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Wie entsteht ein Schulbuch?

Das moderne Schulbuch ist Ratgeber für Schüler, Organisationshilfe für den Lehrer, der die Hoheit über den Unterricht behalten möchte und so betrachten wir es, als Serviceinstrument.

Von Jacqueline Boysen |
    Michael Banse blättert in einem nagelneuen, bunten Deutschbuch. "Deutsch.Punkt" heißt der aufwändig gestaltete Band, der erst seit dieser Woche auf dem Markt ist. Banse, im Ernst-Klett-Schulbuchverlag Leipzig verantwortlich für Lehrwerke der Fächer Deutsch, Kunst und Musik, bietet diesen Band Schulen in verschiedenen Bundesländern zum Kauf an - und reagiert damit auf aktuelle Veränderungen in den Lehrplänen.

    Das Konzept wird im Verlag in Umrissen in der Redaktion erdacht, dann wird ein Produktprofil erstellt, ohne dass eine einzige Zeile geschrieben ist, und wir prüfen die Positionierung gegenüber der Konkurrenz. Erst dann kommen die Autoren und Herausgeber dazu. Aber es ist nicht so, dass ein Autor mit einer Idee kommt und der Verlag übernimmt sie.

    "Deutsch.Punkt", ein Sprach-, Lese- und Selbstlernbuch für die Sekundarstufe 1, ist ein Produkt, an dem ein vielköpfiges Autorenteam, aus Grafikern, Lehrern und Didaktikern gearbeitet hat.

    Früher hat sich ein Schulmeister hingesetzt und ein Lehrbuch geschrieben, heute sind es acht Autoren und Herausgeber, auch Lehrer, dadurch kommen mehr Aspekte vor, in der Diskussion nimmt es Gestalt an. Es ist ganz vielschichtig, nicht das eine Fachbuch, wie es vor 20 Jahren denkbar war.

    Einzelne Elemente überdauern die Zeiten und finden sich in Deutschlehrbüchern verschiedenster Generationen wieder: die Vater- und Sohn-Bildergeschichten aus der Feder von E.O. Plauen zählen dazu, Ausschnitte aus dem "Schimmelreiter" oder "Der Mond ist aufgegangen" von Matthias Claudius gehören noch immer zu den Schulbuchklassikern. Doch die Interpretationen von Gedichten im Jahreszeiten-Zyklus, Ringparabel oder Kurzgeschichten aus der Nachkriegszeit spielen lange nicht mehr die Hauptrolle in der modernen Lehrwerksfamilie - wie Banse das Paket von Schüler- und Lehrerband nebst Arbeitsbuch und CD-ROM nennt. Vielmehr sollen den Schülern von heute grundlegende Kompetenzen vermittelt werden. Und folglich sind der individuellen Arbeitsorganisation, aber auch der Sozialkompetenz in dem aufwendig gestalteten, natürlich im Vierfarbdruck erstellten Lehrbuch zentrale Kapitel gewidmet:

    Ein zweifarbiges wäre gar nicht denkbar, gar nicht marktfähig. Wir haben Illustrationen, Graphiken, auch ein Lesebändchen als Zugabe. Und es bietet auch mehr, mehr Methode. Der deduktive Unterricht hat sich ja verabschiedet, da mussten die Bücher natürlich mitgehen, es ist also kein Vergleich mehr mit den eher asketischen Büchern der Vergangenheit.