Von Volker Mrasek
Den US-Amerikaner Steven Holbrook könnte man einen Meeresphotographen nennen. Der Geophysiker reist mit dem Forschungsschiff und macht dabei Schnappschüsse vom Ozean. Nicht von Wellen und Gischt an der Oberfläche, sondern von Strömungen bis in mehreren tausend Meter Tiefe. Holbrook braucht dafür kein Tauchboot. Und auch keine Kamera! Er produziert akustische Bilder. Holbrooks Werkzeuge sind ein Schall-Erzeuger und Unterwasser-Mikrofone, die er vom Schiff herabbaumeln lässt. Der Forscher von der Universität Wyoming in Laramie horcht ins Meer hinein:
Unsere Technik ähnelt stark dem Sonar, der gebräuchlichen Schallortung auf See. Man sendet eine Schallwelle aus. Und die wird zurückgeworfen, sobald sie auf ein Material oder Medium mit veränderten physikalischen Eigenschaften stößt. Im Meer sind das zum Beispiel Wasserschichten mit unterschiedlichen Temperaturen. Ihre Grenzen wirken wie Wände: An ihnen wird der Schall reflektiert. Wenn wir ihn wieder auffangen, bekommen wir deshalb ein Bild von der Schichtung unter Wasser.
Das Ganze nennt man auch Seismik. Von ihr machen Geowissenschaftler regen Gebrauch, auch auf den Ozeanen. Etwa um marine Öl- und Gas-Lagerstätten zu erkunden. Hier wird schon lange mit künstlich erzeugten seismischen Wellen gearbeitet. Auch Holbrook nutzte die Seismik zunächst, um mehr über die Erdkruste zu erfahren. Doch dann stellte er fest: In den akustischen Aufzeichnungen schlummern noch ganz andere Meeresschätze. Man muss sie nur heben:
Bisher war der Ozean für uns immer nur dieses lästige, leere Medium, durch das wir hindurchschauen mussten, um das eigentlich Interessante zu sehen: die Erdkruste. Dabei spielt das Meer eine wichtige Rolle im Klima-Geschehen. Und es ist durchaus strukturiert. Es hat Strömungen und Wirbel, Schichten mit unterschiedlichem Salzgehalt und unterschiedlicher Temperatur. Zu unserer großen Überraschung haben wir jetzt entdeckt: Man kann die althergebrachte Seismik auch nutzen, um mehr über die Ozeane selbst zu erfahren.
Holbrooks Arbeitsgruppe testete das Verfahren im Nordatlantik, vor Neufundland, an Bord des Forschungsschiffes "Maurice Ewing". In diesem Seegebiet stoßen zwei große Meeresströmungen aufeinander: der Nordatlantik-Strom, ein Ausläufer des Golfstroms, der warmes Meerwasser nach Europa transportiert - und der Labrador-Strom, mit dem Kälte von Grönland nach Süden fließt.
Wir haben dort etwas ganz Ähnliches wie in der Erdatmosphäre: eine Wetterfront an der Grenze der beiden Ströme. Eine Kaltfront. Und es treten auch Stürme auf, Verwirbelungen im Ozean. Das alles können wir sehen.
Es ist niederfrequenter Schall, der die Strukturen im Ozean auf wenige Meter genau abbildet - im Bereich zwischen zehn und einhundert Hertz. Für dieses Frequenzband, sagt Holbrook, habe sich bisher niemand interessiert. Doch die Daten seien schon heute reichlich vorhanden. Zum Beispiel in den Schall-Archiven von Ölfirmen. Diese könne man nun ein zweites Mal auswerten, unter einem anderen Blickwinkel. Nämlich, um tiefere Einblicke in die Weltmeere zu bekommen. Der kanadische Ozeanograph Barry Ruddick vergleicht die neuentdeckten Möglichkeiten der Meeres-Seismik mit denen der Satelliten-Beobachtung aus dem All. Ruddick lehrt an der Dalhousie-Universität in Halifax:
Diese akustische Technik nutzt den Schall zur Fernerkundung. Man kann mit einem Schiff losfahren und bekommt schnell ein Bild von den Vermischungsprozessen in einem großen Seegebiet. So entdeckt man die Hot Spots im Ozean, die interessanten Stellen. Dort kann man dann intensivere Untersuchungen vornehmen - zum Beispiel in den Zonen, wo sich kalte und warme Strömungen begegnen. Sie spielen eine entscheidende Rolle beim Wärmetransport im Meer und treiben so die globale Klima-Maschine an.
