanntheitsgrad erreicht. Ich kann nicht die genaue Zahl sagen, aber ich glaube so zwischen 90 und 100 Prozent. Das ist für einen Konzern an sich auch schon ein Nutzen. Wie gesagt, rein nach Kundenzugewinn haben sich die Werbekampagnen eigentlich nicht bewährt.

    Der von Flauger festgestellte Imagegewinn ist auch in Entgelten nicht zu unterschätzen, schließlich verbleiben die meisten Verbraucher mit gutem Gewissen bei ihren angestammten Anbietern, die oft Unterfirmen der sich - imagemäßig - "sauber" darstellenden globalen Unternehmen geworden sind. Die E.on Energie AG hat im Geschäftsjahr 2002 die Aktienmehrheit mehrerer deutscher Elektrizitätswerke übernommen. So hat der Konzern beispielsweise die Mehrheit der Energie-Aktiengesellschaft Mitteldeutschland, EAM, sowie der Elektrizitätswerke Minden-Ravensberg, EMR, erlangt. Insgesamt ist die E.on AG an mehr als 50 Energieunternehmen im In- und Ausland beteiligt. Michaele Hustedt:

    Die Konzentration im Strommarkt macht uns sehr große Sorgen, die setzt sich ja aus der Fusion, letzte gerade E.on und Ruhrgas, die die Grünen ja sehr stark abgelehnt haben, zusammen. Da hatten wir eine andere Position als unser Koalitionspartner. Die setzt sich zusammen, dass die Stromkonzerne Schritt für Schritt die Stadtwerke aufkaufen, so dass die gar nicht mehr am freien Markt agieren, sondern nur noch Verkaufsabteilungen der großen Stromkonzerne sind. Und alles zusammen bedeutet, dass wir vielleicht Wettbewerb haben, aber sozusagen keine Wettbewerber, also niemanden, der tatsächlich hier im Wettbewerb agiert.

    Es scheint trotz aller Kampagnen auch ein Marketingproblem zu geben. Ein Grund für einen Wechsel des Anbieters könnte, neben dem Wunsch einen ökologischen Beitrag zu leisten, die Kostenersparnis sein. Doch die mangelnde Wechselbereitschaft der deutschen Stromkunden hat für das Kölner Marktforschungsinstitut IFM in Zeiten von Börse und Internet, weniger mit Ökologie, als mit den relativ geringen finanziellen Anreizen zu tun.

    Wenn er auf den Strompreis guckt, guckt er auch auf eine relativ hohe Differenz. Das heißt, er würde nicht für 30, 40, 50 Euro im Jahr wechseln, sondern, er erwartet schon ne relativ große Ersparnis. Das hängt vor allem damit zusammen, dass Strom auch so ein Vertrauensprodukt ist.

    Neben dem Strompreis spielt, so Flauger weiter, offenbar auch die bei vielen Strom-Kunden tief verwurzelte Angst eine Rolle, im Falle eines Anbieterwechsels, eventuell ganz im Dunkeln zu sitzen. Ein irrationaler Faktor, denn bei einer Pleite des neuen Anbieters wird der Kunde automatisch wieder vom ehemaligen Vertragspartner übernommen. Heinz Laing dazu:

    Ich habe den Eindruck - auch hier in Deutschland – wir haben zwar offiziell einen liberalisierten Markt, aber wir haben gar keine Erfahrung damit. Der Kunde hat auch keine Erfahrung damit, er hat erst einmal ganz viel Misstrauen. Und die Befürchtung ganz diffus im Hintergrund, wenn ich da was falsch mache, sitze ich im dunkeln. Die ist zwar völlig irreal, aber sie ist da. Damit haben gerade die neuen und kleinen Anbieter wahnsinnig zu kämpfen.

