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Widersprüchliche Rechtslage

Obwohl das schleswig-holsteinische Wattenmeer ein Nationalpark ist, wird dort Öl gefördert. Der Grund dafür ist sozusagen eine Art Bestandsschutz. Die Genehmigung für die Bohrinsel Mittelplate im Dithmarscher Watt war schon erteilt worden, bevor der Nationalpark gegründet worden ist. Jetzt ist der Streit um die Bohrinsel neu entfacht worden. Es geht um weitere Probebohrungen und um eine Rechtslage, die nicht eindeutig ist.

Von Annette Eversberg |
    "Als Mitte der 80er Jahre der Nationalpark Wattenmeer gegründet wurde, da wurde damals nach heftigen Diskussionen seitens der Landesregierung als Ausnahme im Nationalparkgesetz von der Landesregierung festgeschrieben, dass von der sogenannten Mittelplate an einer Stelle dort Erdöl gefördert werden darf. Und zwar, weil damals die Betreiber eine Konzession hatten für dieses Gebiet. "

    Hans-Ulrich Rösner vom WWF in Husum ist gegen die Genehmigung, die das Bergamt Clausthal-Zellerfeld, das zudem ein schleswig-holsteinischer Landesbetrieb ist, dem Mittelplate-Betreiber gerade erteilt hat. Dabei handelt es sich ebenfalls um eine Konzession. Diesmal aber nicht in Dithmarschen, sondern mitten im nordfriesischen Watt vor der Halbinsel Eiderstedt und unter Einschluss der Halligen und den Inseln Pellworm und Nordstrand.

    "Wir befürchten einfach, dass es auch hier wieder nur der erste Sargnagel, dort in den Nationalpark gehämmert wird, dass wenn hier erst einmal ein Recht erteilt wird, dort nach Öl oder Gas zu suchen, dass dies auch zwangsläufig später dazu führt, dass Ansprüche angemeldet werden, hier nicht nur zu bohren, sondern Fördereinrichtungen zu betreiben. "

    Die Erlaubnis für dieses immerhin 2000 Quadratkilometer große Gebiet kam unerwartet, dennoch ist sie, so Dr. Detlef Hansen vom schleswig-holsteinischen Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz nach dem Bergrecht möglich.

    "Ich hätte eigentlich erwartet, dass das Bergamt den Antrag abgelehnt hätte. Wir hatten eine entsprechend deutliche Stellungnahme geschrieben. Da aber nicht nur Nationalparkbelange in diesem Claim betroffen sind, sondern auch Festlandbereiche, hat das Bergamt nicht nur Naturschutzbelange zu berücksichtigen gehabt, und ist zu einer Genehmigung dieses Erlaubnisfeldes gekommen. "

    Dennoch herrscht über das, was nun möglich ist, Uneinigkeit. Die Naturschutzverbände wollen klagen und drängen damit auf eine Anpassung des aus ihrer Sicht veralteten Bergrechts an die europäische Naturschutzgesetzgebung zum Schutz von Natura 2000 oder FFH-Gebiete. RWE-DEA möchte sich über das Gebiet, erst einmal Klarheit verschaffen. Pressesprecher Derek Mösche.

    "Zunächst geht es einmal darum, sogenannte Altseismik aus früheren Zeiten zu untersuchen, aber auch eine Seismik mit modernen Mitteln zu realisieren. Dann wird man dadurch eine Karte des Untergrunds generieren, die dann wieder von unseren Geologen und Physikern interpretiert wird. Und erst diese Interpretation kann dann Aufschluss darüber geben, ob da unten was ist, und ob man weitere Maßnahmen weiterverfolgt."

    Gleichzeitig soll auch geprüft werden, ob dort Verhältnisse herrschen, die eine Speicherung von Kohlendioxid ermöglichen. Was die Naturschutzverbände kritisch sehen, weil die Speicherung von Kohlendioxid als zu teuer und energieaufwändig gilt.

    Solche Explorationsmaßnahmen und selbst seismische Untersuchungen sind nach dem schleswig-holsteinische Nationalparkgesetz nicht genehmigungsfähig. Dass aber unerwartete Eingriffe ins Watt jederzeit passieren können, das zeigen den Naturschutzverbänden die ebenfalls geplanten Probebohrungen auf Mittelplate und 50.000 Quadratmeter Steine im Watt, damit die Bohrinsel nicht unterspült wird. Für RWE-DEA-Projektleiter Norbert Riedel sind diese Sicherungsmaßnahmen aufgrund des Bergrechts auch ohne Genehmigung jederzeit möglich.

    "Das Wattenmeer selber mit seinen Wattrinnen und Prielen unterliegt einer hohen dynamischen Veränderung und der Priel Trischenflinge, vorgelagert vor der Mittelplate hat sich in ein bis zwei Jahren in nördlicher Richtung bewegt, so dass die hydrodynamischen Belastungen auf die Mittelplate zugenommen haben und dass der Kolkschutz, der die Mittelplate seit 1986 zuverlässig schützt, entsprechend angepasst werden muss. "

    Die Naturschutzverbände bleiben skeptisch. Derek Mösche hofft aber dennoch bei Erkundungen im Watt auf eine Ausnahmegenehmigung vom schleswig-holsteinischen Nationalparkgesetz.

    "Wir sind ja verpflichtet, umfangreiche naturschutzfachliche Voruntersuchungen zu machen. Und diese naturschutzfachlichen Voruntersuchungen sind auch das Argument für eine Ausnahmegenehmigung. "