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Widerrechtliche Eigentumsnutzung

Nach der türkischen Invasion wurden viele Zypern-Griechen enteignet. Ihre Grundstücke erhielten eingewanderte Türken. Die aber verkauften die Grundstücke manchmal widerrechtlich weiter an Ausländer. Das ist nicht nur schlecht für die neuen Besitzer, sondern führt zu neuem Streit auf Zypern. Panagiotis Kouparanis stellt das Problem dar.

    Von ihm hätten das die wenigsten erwartet. Der Zyperngrieche Meletis Apostolidis ist ein bekannter Aktivist für die Versöhnung mit den Zyperntürken. Schon vor 15 Jahren hatte er die ersten bi-kommunalen Gruppen der Insel mitgegründet. Und gerade er klagt jetzt als Erster vor einem Gericht in Nikosia wegen widerrechtlicher Nutzung seines Eigentums im nordzyprischen Ort Lapithos, den seine Familie mit weiteren 200.000 griechischen Zyprioten nach der türkischen Invasion im Juli 1974 verlassen musste.

    Beklagte sind das britische Ehepaar Linda und David Orams, die auf einem Teil seines Grundstücks vor zwei Jahren eine noble Villa gebaut haben. Daraufhin klagte Meletis Apostolidis vor einem Gericht in Nikosia auf Entschädigung und Zerstörung des Hauses. Der Auftritt der Orams vor Gericht ist für Apostolidis typisch für die Argumentationsweise der ausländischen Immobilienkäufer in Nordzypern.
    "Die Verteidigungslinie der Orams war: Man wisse schlichtweg nicht, was Sache auf Zypern ist. Da gäbe es wohl einige Differenzen zwischen Griechen und Türken. Wir haben aber in gutem Glauben von einem Regime gekauft, das uns Besitztitel gab. Sie versuchten es also mit einer politisch naiven Haltung. Nachdem wir sie aber ins Kreuzverhör nahmen, haben sie zugegeben, dass sie über die politische Situation auf Zypern bescheid wüssten, dass also das Regime im Norden von keinem anderen Staat anerkannt wird außer der Türkei. Wie soll das auch anders sein. Man kann doch nicht 350.000 Euro investieren und dann sagen: Das wusste ich nicht, dass diese Besitztitel nur von der Türkei anerkannt werden."
    Rund 4.000 Briten und weitere 6.000 Ausländer haben sich nach Schätzungen britischer Zeitungen eine Immobilie im Norden gekauft. Mehrheitlich, so wird vermutet, auf Grundstücken, die griechischen Zyprioten gehören. Denn 82 Prozent des Landes in Nordzypern war vor der Invasion von 1974 in griechischem Besitz. Danach wurde deren Eigentum nicht nur von den rund 40.000 türkischen Zyprern genutzt, die aus dem Süden in den Norden zogen. Auch den über 115.000 Siedlern aus Türkei, die aus demografischen Gründen in Anatolien für Nordzypern angeworben worden waren, wurde Eigentum der griechischen Zyprer übereignet. Gerade sie sind es, die das Land an Immobilienfirmen verkaufen, die es dann an Westeuropäer weiterveräußern. Die Siedler kehren danach meist wieder in die Türkei zurück.

    Mehrere Gerichte, darunter der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, haben den Rechtsanspruch der griechisch-zyprischen Flüchtlinge auf ihre Immobilien im Norden bestätigt. Mit dem EU-Beitritt der Republik Zypern können die Kläger nun ein Urteil gegen neue Besitzer wie die Orams sogar in deren Heimatland vollstrecken lassen. Ratschläge, wie man sein Eigentum schützt, gibt seit kurzem der Rat zur Verteidigung der Bürgerrechte in Nikosia. Wie sein Vorsitzender Dias Livadias betont, sowohl für griechische als auch für türkische Zyprioten.
    "Unser Ziel ist die erneute Bestätigung unser Besitzrechte in Nordzypern. Wir wollen verhindern, dass irgend jemand unser Eigentum im Zuge der Lösung der Zypernfrage an andere verschenken kann. Und darüber hinaus wollen wir die Entwicklung stoppen, dass ausländische Unternehmen oder auch türkisch-zypriotische griechisch-zypriotischen Besitz nutzen, darauf bauen und verkaufen. Dadurch entsteht ein ernsthaftes Problem. Wenn nämlich 10000, 20000 Ausländer Immobilien kaufen, dann wird es schwer sein, die Zypernfrage zu lösen. Es muss jedermann klar sein, dass der rechtmäßige griechisch-zypriotische Besitz oder auch der Besitz von anderen Zyprioten ihnen auch weiterhin gehört."
    Über diese Haltung scheint unter den griechischen Zyprioten Konsens zu herrschen: Man klagt gegen Ausländer, die widerrechtlich zypriotischen Besitz kaufen, man will aber keine Verfahren gegen türkische Zyprioten, die griechisch-zypriotischen Besitz nutzen. So sieht das auch Meletis Apostolidis:
    "Das Landhaus der Orams wurde auf dem Grundstück gebaut, auf dem auch das Haus meiner Eltern ist. Darin wohnen türkische Zyprioten, Flüchtlinge aus dem Süden. Diese Menschen haben mich sehr herzlich begrüßt, als ich das erste Mal dorthin kam. Es ist doch nachvollziehbar, dass diese Menschen ja irgendwo leben müssen, angesichts der ungelösten Zypernfrage."
    Es ist tatsächlich auch nur ein Fall bekannt, dass ein griechischer Zypriote einen türkischen Zyprioten verklagt hat. Und das, weil er das Haus des Griechen zu einem Restaurant umfunktioniert hatte. Darüber hinaus sind drei Haftbefehle gegen drei türkische Zyprioten und einen Briten erlassen worden, die Häuser auf Grundstücke von griechischen Zyprioten bauen und an Ausländer verkaufen.