Ein Buch in die Hand nehmen oder in der Tageszeitung schmökern, wenn das Licht funzlig ist, bei schwachem Kerzenschein zum Beispiel. So etwas bekommt unseren Augen schlecht. Auf Dauer ruiniert es das Sehvermögen. Oder etwa nicht?
"Das stimmt gar nicht! Es gibt keinerlei Belege dafür. Richtig ist zwar, dass Lesen bei schwachem Licht die Augen anstrengt, dass sie trocken und müde werden. Aber sie erholen sich davon wieder und werden keineswegs dauerhaft geschädigt."
Rachel Vreeman räumt mit einem weitverbreiteten Irrtum auf. Die Medizinerin forscht an der Indiana University in Indianapolis in den USA. Und sie hat damit begonnen, gängige Gesundheitsregeln kritisch zu hinterfragen. Haben sie wirklich Hand und Fuß? Sind sie wissenschaftlich haltbar? Oder handelt es sich bloß um medizinische Mythen? Das British Medical Journal veröffentlicht jetzt einen Fachartikel, den Vreeman zusammen mit einem Kollegen verfasst hat. Wenn man möchte ein Enthüllungsbericht. Ein weiterer, immer wieder kolportierter Gesundheitstipp: Man solle zwei bis drei Liter Flüssigkeit am Tag zu sich nehmen. Oder acht Glas Wasser, wie es in den USA heißt. Vreeman:
"Auch das ist nicht wahr! Wenn man sich die medizinische und die ernährungswissenschaftliche Fachliteratur anschaut, dann findet man nirgendwo die Empfehlung, man solle zwei Liter oder acht Gläser Wasser pro Tag trinken. Im Gegenteil: Es wird dargelegt, dass man genügend Flüssigkeit mit dem aufnimmt, was man für gewöhnlich isst und trinkt. Auch Kaffee zählt übrigens dazu."
Haare wachsen nach dem Rasieren schneller. Sie sind dunkler und dichter. Auch das nur ein Mythos? Vreeman:
"”Das stimmt nicht! Wenn man Haare abrasiert oder abschneidet, wachsen sie nachher genauso schnell wie vorher. Es mag sein, dass sie zunächst dunkler erscheinen. Doch das liegt bloß daran, dass die Strahlung der Sonne ihre Schäfte noch nicht ausgeblichen hat. Und warum wirkt frisch geschnittenes Haar dichter? Ganz einfach! Weil man ja die schlanken Spitzen kappt, und das Haar, das dann freisteht, erst einmal gröber ist.""
Eine merkwürdige Vorstellung: Man ist tot. Doch die Fingernägel wachsen noch weiter. Das stammt aus keinem Horrorfilm. Das hört man immer wieder. Stimmt denn das wenigstens, Frau Doktor Vreeman?
"Auch das entspricht nicht der Wahrheit! Aber wir glauben zu wissen, warum die Leute daran glauben. Nach dem Tod trocknet die Haut aus und zieht sich zusammen. Dadurch stehen die Fingernägel stärker hervor. Aber sie wachsen keinesfalls weiter. Das können sie gar nicht. Dafür müssten komplexe Reaktionen des Hormonsystems weiter ablaufen. Doch das ist nach dem Tod nicht mehr der Fall."
Die Forscher aus Indianapolis entzaubern noch andere hartnäckige Mythen. Wir benutzen ständig nur zehn Prozent unseres Gehirns. Diese Aussage wurde verschiedentlich Albert Einstein zugeschrieben. Doch in keinem historischen Dokument ließ sich ein solches Zitat aufspüren. Und überhaupt: Mit modernen bildgebenden Verfahren wurde längst gezeigt, dass keine Region im menschlichen Hirn vollständig inaktiv ist. Es gibt aber auch Gesundheitsregeln, die die kritische Prüfung bestanden. Vreeman:
"”Ein Beispiel dafür ist die Empfehlung, Hühnersuppe zu essen, wenn man erkältet ist. Es gibt Studien, die nahe legen, dass das unser Immunsystem tatsächlich stärkt. Außerdem hilft die heiße Flüssigkeit gegen Schnupfen.""
Sie wolle Mediziner und die Öffentlichkeit dazu bringen, kritischer mit althergebrachten Gesundheitsregeln umzugehen und sie nicht ungeprüft zu verbreiten. Das, sagt Rachel Vreeman, sei die Motivation für ihre Studien, die im Übrigen weiterlaufen. Es gibt so viele medizinische Mythen – im kommenden Jahr will die US-Forscherin ein ganzes Buch darüber schreiben.