    Unter den kleinen Neu-Anbietern tun sich mittlerweile die ökologisch bewussten Unternehmen hervor, wie das Greenpeace-eigene "Stromlabel Greenpeace Energy" oder die Firma "Lichtblick". Diese beiden Unternehmen - sie beliefern bundesweit zusammen rund 95.000 Kunden - zählen zu den wenigen noch auf dem Markt befindlichen Anbietern in Sachen "Ökostrom" mit klar nachvollziehbarer Herkunft.

    Eine Transparenz, die die Bundesregierung offiziell auch bei ihrem Amtsantritt 1998 propagierte, als sie sich für die Einführung einer Stromkennzeichnungspflicht aussprach. Diese Kennzeichnungspflicht soll es dem Kunden ermöglichen, anhand seiner Stromrechnung den genauen Energiemix seines Anbieters nachzuvollziehen. Eine Forderung, die das Umweltbundesamt, UBA, schon seit langem erhebt. Jürgen Landgrebe arbeitet dort im Schwerpunkt "Umwelt und neue Energien" und sagt:

    Wir gehen davon aus, dass neben den Preisangaben, die natürlich für den Kunden vergleichbar seien sollen, die Produkte vergleichbar sein müssen. Wer versteht schon heutzutage seine Stromrechnung? Das muss alles transparenter und verständlicher werden. Was den Strommix anbetrifft, da fordern wir, dass Angaben über die Erzeugungsart erfolgen, dergestalt, dass der Strom entweder aus Kohle, aus Atomenergie, aus Erdgas, oder aus erneuerbaren Energien kommt. In Bezug auf die erneuerbaren Energien wünschen wir uns, dass man da noch stärker differenziert. In Wasserkraft, Windenergie, Biomasse, Solarenergie und auch andere. Und darüber hinaus wünschen wir auch, dass der so genannte KWK-Strom angegeben wird. Das ist die Stromerzeugung aus Kraftwärmekopplung. Das heißt, dass bei der Stromerzeugung die entstehende Abfallwärme mitbenutzt wird, ausgekoppelt zur Gebäudeerwärmung oder auch für industrielle Zwecke, das ist eine besonders umweltfreundliche Art der Stromerzeugung.

    Aber auch in der zweiten Legislaturperiode von Rot-Grün ist es bislang noch zu keiner Verabschiedung einer Kennzeichnungspflicht gekommen. Beobachter sprechen von einer sehr zurückhaltenden Position der Bundesregierung gegenüber den Branchenriesen am Strommarkt. Die von der Regierung gewünschte und vom Kartellamt stattgegebene Fusion der E.on AG mit Ruhrgas, sei hier das jüngste Beispiel.

    Grundsätzlich zeigen sich zwar alle Seiten bereit für die Stromkennzeichnung, doch zu einer Umsetzung ist es bislang nicht gekommen. Der größte Lobbyist der deutschen Stromwirtschaft, der Verband der Elektrizitätswirtschaft, kurz VDEW, blockiert eine Kennzeichnungspflicht nicht prinzipiell, doch will man diese offenbar nur in einer stark abgeschwächten Form hinnehmen. Eberhard Meller vom VDEW:

    Allerdings sagen wir, die Stromkennzeichnung muss für den Verbraucher im Mehrwert interessant sein und sie muss auch machbar sein. Deswegen haben wir gesagt, dass der Strommix da natürlich gekennzeichnet am besten, um keine erhöhten Kosten zu haben, dass es mit der Stromrechnung ausgewiesen wird. Aber wir gehen nicht soweit, wie z.B. Ökoinstitute, dass die versuchen den Strom bis zu der Quelle versuchen zurück zu verfolgen. Das geht z.T. aus ganz nachvollziehbaren Gründen nicht, wie wollen sie denn Importstrom kennzeichnen? Sie können also nicht - der Strom hat keine Farbe, zumindest nur im Marketing - d.h. also wenn Strom aus dem Ausland kommt, dann weiß man nicht aus welchen Quellen. Deshalb sagt man, für die Stromkennzeichnung nimmt man den sogenannten europäischen Mix. Es gibt einen erheblichen Teil von Strom, was über die Strombörsen geht.

