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Wetterextreme in Südafrika
Aber der Klimawandel ist kein Wahlkampfthema

Nicht nur Mosambik und Malawi werden derzeit von Zyklonen heimgesucht. Auch in Südafrika häufen sich die Wetterextreme. Bei ungewöhnlich heftigen Niederschlägen sind in dieser Woche mehr als 70 Menschen in illegalen Siedlungen gestorben. Dennoch spielt der Klimawandel keine Rolle im Wahlkampf.

Jana Genth im Gespräch mit Britta Fecke | 27.04.2019
Überflutetes Gebiet in Südafrika.
Ein überflutetes Gebiet in Südafrika (AP)
Britta Fecke: Wird in Südafrika die Verbindung zwischen Armut und Klimawandel hergestellt beziehungsweise auch im Wahlkampf thematisiert?
Jana Genth: Nein, überhaupt gar nicht, und das finde ich persönlich auch total spannend, weil ja Südafrika nun mal wirklich ein Land ist, das vom Klimawandel auch spürbar betroffen ist. Also hier gibt es ja nicht nur diesen Starkregen, der jetzt in jüngster Vergangenheit nun diese vielen Todesopfer gefordert hat, sondern es ist auch in den vergangenen Jahren einfach sehr viel heißer geworden, und das spürt jeder. Kapstadt hatte, das war ja auch in den Medien, drei Jahre lang in Folge viel zu wenig Regen und stand ja kurz vor dem "Day Zero", an dem das Wasser komplett abgedreht werden sollte. Die Regenmuster haben sich völlig verändert und die Landwirtschaft ist dann auch davon betroffen. Man muss gucken, wie sie das hinkriegt. Also es wundert mich wirklich extrem, dass im Wahlkampf überhaupt nicht die Rede davon ist.
Fecke: Was sind denn die aktuellen Wahlkampfthemen?
Genth: Ja, die Wahlkampfthemen sind die, die wirklich die Gesellschaft auch bewegen und in der Bevölkerung muss man ja sagen, ist der Klimawandel auch überhaupt kein Thema. Es sind wirklich immer nur einzelne Leute, die das bewusst im Kopf haben. Die großen Themen im Wahlkampf, sind die Armut, das sind die ungleichen Wohlstandsverhältnisse, Südafrika ist halt ein Land der Gegensätze. Die Arbeitslosigkeit beträgt hier 25 Prozent, also jeder vierte ist arbeitslos und das heißt, die Themen hängen ja irgendwie alle zusammen. Da spielt dann Kriminalität rein. Bildung, die Gesundheitsversorgung und auch die Landreform ist ein großes Thema in Südafrika, damit die Gerechtigkeit wieder da ist. Aber Korruption ist auch ein riesengroßes Thema, dass sich mehrere Parteien auf die Fahnen geschrieben haben und auch die Energiesicherheit ist eines. Und das könnte man aber durchaus auch mit dem Klimawandel in Verbindung bringen, weil die Energie in Südafrika einfach auf Kohle beruht.
Armut, Arbeitslosigkeit und Korruption sind Wahlkampfthemen
Fecke: Nirgendwo auf der Welt ist ja die Kluft zwischen arm und reich so groß wie in Südafrika. Nach Jacob Zuma hatten alle auf den Aufbruch und ein Ende der korrupten Klasse gehofft. Ist nach dem Amtsantritt von Ramaphosa - der ja ein Gefolgsmann von Zuma war, aber sich auch recht mutig distanziert hat - ist also nach seinem Amtsantritt vor gut einem Jahr eine Verbesserung zu erkennen?
Genth: Ich würde mal sagen, minimal schon. Also der Wille ist da, die Durchschlagskraft noch nicht. Jacob Zuma hat ja neun Jahre regiert und die Korruption hat unter ihm tatsächlich auch floriert, das kann man glaube ich so sagen. Gerade gestern, da wurden zwei führende Vertreter der nationalen Strafverfolgungsbehörde entlassen und das ist auf Ramaphosa zurückzuführen. Die Begründung offiziell war mangelnde Integrität, was dann irgendwie doch durchaus mit Korruption zu übersetzen ist und in staatlichen Unternehmen und in der Partei ANC selbst, da sind einzelne Köpfe schon gerollt. Da hat Ramaphosa schon ein bisschen angefangen aufzuräumen. Ich glaube, wenn der Wahlsieg so kommt, wie er es sich erhofft, dann wird er auch ein bisschen stärker durchgreifen. Und man glaubt es ihm auch, wenn man ihn reden hört. Aber die wirklich großen Schritte sind noch nicht gemacht.
