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Wichtiges Etappenziel auf dem Weg zur Stiftungsuniversität

Mit deutlicher Mehrheit hat der Senat der Johann Wolfgang Goethe-Universität in seiner gestrigen Sitzung den Weg frei gemacht für die Umwandlung der Hochschule in eine Stiftungsuniversität. Das Präsidium möchte durch finanzkräftige Stifter die ökonomische Basis der Uni verbessern. Viele Mitarbeiter und Studierende fordern aber, dass erst klar sein muss, welchen Kurs die Uni einschlagen wird.

Von Ludger Fittkau |
    "Man wünscht sich eine universitätsweite, gründliche Diskussion darüber, weil ein Schnellschuss, der könnte ganz gehörig nach hinten losgehen."

    Tobias Courtial, Referent für Hochschulpolitik im Asta, artikuliert das Unbehagen, das zurzeit viele Mitarbeiter der Goethe-Uni Frankfurt am Main haben. So auch Andreas Gruschka, Dekan des Fachbereichs Pädagogik, dem das bisherige Konzept des Präsidiums noch viel zu schwammig ist:

    "Was - flapsig gesprochen- hinten rauskommt, soll erst wenn entschieden worden ist, dass es so sein soll, deutlich werden und das ist natürlich eine sehr missliche Lage. Das ist die berühmte Katze im Sack, die beschlossen werden soll."

    Mehr Autonomie durch den Abbau staatlicher Detailsteuerung, mehr Flexibilität und schnellere Entscheidungen oder bessere Rahmenbedingungen für private Geldgeber- das sind die Schlagworte, mit denen der Frankfurter Unipräsident Rudolf Steinberg den Umbau zur Stiftungsuni begründet. Mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschloss der Senat der Goethe-Uni nun, dem Präsidenten für diesen Weg grünes Licht zu geben Rudolf Steinberg nennt die Bedingungen, die ihm der Senat auferlegt hat:

    "Wichtigste Bedingung ist, dass das Land weiterhin die Universität wie bisher finanziert, dass die Freiheit von Forschung und Lehre unangetastet bleibt, dass die Mitwirkungsrechte der Organe in der Universität gestärkt werden, dass die Belange der Beschäftigten gewahrt bleiben und ähnliches."

    Ein Stiftungsrat ist das zentrale neue Gremium, das künftig maßgeblich die Geschicke der Goethe-Universität mitlenken soll - er wird vom Ministerium berufen. Für Tobias Courtial vom Asta ist das einer der Schwachpunkte des bisher bekannt gewordenen Konzeptes. Denn dann habe die Uni im Alltag nicht nur mit Hessens Wissenschaftsminister Udo Corts zu tun, sondern auch mit Innenminister Volker Bouffier:

    "Im Prinzip könnte es uns dies weniger Autonomie bringen, wenn wir zu einer Stiftungsuniversität werden, weil ja das Innenministerium über das Stiftungsrecht wacht, und das heißt, plötzlich müsste Herr Steinberg nicht nur mit Herrn Corts verhandeln sondern auch mit Herr Bouvier und allen Leuten, die nachkommen in dem Bereich."

    Mehr Flexibilität verspricht das Frankfurter Unipräsidium auch bei der Gestaltung der Arbeitsverhältnisse der Mitarbeiter. Für Markus Michalek, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Hochschulrechenzentrum und in der "Freien Liste" der Hochschule in Personalfragen aktiv, ist das nicht unbedingt Grund zur Freude:

    "Die größten Sorgen liegen darin, dass eben Dinge, die Beschäftigte im öffentlichen Dienst interessieren, zum Beispiel eine gewisse Sicherheit, die hier in den letzten Jahren ja auch durch Lohnverzicht erkauft wurde, dass die jetzt auf einmal runterfallen könnten."

    Um diese Sorgen zu nehmen, schloss das Präsidium der Goethe-Universität gestern noch eine Vereinbarung mit dem Personalrat. Uni-Präsident Rudolf Steinberg sichert darin unter anderem zu, dass die Arbeitsbedingungen in der künftigen Stiftungsuniversität tariflich geregelt sein sollen:

    "Ich kann sehr gut verstehen, dass die Beschäftigten Besorgnisse haben, was die Umwandlung konkret bedeutet, für ihre Arbeitssituation, für ihre Entgeltsituation. Wir wollen etwa Sondierungsgespräche beginnen über den Abschluss einen Tarifvertrages, des sich orientiert an dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in den Ländern mit einer wissenschaftsspezifischen Komponente."

    Dass in einer Stiftungsuniversität womöglich ganze Fachbereiche herunterfallen können, befürchtet der Dekan der Pädagogik, Andreas Gruschka. Deshalb hatte der Fachbereichsrat beschlossen, dass Präsidium zu bitten, den Senatsbeschluss zu verschieben. Es sollte zunächst viel genauer geklärt werden, was mit den Fächern geschehe, an denen Stifter aus der Wirtschaft wenig Interesse haben, fordert Andreas Gruschka:

    "Sicher ist, dass diejenigen, die stiften werden, nicht einfach blind stiften werden, sondern mit inhaltlichen Optionen stiften. Da kann man sich in Frankfurt ein klares Bild verschaffen, welche Richtung es geht, das sind die angewandten Naturwissenschaften und das wird Finance vor allem sein, wegen der regionalen Bindung, unter der Unterstellung, dass die jetzt schon kräftig Stiftenden in der Stiftungsuniversität sich noch in einer ganz anderen Dimension beteiligen. Während Fachbereiche wie der Unsrige, könnten zwar bitten, dass Schulen und das Land stiften, aber wir haben keine Adressaten für pädagogische Frage entsprechende Stifter aufzubringen."

    Doch trotz dieser Bedenken setzte die Frankfurter Unileitung den Grundsatzbeschluss des Senates für die Stiftungsuniversität durch.
    Den aus Sicht des Präsidiums besteht Zeitdruck. Im Januar 2008 stehen nämlich in Hessen Landtagswahlen an, möglicherweise wird die Politik im letzten halben Jahr vor der Wahl nicht mehr entscheidungsfreudig sein. Deshalb soll die Stiftungsuniversität Frankfurt am Main vor der Sommerpause unter Dach und Fach gebracht werden. Der gestrige Senatsbeschluss eröffnet dazu die Möglichkeit.