Ein Kernspintomograph im Krankenhaus. Mithilfe starker Magnetfelder blickte er ins Innere des Patienten, und zwar in 3D. Seine Magneten sind supraleitend. Sie können Strom ohne Widerstand leiten und dadurch sehr starke Magnetfelder erzeugen – vorausgesetzt, man kühlt sie ab auf minus 270 Grad Celsius. Verwandt mit der Supraleitung ist die Suprafluidität. Bei ihr können Flüssigkeiten ohne jeden Widerstand die Wände von Gefäßen hochkriechen – vorausgesetzt, sie sind ultrakalt. Und nun sind die Physiker einem dritten Supra-Effekt auf der Spur:
"Die Supra-Solidität ist ein seltsames Phänomen. Sie tritt nur bei extrem tiefen Temperaturen auf, bei denen sogar Helium zu einem Kristall gefriert. Was dann passiert ist, dass ein Teil der Heliumatome ohne jeden Widerstand durch den Kristall geistern kann. Ein paradoxer Effekt. Und genau deshalb interessieren wir uns so für ihn","
sagt Sébastien Balibar, Physiker am Labor für statistische Physik in Paris. Atome, die sich aus dem Kristallgitter lösen und ohne Widerstand durch das Gitter gleiten – auf die Alltagswelt übertragen wäre das so, als gäbe es tatsächlich Geister, die ungehindert durch Hauswände und geschlossene Türen schweben. Vorhergesagt wurde die Suprasolidität bereits 1969. Aber erst 2004 konnten US-Physiker einen Hinweis liefern, der zeigt: Ja, Suprasolidität könnte es wirklich geben. Balibar:
""Die Forscher nahmen ein Kästchen und hängten es an einem Faden auf. Damit konnte das Kästchen als Drehpendel fungieren, das abwechselnd im oder entgegen dem Uhrzeigersinn rotiert. Dann füllten sie das Kästchen mit Helium und kühlten es so stark ab, dass das Helium gefror und fest wurde. Anschließend versetzten sie das Kästchen in Schwingung und merkten, dass sich das Kästchen schneller hin- und her drehte als erwartet. Und das erklären wir uns dadurch, dass nicht mehr das ganze gefrorene Helium mit dem Kästchen mitrotierte. Etwa ein Prozent der Heliumatome schien bewegungslos zu verharren, während der Rest weiter mit dem Kästchen schwang."
Die Erklärung: Das eine Prozent war plötzlich suprasolide geworden. Es war nicht mehr an den Kristall gebunden, musste sich also auch nicht mehr mit dem Kästchen drehen. Das wäre so, als würde man auf dem Spielplatz ein Kind auf einer Schaukel eindrehen. Lässt man die Schaukel dann los, würden sich Schaukel und Kind zurückdrehen – nur die Mütze des Kindes nicht. Sie würde geisterhaft verharren und stillstehen. Doch nicht alle Fachleute sind von dem Experiment überzeugt. Manche glauben, die Messwerte könnten durch Verunreinigungen im Helium zustande gekommen sein. Sébastien Balibar ficht das nicht an.
"Ich bin davon überzeugt, dass dieses Phänomen existiert!"
Doch auch er weiß: Es müssen noch andere Experimente her. Nur sie können Klarheit bringen.
"Am liebsten wäre es uns, wenn wir einen Dauereffekt beobachten könnten. Schließlich bewegen sich die Atome ja ohne Widerstand durch den Kristall. Im Prinzip müssten sie – einmal angestoßen – für Wochen und Monate durch den Kristall geistern können. Solche Dauereffekte kennt man von der Supraleitung. Genau so was würden wir bei einem suprasoliden System auch gern beobachten – auch wenn wir noch nicht richtig wissen, wie so ein Experiment aussehen könnte."
Das wäre dann der definitive Beweis für den seltsamen Quanteneffekt. Ob er irgendwann mal zu technischen Anwendungen führen wird, ist höchst ungewiss. Aber wer weiß, sagt Balibar: Als 1911 die Supraleitung entdeckt wurde, habe sich auch niemand vorstellen können, dass heute Patienten mit ihrer Hilfe untersucht werden.
"Die Supra-Solidität ist ein seltsames Phänomen. Sie tritt nur bei extrem tiefen Temperaturen auf, bei denen sogar Helium zu einem Kristall gefriert. Was dann passiert ist, dass ein Teil der Heliumatome ohne jeden Widerstand durch den Kristall geistern kann. Ein paradoxer Effekt. Und genau deshalb interessieren wir uns so für ihn","
sagt Sébastien Balibar, Physiker am Labor für statistische Physik in Paris. Atome, die sich aus dem Kristallgitter lösen und ohne Widerstand durch das Gitter gleiten – auf die Alltagswelt übertragen wäre das so, als gäbe es tatsächlich Geister, die ungehindert durch Hauswände und geschlossene Türen schweben. Vorhergesagt wurde die Suprasolidität bereits 1969. Aber erst 2004 konnten US-Physiker einen Hinweis liefern, der zeigt: Ja, Suprasolidität könnte es wirklich geben. Balibar:
""Die Forscher nahmen ein Kästchen und hängten es an einem Faden auf. Damit konnte das Kästchen als Drehpendel fungieren, das abwechselnd im oder entgegen dem Uhrzeigersinn rotiert. Dann füllten sie das Kästchen mit Helium und kühlten es so stark ab, dass das Helium gefror und fest wurde. Anschließend versetzten sie das Kästchen in Schwingung und merkten, dass sich das Kästchen schneller hin- und her drehte als erwartet. Und das erklären wir uns dadurch, dass nicht mehr das ganze gefrorene Helium mit dem Kästchen mitrotierte. Etwa ein Prozent der Heliumatome schien bewegungslos zu verharren, während der Rest weiter mit dem Kästchen schwang."
Die Erklärung: Das eine Prozent war plötzlich suprasolide geworden. Es war nicht mehr an den Kristall gebunden, musste sich also auch nicht mehr mit dem Kästchen drehen. Das wäre so, als würde man auf dem Spielplatz ein Kind auf einer Schaukel eindrehen. Lässt man die Schaukel dann los, würden sich Schaukel und Kind zurückdrehen – nur die Mütze des Kindes nicht. Sie würde geisterhaft verharren und stillstehen. Doch nicht alle Fachleute sind von dem Experiment überzeugt. Manche glauben, die Messwerte könnten durch Verunreinigungen im Helium zustande gekommen sein. Sébastien Balibar ficht das nicht an.
"Ich bin davon überzeugt, dass dieses Phänomen existiert!"
Doch auch er weiß: Es müssen noch andere Experimente her. Nur sie können Klarheit bringen.
"Am liebsten wäre es uns, wenn wir einen Dauereffekt beobachten könnten. Schließlich bewegen sich die Atome ja ohne Widerstand durch den Kristall. Im Prinzip müssten sie – einmal angestoßen – für Wochen und Monate durch den Kristall geistern können. Solche Dauereffekte kennt man von der Supraleitung. Genau so was würden wir bei einem suprasoliden System auch gern beobachten – auch wenn wir noch nicht richtig wissen, wie so ein Experiment aussehen könnte."
Das wäre dann der definitive Beweis für den seltsamen Quanteneffekt. Ob er irgendwann mal zu technischen Anwendungen führen wird, ist höchst ungewiss. Aber wer weiß, sagt Balibar: Als 1911 die Supraleitung entdeckt wurde, habe sich auch niemand vorstellen können, dass heute Patienten mit ihrer Hilfe untersucht werden.