    Aber gerade der so genannte graue Strom von der Börse, der als ein ominöser Mix gekennzeichnet werden soll, ist Ziel der Fürsprecher einer Stromkennzeichnungs- pflicht. Unter dem Namen "European Energy Exchange", EEX, werden an der sogenannten Strombörse in Leipzig täglich zwischen 50 und 150 Millionen kW/H Strom aus 12 europäischen Ländern gehandelt. Über die Energiequellen ist allerdings nichts bekannt. Und das Argument, eine Stromkennzeichnung würde zu erheblichen Mehrkosten für Industrie und Kunden führen, kann Jürgen Landgrebe vom Umweltbundesamt so nicht nachvollziehen.

    Die sagen jetzt, ein eigenständiges Tracking aufzubauen und ein Zertifizierungssystem, das sei unverhältnismäßig, das sei viel zu teuer. Wir haben mal geguckt, was diese eingeführten Systeme faktisch kosten. Also, in Österreich, es gibt ja auch schon in einzelnen US-Bundesstaaten ein solches System, auch in Kanada. Diese Kosten für ein solches Stromlabel sind vernachlässigbar.

    Die rot-grüne Bundesregierung verweist hinsichtlich des Vorwurfs, dass es in Deutschland, im Gegensatz zum konservativ regierten Österreich, noch keine entsprechende Regelung zur Stromkennzeichnung gibt, auf eine baldige EU-Regelung. Befürchtungen von Greenpeace, dass sich hinter diesem sogenannten grauen Strom in Zukunft, Strom aus osteuropäischen Atomkraftwerken der Tschernobylgeneration, so genannte RBMK-Reaktoren verbergen könnten, werden vor allem durch die anstehenden EU-Erweiterungen zunehmend realistischer.

    Gerade auf dem boomenden osteuropäischen Energiemarkt haben sich mit RWE und E.on in letzter Zeit auch die deutschen Energieriesen verstärkt plaziert. E.on gehört zu den größten Anteilseignern in Ungarn, Tschechien und der Slowakei. RWE in Polen. Zu den bedenklichen Sicherheitsstandards osteuropäischer Kernkraftwerke nochmals Heinz Laing, von Greenpeace Berlin:

    Wir kriegen dieses Problem real nächstes Jahr! Wir haben 2004 die EU-Erweiterung, es kommen noch zehn Länder dazu. Länder wie Litauen betreiben einen RBMK-Reaktor, der darf nach den Vereinbarungen mit der EU über die Erweiterung bis 2010 am Netz bleiben. Wir kriegen andere Reaktoren in der Slowakei, in Tschechien, zwar keine RBMK-, aber alter russischer Bauart. Die kommen alle mit rein. Es hat seitens der EU einen Vorstoß gegeben, die Sicherheitsstandards auf europäischer Ebene im nuklearen Sektor, den Standard zu vereinheitlichen. Es hört sich auf den ersten Blick ganz gut an, aber wenn man dann genauer hinschaut, ist die Tendenz da, die Sicherheitsstandards auf einem unteren Level zu vereinheitlichen.

    Die Entscheidung zur Stromkennzeichnung soll noch in diesem Jahr im Brüsseler EU-Parlament fallen. Die Möglichkeiten selbst den ersten Schritt zu gehen und im Interesse der Verbraucher eine Vorreiterrolle in Europa einzunehmen, hat die Bundesregierung jedoch verstreichen lassen, so Kritiker.

    Im Jahre fünf nach der Liberalisierung des Strommarkts hat die erste Pleitewelle die Branche erreicht. Nach den erheblichen Preissenkungen Ende der 90er Jahre wird der deutsche Durchschnittshaushalt 2003 in etwa wieder genau so viel für seine Stromrechnung bezahlen, wie 1998 vor der Öffnung des Markts. Jüngst musste auch der Billiganbieter Yello mangels Kunden seine Preise deutlich anheben, und das trotz massiver Werbepräsenz.

