Wenn Pakistans Hilfswerke ihre Rolle bei der Fluthilfe definieren sollen, dann geben sie sich bescheiden.
Wir sind die Brücke zum Staat, so ein Mitarbeiter der Organisation HANDS, die vor allem in der Provinz Sindh aktiv ist. HANDS leistete Nothilfe während der Überschwemmungskatastrophe im letzten Jahr und engagiert sich nun für den Wiederaufbau.
Für die Flutgeschädigten scheinen die Hilfsorganisationen dagegen Ersatz für den Staat zu sein. Wenn wir ein Problem haben, dann wenden wir uns an ein Hilfswerk, sagt der Fischer Mahmand, einer von Millionen Menschen, die letztes Jahr Haus und Habe in den Fluten des Indus verloren.
Während Behörden in Untätigkeit verharrten und Politiker sich daran nicht weiter störten, brachten gemeinnützige Organisationen die Flutvertriebenen in Zeltstädten unter, versorgten sie mit sauberem Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten, unterrichteten die Kinder und verschafften den Erwachsenen mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ein kleines Einkommen.
Die Katastrophe illustrierte die systematische Vernachlässigung der Pakistaner durch ihren Staat, sagt Zafarullah Khan vom "Centre for Civic Education" in Islamabad:
Für die Leute, die von den Fluten geschädigt wurden, hat dieser Staat sich noch nie interessiert. Sie spielen weder eine Rolle bei Prioritäten und Planung noch bei der Verteilung von Ressourcen.
In Sindh, der am schwersten betroffenen Provinz, litten vor allem landlose Kleinbauern unter den Überschwemmungen. Sie leben überwiegend in Flussniederungen, die offiziell niemand besitzt und bewirtschaftet, und fristen ihre Existenz als moderne Leibeigene von Großgrundbesitzern. Diese neuzeitlichen Feudalherrscher kontrollieren gleichzeitig Politik und Verwaltung.
Nicht nur säkulare Organisationen sprangen für den abwesenden Staat in die Bresche, es war auch eine Gelegenheit für religiöse Extremisten, sich Sympathien zu sichern.
Islamistische Vereinigungen wie Jamat e Dawa, Jaishe Mohammed und Harkat ul Mujahideen konnten schnell zehntausende Freiwillige mobilisieren und der Bevölkerung Hilfe leisten. Denn religiöse wohltätige Organisationen sind wesentlich besser aufgestellt als der Staat, sagt der Politologe Zarafullah Khan:
"Die Islamisten haben sich in die Gesellschaft eingeschlichen. Wenn die Menschen ihre Dienstleistungen nutzen, gewöhnen sie sich an sie. Und während die Islamisten soziale Dienstleistungen erbringen, dringen sie auch in die Gedanken ein."
Die Fluten haben also den subversiven Siegeszug der Extremisten befördert. An die Macht gespült haben sie sie allerdings nicht.
Ebenso wenig wie das pakistanische Militär.
Auch die Streitkräfte konnten sich in der Not profilieren: sie mobilisierten all die beträchtlichen Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, für die Rettung der Flutgeschädigten. So schnell und effizient, dass Forderungen nach Einführung des Kriegsrechts laut wurden, um Feudalismus und Korruption zu beseitigen.
Inzwischen haben die pakistanischen Streitkräfte an Glanz eingebüßt, vor allem weil ein US-Kommando den Al Kaeda Chef Osama bin Laden mitten im Lande aufspüren und töten konnte.
Das ist ein Rückschlag, sagt die Expertin Ayshe Siddiqua. Aber die Militärs können die negative Meinung wettmachen.
Ayshe Siddiqua: "Denn dieser Mythos, dass das Militär die einzig funktionierende Institution des Landes sei, der funktioniert noch immer. Und deshalb unterstützen die Pakistaner grundsätzlich ein starkes Militär."
Ohnehin werden die Grundlinien der pakistanischen Außen- und Sicherheitspolitik nach wie vor in Rawalpindi festgelegt, dem Sitz der Streitkräfte, statt in Islamabad, wo die Regierung beheimatet ist.
Dem Vernehmen nach arbeiten die Generäle bereits an der demokratischen Ablösung von Präsident Zardari bei den Wahlen 2013. Sie setzen angeblich auf den ehemaligen Cricket-Superstar Imran Khan, der sich während der Überschwemmungskatastrophe mit erzkonservativen Positionen als Kritiker des politischen Establishments profilierte. Eine vom Militär gestützte Regierung eines Islamisten – das wäre die gemeinsame Machtübernahme.
"Ideologisch bewegen wir uns auf einen hybriden Gottesstaat zu", meint die pakistanische Militärexpertin Ayshe Siddiqua.
Einen politischen Dammbruch hat die Überschwemmungskatastrophe des Jahres 2010 nicht bewirkt. Das Versagen des Staates aber hat möglicherweise die Erosion der Demokratie in Pakistan beschleunigt.