Fecke: Gibt es eine ernstzunehmende Opposition nach 25 Jahren der Alleinherrschaft des ANC?
Genth: Jein, würde ich mal sagen. Also es gibt Oppositionsparteien, die sich stark hervortun und die durchaus auch im Wahlkampf jetzt entweder Rückschläge haben oder aber aufholen können, also speziell die demokratische Allianz, die Partei der Mitte ist, die aber tatsächlich Wählerstimmen verliert, weil sie im Grunde ähnliche Positionen hat wie der ANC, die Regierungspartei, aber wer mega aufholt ist die linksradikale Partei EFF, die Economic Freedom Fighters, die mit der Landreform ein riesengroßes Wahlkampfthema haben und die dann einfach riesengroßen Rückhalt in der schwarzen Bevölkerung haben, die dann um Gerechtigkeit kämpfen und sagen, das kolonialistische Erbe muss einfach wieder umgekrempelt werden. Es wird also glaube ich tatsächlich noch ein sehr spannender Endspurt hier im Wahlkampf.
Der Endspurt des Wahlkampfs könnte spannend werden
Fecke: Was glauben Sie, könnte der Stuhl Ramaphosas bei deutlichen Stimmverlusten parteiintern wackeln?
Genth: Ich glaube tatsächlich nicht, nein. Also zum einen ist nicht damit zu rechnen, dass der ANC, und das sagen alle Umfragen der vergangenen Woche, wirklich deutliche Stimmverluste hinnehmen muss. Ein wenig Stimmverluste ja, aber nicht so durchgreifend. Die letzte Studie hat gesagt, dass es möglicherweise eine Koalition geben könnte, zwischen dem ANC und der EFF, die ich eben erwähnt habe. Aber das ist alles noch nicht sicher. Innerhalb des ANC, und das muss man ja sagen, da gibt es viele verschiedene Strömungen und Flügel, da gibt es auch viele zerstrittene Positionen. Aber jetzt im Wahlkampf, da haben sich wirklich alle total zusammengerissen und darüber kann man auch nur staunen, innerhalb der Partei da muss man sagen, gibt es keinen Kopf, der Ramaphosa das Amt streitig machen will.
Wer sieht den Zusammenhang zwischen Armut und Klimawandel?
Fecke: Wir haben ja am Anfang ganz kurz über die Klimafolgen gesprochen und die Wetterextreme, die viele Länder betreffen, nicht nur Südafrika, sondern auch Mosambik, Malawi und Simbabwe. Wie Sie sagen ist der Zusammenhang zwischen Klimawandel und Armut kein Thema in Südafrika? Haben Sie das in den anderen Ländern, die gerade von den Zyklonen betroffen sind bisher festgestellt?
Genth: Nein, dort jetzt persönlich nicht. Aber ich habe gerade diese Woche mit Kumi Naidoo gesprochen, dem Chef von Amnesty International, der ja auch mal bei Greenpeace war und der bemängelt, wirklich in ganz klaren Worten, dass die Politik keinerlei Aktion zeigt. Weil er sagt, es besteht natürlich eine Verbindung zwischen Menschrechten, zwischen Armut und dem Klimaschutz und er sagt, es sei eine komplett falsche Wahl, die man jetzt im Wahlkampf gerne wieder aufstellt, Jobs oder Klima. Denn wenn das Klima zu extrem wird, dann gibt es ja auch einfach keine Jobs mehr, sagt er.
Und das sieht man ja jetzt in Mosambik zum Beispiel. Mosambik ist ein Land, in dem dreiviertel der Bevölkerung von der Landwirtschaft lebt und der Zyklon Idai, der jetzt genau sechs Wochen her ist, der hat ja große Flächen in zentral Mosambik zerstört, also überschwemmt und hat den Ackerbau überschwemmt. Das heißt die Leute, die dort gearbeitet haben, in der Landwirtschaft haben jetzt auch keine Arbeit mehr und da fragt man sich dann schon, wo ist die Perspektive? Mosambik selbst, das wurde jetzt in den letzten Tagen auch wieder laut, verursacht insgesamt weltweit nur 0,02 % der weltweiten Emissionen, ist aber das Land, das jetzt innerhalb von sechs Wochen zweimal einen Zyklon erleben musste und da klingt es doch nach Zynismus.