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Wettbewerb um die Elite

Alle Firmen wollen die Besten der Besten. Und so lassen sich Großkonzerne zur Personalauswahl einiges einfallen, nicht nur der Automobilzulieferer ZF in Friedrichshafen.

Von Thomas Wagner |
    Für Miriam Kornmayer begann ihre Karriere als Wirtschaftsingenieurin auf den Karriere-Tagen ihrer Hochschule.

    "Ich habe auf der Hochschule in Weingarten studiert. Und die bietet seit fünf Jahren regelmäßig Karriere-Tage an. Dort präsentieren sich regionale und auch überregionale Unternehmen und sind auf der Suche nach Praktikanten, Diplomanden, natürlich auch potenzielle Mitarbeiter, Absolventen."

    Die Beteiligung an solchen Hochschulmessen und Karrieretagen ist für Großunternehmen zu einem immer wichtigeren Instrument auf der Suche nach Jung-Managern und Ingenieuren geworden. Noch vor zehn Jahren beteiligten sich gut ein Dutzend Firmen an den Karrieretagen in Weingarten. Derzeit sind es weit über 120. Mit dabei ist auch der Automobilzulieferer ZF in Friedrichshafen, ein Großkonzern mit über 13 Milliarden Euro Jahresumsatz und Standorten in aller Welt. Markus Ladner vom konzerneigenen Personal- und Hochschulmarketing:

    "Diese Hochschulmessen sind eigentlich für uns das Mittel, um mit jungen oder zukünftigen Mitarbeitern in Kontakt zu kommen, weil wir dort die Möglichkeit haben, uns zu präsentieren. Und da haben wir den persönlichen Kontakt: Es geht nicht über eine Personal-Image-Anzeige oder einen Werbefilm. Die sollen mit ZFlern in Kontakt kommen, sei es der Personaler, der Entwickler, der Ingenieur aus der Entwicklung, aus dem Vertrieb, aus der Fertigungstechnologie, und dort auf Augenhöhe kommunizieren, um sich einfach ein Bild zu machen. Von daher ist die Hochschulmesse ein sehr, sehr effizientes Mittel, die Art, wofür wir arbeiten, rüberzubringen."

    Zusätzlich nutzen Großkonzerne auf der Suche nach Ingenieuren und Managern das Internet. Eine simple Konzernpräsentation reicht längst nicht mehr aus. Zunehmend gefragt sind Blogs, auf denen Mitarbeiter eines Unternehmens über ihre Arbeit berichten und von Interessenten auch dazu befragt werden können. Dabei tauschen sich die Beteiligten auch gerne über die Unternehmensphilosophie aus. Pod- und Videocasts werden von potenziellen Bewerbern immer mehr als authentische Präsentation eines Unternehmens geschätzt, ergab eine Umfrage des Verbandes der Deutschen Internetwirtschaft eco. Daneben bedienen sich die Unternehmen jener Datenbanken zur akademischen Stellenvermittlung, die die Hochschulen in den vergangenen Jahren selbst eingerichtet haben. Anne Pajarinen leitet den Career-Service der Universität Konstanz:

    "Die Nutzung ist sehr stark gestiegen. Und die Stellen-Online-Datenbank funktioniert so, dass die Unternehmen sich eintragen als Nutzer. Sie kriegen ein Passwort und können ihr eigenes Profil dann eingeben. Das heißt: Die Studierenden oder die Absolventen können sich dort informieren über die Firma: Was ist das für ein Unternehmen? Was machen die? Wie viele Leute haben sie"?"

    In der Regel geben die Unternehmen selbst die Stellenbeschreibungen in diese hochschuleigene Datenbank ein.

    "Dann gibt es einen Matching-Service. Das heißt: Wenn eine passende Stelle hineinkommt, dann bekommt der Student eine E-Mail. Nach verschiedenen Kriterien, die ich vorher festlegen kann, bekomme ich eine passende Stelle, wenn eine entsprechende Benachrichtigung eingegangen ist."

    Ein nach wie vor bewährtes Rekrutierungsinstrument sind die sogenannten Assessment-Center. Dominik Bezikofer, Fahrzeugsystem-Ingenieur bei ZF, wurde vor seiner Einstellung zu solch einem Auswahlverfahren eingeladen.

    "Das war eine Einladung für ein Tag, wo Gruppengespräche durchgeführt worden sind, Gruppendiskussionen, Teamarbeit und eine Selbstpräsentation. Am Ende diesen Tages kam ein Gespräch mit der Zusage für ZF."

    Manchmal dauern solche Bewerber-Treffen bis zu drei Tagen. Sie finden nicht am Konzernsitz statt, sondern vorzugsweise an außergewöhnlichen Orten wie einsamen Berghütten - für das Unternehmen die beste Möglichkeit, zukünftige Führungskräfte passgenau auszuwählen. Die Teilnehmer müssen dabei in der Regel nicht ihre fachliche Qualifikation unter Beweis stellen, sondern ihre Teamfähigkeit und ihre Sozialkompetenz. Dies geschieht in mehreren gruppendynamischen Aufgabenstellungen. Anne Pajarinen vom Career-Service der Uni Konstanz:

    "Da kommt es auf Schlüsselqualifikationen wie Teamarbeit oder Kommunikationsfähigkeit und so weiter an. Und das kann ich im Assessment-Center besser testen oder als Unternehmen besser beobachten, wie die Kandidaten miteinander arbeiten, wie sie aufeinander zugehen. Ist jemand sehr dominant? Ist jemand eher zurückhaltend? Und je nach dem, wie die Position ist, die es zu besetzen gilt, kann man sich besser die Leute aussuchen."

    Viele Unternehmen setzen bei ihren Rekrutierungsstrategien auch auf Mund-zu-Mund-Propaganda. Der Automobilzulieferer ZF beschäftigt hierfür eigene Hochschul-Botschafter, erklärt Markus Ladner vom Personal- und Hochschulmarketing:

    "Und so rekrutieren wir von unseren ehemaligen Praktikanten Leute, die an ihre Heimathochschulen zurückgehen nach dem Praktikum und dort als ZF-Botschafter im Grunde genommen das Unternehmen präsentieren in Vorträgen. Entweder sind es Fachvorträge zu bestimmten Themen. Oder sie organisieren einfach mal einen Kneipenabend, um als Ex-Z'ler einen Kontakt herzustellen zu den Leuten. Da sind uns die Studenten sehr lieb, weil sie auf Augenhöhe mit ihren Kommilitonen reden."

    Pressekonferenz dieser Tage an der privaten Zeppelin-University in Friedrichshafen. Der Anlass: ZF als Großkonzern vor Ort beteiligt sich direkt an der Stiftung, die den Hochschulbetrieb finanziert - auch dies ein Rekrutierungsinstrument, erklärt Vorstandsvorsitzender Hans-Georg Härter:

    "Das ist der Zweck, weswegen wir überhaupt einsteigen, dass wir aus dieser Universität wissenschaftlichen und auch Führungsnachwuchs generieren können. Und das ist beim Kampf um die guten und besten Köpfe ein mitentscheidender Wettbewerbsfaktor."