Den US-Amerikaner Steven Holbrook könnte man einen Meeresphotographen nennen. Der Geophysiker reist mit dem Forschungsschiff und macht dabei Schnappschüsse vom Ozean. Nicht von Wellen und Gischt an der Oberfläche, sondern von Strömungen bis in mehreren tausend Meter Tiefe. Holbrook braucht dafür kein Tauchboot. Und auch keine Kamera! Er produziert akustische Bilder. Holbrooks Werkzeuge sind ein Schall-Erzeuger und Unterwasser-Mikrofone, die er vom Schiff herabbaumeln lässt. Der Forscher von der Universität Wyoming in Laramie horcht ins Meer hinein:
Unsere Technik ähnelt stark dem Sonar, der gebräuchlichen Schallortung auf See. Man sendet eine Schallwelle aus. Und die wird zurückgeworfen, sobald sie auf ein Material oder Medium mit veränderten physikalischen Eigenschaften stößt. Im Meer sind das zum Beispiel Wasserschichten mit unterschiedlichen Temperaturen. Ihre Grenzen wirken wie Wände: An ihnen wird der Schall reflektiert. Wenn wir ihn wieder auffangen, bekommen wir deshalb ein Bild von der Schichtung unter Wasser.
Das Ganze nennt man auch Seismik. Von ihr machen Geowissenschaftler regen Gebrauch, auch auf den Ozeanen. Etwa um marine Öl- und Gas-Lagerstätten zu erkunden. Hier wird schon lange mit künstlich erzeugten seismischen Wellen gearbeitet. Auch Holbrook nutzte die Seismik zunächst, um mehr über die Erdkruste zu erfahren. Doch dann stellte er fest: In den akustischen Aufzeichnungen schlummern noch ganz andere Meeresschätze. Man muss sie nur heben:
Bisher war der Ozean für uns immer nur dieses lästige, leere Medium, durch das wir hindurchschauen mussten, um das eigentlich Interessante zu sehen: die Erdkruste. Dabei spielt das Meer eine wichtige Rolle im Klima-Geschehen. Und es ist durchaus strukturiert. Es hat Strömungen und Wirbel, Schichten mit unterschiedlichem Salzgehalt und unterschiedlicher Temperatur. Zu unserer großen Überraschung haben wir jetzt entdeckt: Man kann die althergebrachte Seismik auch nutzen, um mehr über die Ozeane selbst zu erfahren.
Holbrooks Arbeitsgruppe testete das Verfahren im Nordatlantik, vor Neufundland, an Bord des Forschungsschiffes "Maurice Ewing". In diesem Seegebiet stoßen zwei große Meeresströmungen aufeinander: der Nordatlantik-Strom, ein Ausläufer des Golfstroms, der warmes Meerwasser nach Europa transportiert - und der Labrador-Strom, mit dem Kälte von Grönland nach Süden fließt.
Wir haben dort etwas ganz Ähnliches wie in der Erdatmosphäre: eine Wetterfront an der Grenze der beiden Ströme. Eine Kaltfront. Und es treten auch Stürme auf, Verwirbelungen im Ozean. Das alles können wir sehen.
Es ist niederfrequenter Schall, der die Strukturen im Ozean auf wenige Meter genau abbildet - im Bereich zwischen zehn und einhundert Hertz. Für dieses Frequenzband, sagt Holbrook, habe sich bisher niemand interessiert. Doch die Daten seien schon heute reichlich vorhanden. Zum Beispiel in den Schall-Archiven von Ölfirmen. Diese könne man nun ein zweites Mal auswerten, unter einem anderen Blickwinkel. Nämlich, um tiefere Einblicke in die Weltmeere zu bekommen. Der kanadische Ozeanograph Barry Ruddick vergleicht die neuentdeckten Möglichkeiten der Meeres-Seismik mit denen der Satelliten-Beobachtung aus dem All. Ruddick lehrt an der Dalhousie-Universität in Halifax:
Diese akustische Technik nutzt den Schall zur Fernerkundung. Man kann mit einem Schiff losfahren und bekommt schnell ein Bild von den Vermischungsprozessen in einem großen Seegebiet. So entdeckt man die Hot Spots im Ozean, die interessanten Stellen. Dort kann man dann intensivere Untersuchungen vornehmen - zum Beispiel in den Zonen, wo sich kalte und warme Strömungen begegnen. Sie spielen eine entscheidende Rolle beim Wärmetransport im Meer und treiben so die globale Klima-Maschine an.