Bush hatte Scharon versichert, sein Vorhaben zu unterstützen, Soldaten und Siedler aus dem Gaza-Streifen zurückzuziehen.
Zugleich sollen, auch mit Unterstützung der USA, jedoch die israelischen Siedlungsblöcke im Westjordanland auch nach einem Endstatusvertrag bestehen bleiben. Zwar war die amerikanische Nahostpolitik immer durch eine weitgehende Unterstützung der israelischen Positionen gekennzeichnet, doch nie zuvor wurden die Zugeständnisse so deutlich beim Namen genannt wie beim letzten Gipfel im Weißen Haus.
Seitens der Palästinenser wird nun empört vom endgültigen Ende des so genannten "Friedensprozesses" gesprochen.
Ob es allerdings zur einer von vielen befürchteten weiteren Verschärfung des gewaltsamen Ringens zwischen Israelis und Palästinensern kommt, bleibt abzuwarten.
Zum Ausgangspunkt der jüngsten Entwicklung zunächst ein Beitrag von Siegfried Buschschlüter aus Washington:
Dies sei eine fantastische Gelegenheit, meinte George Bush, als er auf einer Pressekonferenz in Washington gefragt wurde, ob seine neue Politik gegenüber den jüdischen Siedlungen im Westjordanland nicht zu neuen Gewalttätigkeiten führen könnte. Dass sich die Frage nur auf die West Bank bezog, ignorierte Bush. Stattdessen würdigte er die Entscheidung Sharons, "Territorium aufzugeben", pauschal als einen historischen Augenblick.
Die Tatsache, dass Sharon an den israelischen Siedlungen im Westjordanland bis auf wenige Ausnahmen festhalten will, wurde von Bush einfach ausgeblendet. Und das, so meinte der demokratische Senator, Jo Biden, in einer ersten Stellungnahme, sei das Problem; nicht, was Bush gesagt habe, sondern, was er nicht gesagt habe. Jederman habe anerkannt, dass es keinen völligen Rückzug zu den Grenzen von 1967 geben und dass es zu einem Gebietsaustausch im Zusammenhang mit den größeren israelischen Siedlungen kommen werde.
Anders als bei den Camp-David-Verhandlungen unter der Regie von Bill Clinton im Sommer 2000 und bei den Verhandlungen im ägyptischen Taba sechs Monate später war bei Bush von einem "swap", einem Gebietstausch aber nicht die Rede. Er sprach lediglich davon, die entstandenden Realitäten anzuerkennen und meinte damit die Einbeziehung der großen israelischen Siedlungen im Westjordanland als Teil des Staates Israel. Nuancen dieser Art, sagt Martin Indyk, Direktor des Saban Center für Nahostpolitik der Brookings Institution, seien in der Geschichte des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern jedoch von großer Bedeutung.
Nicht nur in der Frage der Siedlungen im Westjordanland ergriff Bush Partei für Israel, sondern auch in bezug auf das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge.
Eine Lösung der Flüchtlingsfrage im Rahmen eines Endstatusabkommens werde es wohl nur durch die Ansiedlung der Flüchtlinge in einem Palästinenserstaat geben und nicht in Israel, so Bush. Zwar betonte er, sein Brief an Sharon präjudiziere in keiner Weise das Ergebnis der Endstatus-Verhandlungen, doch enthält der Brief nach Ansicht Indyks eine klare Präferenz des US-Präsidenten, dass die Flüchtlinge im Staat Palästina untergebracht werden und nicht in Israel.
Begründet hat Bush diese Präferenz mit der Verpflichtung der USA, die Sicherheit Israels und sein Wohlergehen als jüdischen Staat zu gewährleisten. Diese Sicherheits- und Existenzgarantie der USA wird von keiner der beiden politischen Parteien in Amerika in Frage gestellt. Als der demokratische Präsidentschaftskandidat, Senator John Kerry, am Sonntag letzter Woche in der NBC-Fernsehsendung "Meet the Press" gefragt wurde, ob er die Politik von Präsident Bush in der Frage der israelischen Siedlungen und der palästinensischen Flüchtlinge unterstütze, antwortete er mit einem Wort:
Ja, ohne Einschränkung, ja. Das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge, so Kerry, sei für ihn immer schon ein "non-starter" gewesen, also indiskutabel.
