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"Wichtigster Kampf der letzten Jahre"

Seit zehn Jahren ist Wladmimir Klitschko unbesiegt. Der 34-jährige Alexander Powetkin aus Russland will das ändern. Ein russischer Oligarch hat den Kampf für rund 17 Millionen Euro nach Moskau geholt, auf Klitschko wartet eine Rekordbörse.

Von Gesine Dornblüth |
    "I tak vstrechaete super champion... Klitschkooo..."

    Öffentliches Training in Moskau wenige Tage vor dem Kampf im Olympiastadion. Der Ukrainer Wladimir Klitschko wird von den Journalisten begeistert aufgenommen. Leichtfüßig tänzelt er durch den Ring. Der Kommentator des russischen Box-Kanals "Bojets TV" jubelt.

    "Niemand im Schwergewicht hat in den letzten Jahrzehnten seine Form so peinlich genau aufgebaut wie Wladimir. Es ist unglaublich, wie jedes Kilo Körpergewicht erarbeitet, jeder einzelne Muskel trainiert ist. Man sieht förmlich jede Faser. Er ist einfach in einem umwerfenden Zustand."

    Klitschkos Gegner, der Russe Alexander Powetkin, ist nicht nur einen Kopf kleiner, sondern hat seine Muskeln unter einem T-Shirt versteckt. Darauf steht sein Spitzname: "Russkij Vitjaz", der "Russische Ritter".

    "Er hat ein, wie die Sportpsychologen sagen, einzigartiges, unglaublich starkes Nervenkostüm. Sascha Powetkin ist ein besonderer Mensch, er hat ein Höchstmaß an Mut und kann einstecken wie kein anderer. Das ist sein größter Trumpf."

    Das Duell der beiden Schwergewichtler ist hoch geschrieben worden zum "wichtigsten Kampf der letzten Jahre". Der 37-jährige Klitschko ist seit zehn Jahren unbesiegt, nun soll der drei Jahre jüngere Powetkin das ändern. Ein russischer Oligarch hat rund 17 Millionen Euro gezahlt, um den Kampf nach Moskau zu holen. Daraus ergibt sich eine Rekordbörse von sage und schreibe 13 Millionen Euro für Klitschko. Die 14.000 Tickets sind seit langem ausverkauft. Klitschko gilt als Favorit, doch Powetkins Fans sind bereit, ihn lautstark zu unterstützen. Im Internet kursiert ein Video aus einem russischen Fußballstadion.
    Im sozialen Netzwerk "v kontakte", einer Art russischem Facebook, haben Fans einen Wettbewerb der besten Schlachtengesänge ausgelobt. Der Siegertext: "Sozhmi kulak i snova v boj, Povetkin Sascha, my s toboj!" Auf Deutsch heißt das: "Ball die Faust und zieh in den Kampf, Sascha Powetkin, wir sind mit dir." Wie unterschiedlich die beiden Kontrahenten außerhalb des Rings sind, zeigte sich während der kurzen Auftritte in Moskau vor dem Kampf. Powetkin scheut die Öffentlichkeit, sagt kaum mehr als zwei zusammenhängende Sätze.

    "Ich bin voll mit den Vorbereitungen beschäftigt. Versuche, mich nicht abzulenken. Ich danke allen, die mich unterstützen."

    Klitschko dagegen erscheint ganz als Mann von Welt.

    "I will answer in Russian and then continue in English.”"

    Wenn ukrainische und russische Sportler gegeneinander antreten, hat das auch immer einen politischen Beigeschmack. Die Ukraine sucht den Anschluss an den Westen. Russland aber möchte die Ukraine für eine Union ehemaliger Sowjetrepubliken gewinnen. In den letzten Wochen haben sich die Töne zwischen Kiew und Moskau deshalb verschärft. Beide Sportler, Klitschko und Powetkin, engagieren sich politisch. Wladimir Klitschko war in der ukrainischen Demokratiebewegung aktiv. Sein Bruder Witalij ist einer der wichtigsten dezidiert prowestlichen Oppositionspolitiker der Ukraine. Aleksander Powetkin seinerseits saß von 2006 bis 2011 im Gebietsparlament seiner Heimatregion Kursk im europäischen Teil Russlands. Er gilt als Anhänger Putins. Genügend Stoff also für politische Interpretationen. Die beiden Boxer hören das allerdings nicht gern. Es gäbe keine besondere Konkurrenz zwischen den beiden, betont Powetkin:

    ""Ich glaube, dass Weißrussland, die Ukraine und Russland ein Volk sind. Deshalb fiebere ich immer mit Wladimir Klitschko mit."

    Tatsächlich haben beide Kontrahenten Fans in Russland und in der Ukraine. Dies Mal aber stehen die Russen natürlich auf Powetkins Seite. Der bekannte russische Kinoregisseur Nikita Michalkow glaubt gar an einen K.O.-Sieg Powetkins über Klitschko. Der Ukrainer gab sich vor dem Kampf diplomatisch:

    "Man darf Alexander Powetkin nicht unterschätzen. Die Nacht wird schwierig für beide im Ring, für Alexander genauso wie für mich. Ich will ihn aber auch nicht überschätzen. Jeder hat seine Chancen, wer sie wie nutzt, sehen wir am Samstag Abend."