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Wetterextreme
Lernen, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen

Verfünffachung der weltweiten Hitzerekorde, Überschwemmungen, Orkane, abgedeckte Dächer: Wir müssen uns auf regelmäßige Wetterextreme einstellen, sagen Experten. Ob es Lösungen gibt, sie aufzuhalten, haben Klimaforscher auf einer Umwelttechnologie-Messe diskutiert.

Von Tobias Krone | 24.01.2018
    Sie sehen umgestürzte Bäume über Bahngleisen.
    Umgestürzte Bäume über Bahngleisen nach Orkan "Friederike", dem in Deutschland sechs Menschen zum Opfer fielen. Weltweit kamen 2017 rund 10.000 Menschen durch Wetterextreme ums Leben. (imago / Jochen Tack)
    Herwart kam im November, Friederike im Januar. Gefühlt suchen Deutschland immer mehr heftige Winterstürme heim. Doch statistisch sind sie eher Ausreißer, sagt der Potsdamer Klimaexperte Stefan Rahmstorf.
    "Bei diesen Winterstürmen in Deutschland sehen wir bisher keinen Trend der Zunahme. Das ist einer der Typen von Extremereignissen, wo ich nicht sagen würde, dass die globale Erwärmung sich schon auswirkt."
    Zumindest bisher noch nicht hier bei uns. Denn an anderen Orten der Erde nehmen die Wetterextreme jetzt schon zu. Und die Ursache ist ziemlich klar: Der Klimawandel, da sind sich die Experten beim Zukunftsdialog der Umweltmesse IFAT in München einig.
    Hitzerekorde haben sich weltweit verfünffacht
    Die Zahl der Hitzerekorde sei um das Fünffache gestiegen, gegenüber dem, was man ohne Klimawandel erwarten würde. Außerdem haben mehrere Studien gezeigt, dass die Häufigkeit extremer Regenereignisse auch in Deutschland signifikant zunimmt. Laut Rahmstorf eine Folge der wärmeren Luft, die mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann.
    "Ein drittes Phänomen ist, dass die Tropenstürme - und zwar die stärksten, die intensivsten Tropenstürme der Kategorie vier und fünf - eben auch zunehmen, weil diese Stürme ihre Energie aus dem warmen Meerwasser ziehen und die Meeresoberflächentemperaturen im Zuge der globalen Erwärmung fast überall in der Welt zugenommen haben."
    Masterpläne für Großstädte im Kampf gegen Wetterextreme
    Gerade Großstädte müssen sich weltweit gegen Wetterextreme wappnen. Landschaftsarchitekt Gerhard Hauber erläutert das Beispiel Kopenhagens, das 2011 unter katastrophalen Überflutungen litt. Heute hat Kopenhagen einen Masterplan entwickelt.
    "Was kann man mit den Flächen zwischen den Gebäuden machen? Wie kann Wasser sicher durchgeleitet werden? Denn es gibt viele Nebenstraßen, die kann ich fluten im Extremfall. Und dadurch kann ich verhindern, dass das Wasser in die Keller reinläuft."
    Die dafür nötigen Umbauten finanziere die Stadt über höhere Wassertarife, so Hauber.
    Vorhersagemodelle können Menschenleben retten
    Immer wichtiger für die Menschen in betroffenen Gebieten werden auch die Vorhersagemodelle der Klimaforschung. Als Paradebeispiel führt Klimaforscher Rahmstorf Hurrican Sandy an, der 2012 nicht wie üblich aufs Meer hinauszog, sondern eine Linkskurve in Richtung New York machte. Die Prognosen lagen richtig, erklärt Rahmstorf. Doch nun drohen finanzielle Kürzungen.
    "Die Qualität dieser Vorhersagen rettet natürlich sehr viele Menschenleben. Diese Hurricanvorhersagen werden in den USA vom National Hurrican Center gemacht. Das ist Teil der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde ist. Und deren Budget plant Trump kräftig zusammenzustreichen. Das ist dumm und fahrlässig."
    Enttäuschung über das Ausbremsen der Energiewende
    Doch auch der bisherigen schwarz-roten Bundesregierung stellt Rahmstorf schlechte Noten aus – was die Förderung klimaneutraler Energien angeht.
    "Leider ist es eben so, dass Deutschland in den letzten Jahren zurückgefallen ist und seine Vorreiterrolle dort abgegeben hat und die Energiewende mehr oder weniger ausgebremst hat. Was natürlich nicht nur für das Klima, sondern wahrscheinlich auch für die deutsche Wirtschaft keine gute Idee war."
    2017 waren weltweit 10.000 Menschen Wetteropfer
    Die Maßnahmen aber, die gegen die Folgen des Klimawandels getroffen wurden, greifen - davon ist Eberhard Faust überzeugt. Er ist Experte für Klimarisiken bei der Münchner Rückversicherung Munich Re.
    "Zum Beispiel beim Thema Flussausuferung, da sind natürlich Dämme gebaut worden, da sind Vorkehrungen getroffen worden, die diese Gefährdung deutlich reduziert haben und das zeigt sich auch in den glücklicherweise zurückgehenden Zahlen von Todesopfern durch solche Ereignisse."
    Denn laut Statistik des Rückversicherers Munich Re kamen 2017 weltweit rund 10.000 Menschen aufgrund von Wetterextremen um. So erschreckend diese Zahl ist – sie ist deutlich kleiner als der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre: 60.000. Sie könnte ein Zeichen dafür sein, dass der Mensch inzwischen zumindest lernt, mit den Folgen des Klimawandels umzugehen– wenn er ihn schon nicht verhindern kann.