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Wetterfrösche mit Weitblick

Wetterforschung. - Meteorologen haben auf dem Extremwetterkongress in Hamburg eine Methode zur Langzeitvorhersage des Wetters vorgestellt, die auch das Wechselspiel zwischen den Weltmeeren und der Atmosphäre berücksichtigt. Dadurch soll eine bessere Katastrophenvorsorge in Regionen möglich werden, in denen es häufig zu Wirbelstürmen, Überschwemmungen oder Dürren kommt.

Von Frank Grotelüschen |
    "Bis dato hat der Deutsche Wetterdienst etwa bei gut einer Woche Schluss gemacht, was die Vorhersage angeht. Jetzt gehen wir deutlich weiter."

    Paul Becker ist ein Wetterfrosch mit Weitblick. Mit der üblichen Vorhersage für die nächsten paar Tage will sich der Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach nicht begnügen. Nein, Becker versucht so genau wie möglich zu prognostizieren, wie das Wetter in einigen Monaten wird. Sein Ziel: eine bessere Katastrophenvorsorge für Regionen, die unter extremen Wetterkapriolen zu leiden haben - Wirbelstürmen etwa, Überschwemmungen oder monatelangen Dürren.

    "Jetzt geht es darum, deutsche Kräfte, die sich im Hilfseinsatz in tropischen Regionen befinden, zu unterstützen. Es ist natürlich interessant, nicht nur eine Woche vorherzusagen, sondern zu gucken: Wie entwickelt sich der gesamte Witterungsabschnitt? Genau dabei wollen wir ihnen helfen."

    Schon im Frühjahr wollen Becker und seine Kollegen einen Wetterbericht für den Sommer erstellen. Ihr Werkzeug ist - wie beim herkömmlichen Wetterbericht auch - der Supercomputer. Dieser wird mit aktuellen Temperatur- und Luftdruckdaten gefüttert und simuliert dann das Wettergeschehen für die kommenden Tage. Nur: Bei der normalen Vorhersage wird eines außer Acht gelassen - das komplexe Wechselspiel zwischen den Weltmeeren und der Atmosphäre. Es spielt für die Kurzzeitprognose keine große Rolle. Anders bei der neuen Langzeitvorhersage, gerechnet vom Supercomputer am Europäischen Zentrum für Mittelfristige Wettervorhersagen im englischen Reading.

    "Dort wird ein gekoppeltes Ozean-Atmosphären-Modell gerechnet. Das heißt, der Ozean wird mitgerechnet, und die Informationen gehen in die Vorhersage ein und erlauben es, diese langen Vorhersagezeiträume tatsächlich zu betrachten. Ganz wesentlich ist die Meerestemperatur: Wenn sich große Bereiche der Oberflächen-Wassertemperatur verändern, hat das einen Einfluss."

    Und: Im Gegensatz zur derzeitigen Wettervorhersage erstellen die Forscher nicht nur eine Prognose, sondern 41. Jede dieser Prognosen geht von leicht veränderten Anfangsbedingungen aus. Am Ende filtern die Experten aus den Ergebnissen der 41 Simulationen das wahrscheinlichste Szenario heraus.

    "Wir erwarten Ergebnisse wie: mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 Prozent zu nass, deutlich nasser als normal. Das einzelne katastrophale Ereignis, den Extremschauer, bekommen wir auf keinen Fall mit. Es geht immer nur um Mittelwerte. Wir machen immer nur Aussagen über Monatsmittelwerte. "

    Dennoch dürften diese Aussagen nützlich sein für Hilfsorganisationen. Die nämlich könnten besser abschätzen, wann und wo im Laufe eines Jahres extreme Wetterereignisse besonders wahrscheinlich sind - und damit auch Katastropheneinsätze. Gemeinsam mit der Organisation "Aktion Deutschland hilft" wird Paul Becker seine Jahreszeitenvorhersage nun testen.

    "Ich denke, man muss sicher ein paar Monate draufschauen, um Aussagen machen zu können. Wenn dann das Ergebnis ist: Okay, das ist brauchbar, werden wir versuchen, einen operationellen Dienst aufzubauen."

    Ach ja: Für Deutschland hat Becker seine Jahreszeitenvorhersage auch schon laufen lassen. Und es sieht ganz danach aus, als sollte der Sommer 2008 ein wenig wärmer werden als sonst. Nur leider bedeutet das nicht automatisch, dass das Urlaubswetter sagen wir Anfang August auf Rügen blendend wird. Denn so genau wird der Langzeitwetterbericht wohl nie sein.