"Das stimmt gar nicht! Es gibt keinerlei Belege dafür. Richtig ist zwar, dass Lesen bei schwachem Licht die Augen anstrengt, dass sie trocken und müde werden. Aber sie erholen sich davon wieder und werden keineswegs dauerhaft geschädigt."
Rachel Vreeman räumt mit einem weitverbreiteten Irrtum auf. Die Medizinerin forscht an der Indiana University in Indianapolis in den USA. Und sie hat damit begonnen, gängige Gesundheitsregeln kritisch zu hinterfragen. Haben sie wirklich Hand und Fuß? Sind sie wissenschaftlich haltbar? Oder handelt es sich bloß um medizinische Mythen? Das British Medical Journal veröffentlicht jetzt einen Fachartikel, den Vreeman zusammen mit einem Kollegen verfasst hat. Wenn man möchte ein Enthüllungsbericht. Ein weiterer, immer wieder kolportierter Gesundheitstipp: Man solle zwei bis drei Liter Flüssigkeit am Tag zu sich nehmen. Oder acht Glas Wasser, wie es in den USA heißt. Vreeman:
"Auch das ist nicht wahr! Wenn man sich die medizinische und die ernährungswissenschaftliche Fachliteratur anschaut, dann findet man nirgendwo die Empfehlung, man solle zwei Liter oder acht Gläser Wasser pro Tag trinken. Im Gegenteil: Es wird dargelegt, dass man genügend Flüssigkeit mit dem aufnimmt, was man für gewöhnlich isst und trinkt. Auch Kaffee zählt übrigens dazu."
Haare wachsen nach dem Rasieren schneller. Sie sind dunkler und dichter. Auch das nur ein Mythos? Vreeman:
"”Das stimmt nicht! Wenn man Haare abrasiert oder abschneidet, wachsen sie nachher genauso schnell wie vorher. Es mag sein, dass sie zunächst dunkler erscheinen. Doch das liegt bloß daran, dass die Strahlung der Sonne ihre Schäfte noch nicht ausgeblichen hat. Und warum wirkt frisch geschnittenes Haar dichter? Ganz einfach! Weil man ja die schlanken Spitzen kappt, und das Haar, das dann freisteht, erst einmal gröber ist.""
Eine merkwürdige Vorstellung: Man ist tot. Doch die Fingernägel wachsen noch weiter. Das stammt aus keinem Horrorfilm. Das hört man immer wieder. Stimmt denn das wenigstens, Frau Doktor Vreeman?
"Auch das entspricht nicht der Wahrheit! Aber wir glauben zu wissen, warum die Leute daran glauben. Nach dem Tod trocknet die Haut aus und zieht sich zusammen. Dadurch stehen die Fingernägel stärker hervor. Aber sie wachsen keinesfalls weiter. Das können sie gar nicht. Dafür müssten komplexe Reaktionen des Hormonsystems weiter ablaufen. Doch das ist nach dem Tod nicht mehr der Fall."
Die Forscher aus Indianapolis entzaubern noch andere hartnäckige Mythen. Wir benutzen ständig nur zehn Prozent unseres Gehirns. Diese Aussage wurde verschiedentlich Albert Einstein zugeschrieben. Doch in keinem historischen Dokument ließ sich ein solches Zitat aufspüren. Und überhaupt: Mit modernen bildgebenden Verfahren wurde längst gezeigt, dass keine Region im menschlichen Hirn vollständig inaktiv ist. Es gibt aber auch Gesundheitsregeln, die die kritische Prüfung bestanden. Vreeman:
"”Ein Beispiel dafür ist die Empfehlung, Hühnersuppe zu essen, wenn man erkältet ist. Es gibt Studien, die nahe legen, dass das unser Immunsystem tatsächlich stärkt. Außerdem hilft die heiße Flüssigkeit gegen Schnupfen.""
Sie wolle Mediziner und die Öffentlichkeit dazu bringen, kritischer mit althergebrachten Gesundheitsregeln umzugehen und sie nicht ungeprüft zu verbreiten. Das, sagt Rachel Vreeman, sei die Motivation für ihre Studien, die im Übrigen weiterlaufen. Es gibt so viele medizinische Mythen – im kommenden Jahr will die US-Forscherin ein ganzes Buch darüber schreiben.