Wir sind die Brücke zum Staat, so ein Mitarbeiter der Organisation HANDS, die vor allem in der Provinz Sindh aktiv ist. HANDS leistete Nothilfe während der Überschwemmungskatastrophe im letzten Jahr und engagiert sich nun für den Wiederaufbau.
Für die Flutgeschädigten scheinen die Hilfsorganisationen dagegen Ersatz für den Staat zu sein. Wenn wir ein Problem haben, dann wenden wir uns an ein Hilfswerk, sagt der Fischer Mahmand, einer von Millionen Menschen, die letztes Jahr Haus und Habe in den Fluten des Indus verloren.
Während Behörden in Untätigkeit verharrten und Politiker sich daran nicht weiter störten, brachten gemeinnützige Organisationen die Flutvertriebenen in Zeltstädten unter, versorgten sie mit sauberem Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten, unterrichteten die Kinder und verschafften den Erwachsenen mit Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ein kleines Einkommen.
Die Katastrophe illustrierte die systematische Vernachlässigung der Pakistaner durch ihren Staat, sagt Zafarullah Khan vom "Centre for Civic Education" in Islamabad:
Für die Leute, die von den Fluten geschädigt wurden, hat dieser Staat sich noch nie interessiert. Sie spielen weder eine Rolle bei Prioritäten und Planung noch bei der Verteilung von Ressourcen.
In Sindh, der am schwersten betroffenen Provinz, litten vor allem landlose Kleinbauern unter den Überschwemmungen. Sie leben überwiegend in Flussniederungen, die offiziell niemand besitzt und bewirtschaftet, und fristen ihre Existenz als moderne Leibeigene von Großgrundbesitzern. Diese neuzeitlichen Feudalherrscher kontrollieren gleichzeitig Politik und Verwaltung.
Nicht nur säkulare Organisationen sprangen für den abwesenden Staat in die Bresche, es war auch eine Gelegenheit für religiöse Extremisten, sich Sympathien zu sichern.
Islamistische Vereinigungen wie Jamat e Dawa, Jaishe Mohammed und Harkat ul Mujahideen konnten schnell zehntausende Freiwillige mobilisieren und der Bevölkerung Hilfe leisten. Denn religiöse wohltätige Organisationen sind wesentlich besser aufgestellt als der Staat, sagt der Politologe Zarafullah Khan:
"Die Islamisten haben sich in die Gesellschaft eingeschlichen. Wenn die Menschen ihre Dienstleistungen nutzen, gewöhnen sie sich an sie. Und während die Islamisten soziale Dienstleistungen erbringen, dringen sie auch in die Gedanken ein."
Die Fluten haben also den subversiven Siegeszug der Extremisten befördert. An die Macht gespült haben sie sie allerdings nicht.
Ebenso wenig wie das pakistanische Militär.
Auch die Streitkräfte konnten sich in der Not profilieren: sie mobilisierten all die beträchtlichen Mittel, die ihnen zur Verfügung stehen, für die Rettung der Flutgeschädigten. So schnell und effizient, dass Forderungen nach Einführung des Kriegsrechts laut wurden, um Feudalismus und Korruption zu beseitigen.
Inzwischen haben die pakistanischen Streitkräfte an Glanz eingebüßt, vor allem weil ein US-Kommando den Al Kaeda Chef Osama bin Laden mitten im Lande aufspüren und töten konnte.
Das ist ein Rückschlag, sagt die Expertin Ayshe Siddiqua. Aber die Militärs können die negative Meinung wettmachen.
Ayshe Siddiqua: "Denn dieser Mythos, dass das Militär die einzig funktionierende Institution des Landes sei, der funktioniert noch immer. Und deshalb unterstützen die Pakistaner grundsätzlich ein starkes Militär."
Ohnehin werden die Grundlinien der pakistanischen Außen- und Sicherheitspolitik nach wie vor in Rawalpindi festgelegt, dem Sitz der Streitkräfte, statt in Islamabad, wo die Regierung beheimatet ist.
Dem Vernehmen nach arbeiten die Generäle bereits an der demokratischen Ablösung von Präsident Zardari bei den Wahlen 2013. Sie setzen angeblich auf den ehemaligen Cricket-Superstar Imran Khan, der sich während der Überschwemmungskatastrophe mit erzkonservativen Positionen als Kritiker des politischen Establishments profilierte. Eine vom Militär gestützte Regierung eines Islamisten – das wäre die gemeinsame Machtübernahme.
"Ideologisch bewegen wir uns auf einen hybriden Gottesstaat zu", meint die pakistanische Militärexpertin Ayshe Siddiqua.
Einen politischen Dammbruch hat die Überschwemmungskatastrophe des Jahres 2010 nicht bewirkt. Das Versagen des Staates aber hat möglicherweise die Erosion der Demokratie in Pakistan beschleunigt.