Was ist geplant?
Der EU-Außenbeauftragte Borrell hat vorgeschlagen, Zinserträge aus den eingefrorenen Geldern der russischen Zentralbank zu 90 Prozent in die sogenannte Europäische Friedensfazilität zu investieren. Aus diesem Topf finanzieren die Europäer Waffen- und Munitionskäufe für die Ukraine. Die verbleibenden zehn Prozent der Zinseinnahmen sollen in den zentralen EU-Haushalt fließen, um die Verteidigungskapazität der ukrainischen Industrie zu stärken. EU-Ratspräsident Michel teilte am späten Donnerstagabend mit, man wolle diesen Großteil der Zinserträge für die Unterstützung der Ukraine nutzen.
Um wie viel Geld geht es?
Nach Kommissionsangaben sind mehr als 200 Milliarden der russischen Zentralbank eingefroren. Die Erträge aus der Verwahrung des Kapitals steigen laufend. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear, bei dem sich ein großer Teil der eingefroren Gelder befindet, hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinseinnahmen gemacht zu haben, die in Verbindung zu Russlandsanktionen stehen.
Nach Angaben eines hochrangigen EU-Beamten könnten die in der EU eingefrorenen russischen Vermögenswerte bis 2027 zwischen 15 und 20 Milliarden Euro an Gewinnen einbringen. Borrell sprach von rund drei Milliarden Euro pro Jahr, die anfallen würden.
Wie hoch die bisherigen Militärhilfen für die Ukraine ausgefallen sind, lässt sich schwer schätzen. Vor einem halben Jahr gab das ukrainische Verteidigungsministerium bekannt, seit Kriegsbeginn rund 93 Milliarden Euro von den westlichen Verbündeten erhalten zu haben. Das macht deutlich, dass die prognostizierten drei Milliarden Euro pro Jahr aus den Zinsgewinnen nur einen kleinen Teil ausmachen würden.
Wie ist die Rechtslage?
Wegen hoher juristischer Hürden können die eingefroreren Mittel nicht einfach beschlagnahmt werden. Das Geld gehört weiterhin Russland und ist durch die Staatensouveränität geschützt. Was die Zinsen betrifft, ist die Einschätzung in Brüssel eine andere. Diese wären ohne die Sanktionen und das damit verbundene Einfrieren der Gelder nicht möglich. Deshalb will Borrell nun zumindest die Zinsgewinne aus dem Vermögen nutzbar machen. Diese Zufallsgewinne sollen mit einer hohem Abgabegebühr belegt werden, um die fälligen Erträge dann nutzen zu können, erklärte DLF-Korrespondent Klaus Remme.
Welche Vorbehalte gibt es?
Neben rechtlichen Bedenken gibt es auch Sorgen vor Vergeltungsmaßnahmen. Moskau hatte die EU bereits im vergangenen Jahr davor gewarnt, das Eigentum des russischen Staates oder russischer Bürger zu konfiszieren. Denkbar wäre es beispielsweise, dass dann auch in Russland tätige Unternehmen aus EU-Ländern zwangsenteignet werden. Zudem könnte eine direkte Nutzung der russischen Vermögenswerte auch dazu führen, dass andere Staaten und Anleger das Vertrauen in den europäischen Finanzplatz verlieren und Vermögen aus der EU abziehen.
Diese Nachricht wurde am 21.03.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.