Das, so meint Judith Kipper vom Council on Foreign Relations, hätte Kerry anders formulieren können, weniger schroff und abweisend. Gilt also auch für ihn, was George Bush vorgeworfen wird, dass er mit der Unterstützung des Sharon-Plans vor allem an die jüdischen Waehler gedacht hat.
Offenbar, sagt sie, um dann einzuschränken, nicht die jüdischen Wähler würden den Ausschlag geben - von den 5,5 Millionen Juden in den USA würden nur rund 2 Millionen zur Wahl gehen - die Unterstützung für Israel sei etwas Natürliches in der amerikanischen Politik, vor allem unter den Demokraten.
Wenn jedoch nur 10% der jüdischen Wähler in Wahl entscheidenden Bundesstaaten wie Ohio, Pennsylvania und Florida für Bush anstatt für Kerry stimmen, könnte dies nach Überzeugung einiger Experten schon wahlentscheidend sein.
Martin Indyk interpretiert die Unterstützung von Bush für die Sharon-Initiative in erster Linie als Rüffel an die Palästinenser, als Aufforderung, dem Terrorismus abzuschwören und Verhandlungen mit Israel aufzunehmen. Eine Idee, die Shibley Telhami, Professor für Politik an der Universität Maryland, für abwegig hält. Wenn Bush glaube, die Palästinenser würden rational reagieren, wenn er ihnen gegenüber Härte zeige, dann täusche er sich, so Telhami in einer Diskussionssendung des Rundfunksenders NPR..
Worauf Bush sich nun einstellen müsse, so schrieb Indyk gestern in der Washington Post, sei dafür zu sorgen, dass der Ministaat Gaza, der durch den israelischen Rückzug geschaffen werde, nicht zu einem Terrorstaat wird. Um das zu verhindern, könnte Bush eine von den USA geführte internationale Streitmacht einsetzen. Sie würde die geräumten israelischen Siedlungen übernehmen, den Philadelphia-Korridor überwachen, der Gaza von Ägypten trennt, bewaffnete Banden und Terrorgruppen unter Kontrolle bringen sowie die Grenzen kontrollieren. Es sei jedoch fraglich, ob Bush zu einer derartigen internationalen Initiative bereit sei. Und es ist mehr als fraglich, ob es das war, was Bush meinte, als er auf seiner Pressekonferenz in Washington von einer "fantastischen Gelegenheit" sprach.
Soweit Siegfried Buschschlüter. Wie wird der Bush/Scharon-Deal in Israel gesehen und beurteilt? Wird die Opposition zustimmen? Wie populär sind die Besuchsergebnisse von Israels Premier im eigenen Land? Dazu jetzt ein Report aus Tel Aviv von Carsten Kühntopp:
In Neveh Dekalim laufen die Vorbereitungen für den Unabhängigkeitstag morgen auf Hochtouren. Israel wird 56, und die Menschen hier wollen feiern, wie sie diesen Tag immer gefeiert haben. Mit 2.600 Einwohnern ist Neveh Dekalim die größte jüdische Siedlung im Gaza-Streifen. Itzik Eliyah ist der stellvertretende Bürgermeister:
Hier gibt es kein Klima, wo die Menschen sich darauf vorbereiten würden, dieses Gebiet zu verlassen oder es aufzugeben - im Gegenteil. Die politischen Äußerungen des Ministerpräsidenten haben mit der Realität hier nicht sehr viel zu tun.
Einst war es Scharon gewesen, der viele der Siedlungen im Gaza-Streifen hochgezogen hatte. Doch nun weht den Siedlern hier ein strammer Wind entgegen. Es scheint, als seien sie mittlerweile nicht mehr Teil des israelischen Konsensus’. An die 60 Prozent der Israelis wollen die Siedlungen dort aufgeben, das zeigen Meinungsumfragen.
Was Scharon im Gaza-Streifen will, heißt auf Hebräisch "hitnatkut min ha falastinaim", zu Deutsch etwa: Die völlige Abnabelung von den Palästinensern. Alle Siedlungen und Militäreinrichtungen in Gaza sollen aufgegeben werden, bis auf einen Korridor an der Grenze zu Ägypten. Im Norden des Westjordanlands will man ebenfalls Siedlungen räumen. Dies soll einseitig und ohne Absprache mit den Palästinensern erfolgen. Salman Schowal, Berater von Ministerpräsident Scharon:
Nach dem Scheitern der Terrorpolitik Arafats gibt es heute eine Chance, zu einer Art Modus Vivendi zu kommen, zu Arrangements, wo es beiden Völkern, die dieses Land ja teilen, nebeneinander, separat, aber in einem effektiven Frieden leben können.