    Aber welches Ziel verfolgt dann beispielsweise die millionenschwere Marketingkampagne des Energieriesen E.on? Hierzu Hans-Jürgen Cramer, Vorstandsmitglied von Vattenfall Europe in Berlin. Das schwedische Unternehmen ist Mehrheitseigner des Berliner Stromanbieters Bewag sowie der Hamburgischen Electricitäts-Werke AG, HEW - und natürlich achtet man im Stromgeschäft auf die Kampagnen der Konkurrenz.

    Es wird sehr, sehr viel Geld in den Markt gegeben um den Namen E.on bekannt zu machen. Gar nicht so sehr, um den einzelnen Tarifkunden zu akquirieren, sondern im zweiten Schritt möglicherweise dann alle Regionalunternehmen mit diesem Wiedererkennungseffekt auszustatten. Warum tut E.on das? Natürlich, weil es nicht nur ein nationalweites Unternehmen ist, sondern ein international agierendes Unternehmen. Man will vorbereiten, dass der Wiedererkennungseffekt in Europa der gleiche ist und dass die so genannte Financial Community, also Banken, Investmentfirmen und so weiter ein Unternehmen in der Größenordnung vor sich sehen.

    Auf dieser Ebene wird deutlich, dass der Privatkundenbereich für Konzerne dieser Größenordnung nur ein Standbein von vielen darstellt und somit die mangelnde Wechselbereitschaft kaum ins Gewicht fällt. Der Mangel an wirklichem Wettbewerb ist jedoch unübersehbar. Erst im nächsten Jahr, also sechs Jahre nach der Öffnung des Strommarkts, soll eine so genannte "Regulierungsbehörde" dem brachliegenden Wettbewerb frischen Wind in die Segel blasen:

    Der staatliche Einfluss auf die Preisgestaltung für die Netznutzung in Form einer "Behörde" ist nicht unumstritten. Der BDI-Vertreter Niels Lau merkt dazu kritisch an:

    Man darf aber nicht vergessen, dass die Aufgabe der Regulierungsbehörde die Netzöffnung ist, und nicht die Preisgestaltung. Und deswegen meinen wir jetzt, was den deutschen Weg angeht, nach wie vor die Verbändevereinbarungen Sinn haben. Insgesamt ist es richtig, dass bei der bisherigen Diskussion die Verbraucher ein geringe Rolle gespielt haben. Zum Beispiel macht das Treffen beim Kanzler auf lange Sicht keinen Sinn, wenn nicht Folgetreffen auch mit den Verbraucherverbänden erfolgen.

    Seitens der Bundesregierung wird erwogen, dass die fragliche Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post künftig auch den Wettbewerb auf dem Strom- und Gasmarkt im Blick haben sollte. Ökoanbieter wie "Lichtblick", oder Billiganbieter wie "Yello" befürworten eine Regulierungsbehörde und hoffen dadurch auf eine Senkung der Netznutzungsgebühren. Fakt ist jedenfalls: sinkt die Wettbewerbsintensität bei gleichzeitig steigenden Preisen weiterhin, besteht die Gefahr eines Scheiterns der angestrebten Liberalisierung.

    Fazit: In den nächsten beiden Dekaden wird maßgeblich über die Energieversorgung des 21. Jahrhunderts in Deutschland entschieden. Es wird sich dann zeigen, ob, wie Wirtschaftsminister Clement es befürwortet, die hoch subventionierte Kohle auch weiterhin einen Großteil des deutschen Energiebedarfs decken kann. Dem entgegen stehen die Pläne von Umweltminister Trittin. Er will den Anteil der erneuerbaren Energie bis 2020 von heute ca. acht auf 20 Prozent steigern und den Anteil der Kohle an der Stromerzeugung verringern.