Aus Sicht von Ministerpräsident Scharon machte US-Präsident George W. Bush Israel gegenüber umfassende Zusagen bezüglich der endgültigen Lösung des Konfliktes mit den Palästinensern. So habe Bush versprochen, dass Israel die großen Siedlungsblöcke rund um Jerusalem werde behalten können; in ihnen leben etwa 90-tausend der 220-tausend Siedler im Westjordanland. Außerdem habe Bush zugesagt, dass die palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen nicht alle nach Israel zurückkehren dürften, sondern dass ihr Rückkehrrecht vor allem im zu gründenden Staat Palästina umzusetzen sei. Am letzten Donnerstag warb Scharon in der Knesset für seinen Plan.
Wer diese großen Erfolge will, der muss dem Plan zustimmen. Wer verhindern will, dass Israel von Flüchtlingen überschwemmt wird; wer die Siedlungsblöcke auf ewig unter unserer Herrschaft halten will; wer die amerikanische Unterstützung für unseren Kampf gegen den Terror genießen will; wer will, dass Israel die Initiative ergreift und nicht getrieben wird - wer das alles will, der muss dem Trennungsplan zustimmen.
In der Öffentlichkeit ist Scharons Vorhaben populär. Schimon Peres, der Vorsitzende der Arbeitspartei, gab dem Regierungschef im Parlament deswegen das entscheidende Signal: Sollte Scharons Koalition mit den Ultra-Rechten zerbrechen, stehe die Arbeitspartei bereit.
Ich werde meinen Parteifreunden empfehlen, für den Plan von Ariel Scharon zu stimmen. Aber ich werde ihnen auch sagen, dass diese Abstimmung es uns nicht erspart, für einen echten Frieden zu kämpfen. Zwar hat der Ministerpräsident erklärt, dass er kein Interesse an einer Regierung der Nationalen Einheit hat; ich halte ihm jedoch zugute, dass er für die Nation viel getan hat, denn wir sind nicht mehr gespalten zwischen denen, die Groß-Israel wollen und denen, die Israel mit einer jüdischen Mehrheit wollen.
Die Unterstützung von US-Präsident Bush für Scharons Trennungsplan macht in Israel durchaus Eindruck; doch selbst in der Umgebung des Ministerpräsidenten gibt man zu, dass Bushs Zusagen inhaltlich so neu nicht sind. Neu sei vor allem, dass Bush bisherige Positionen der USA öffentlich erklärt habe. Salman Schowal:
Wenn man die fundamentalen amerikanischen Positionen nach dem Sechstagekrieg überprüft, wird man sehen, dass die Amerikaner immer gesagt haben, jedenfalls seinerzeit, dass Israel nie an die frühere sogenannte Grüne Linie zurückgehen soll oder darf oder braucht, dass da wirklich große Sicherheitsprobleme sind.
Doch linksgerichtete Kritiker warnen: Letztlich sei Scharons Trennungsplan eine einzige Mogelpackung. Für Israel sei es ohnehin vorteilhaft, die Gaza-Siedlungen aufzugeben; schließlich seien sie nur mit einem gigantischen Aufwand zu verteidigen, und selbst religiöse Juden fühlten keine besondere Verbundenheit zu diesem Stück Land. Professor Moshe Zuckermann von der Uni Tel Aviv:
Gaza war immer ein Problem. Aber darüber hinaus muss man Gaza auch in einem anderen Zusammenhang sehen, und zwar dem, dass Gaza mehr oder weniger die Opfergabe sein soll, dass dafür in der Westbank dann umso weniger passiert.
Ob der Trennungsplan jemals Realität wird, ist fraglich. Scharon hat den Skeptikern im Likud versprochen, ihn erst dann umzusetzen, wenn die Barriere, die Israel im Westjordanland baut, fertiggestellt ist, und das dürfte vor Ende 2005 nicht der Fall sein.
Carsten Kühntopp berichete aus Tel Aviv.
Und wie sieht die Reaktion der Palästinenser angesichts der neuen Lage aus? Muss mit einer weiteren Radikalisierung gerechnet werden? Wird sich die Spirale der Gewalt weiterdrehen? Anti-israelische Selbstmordattentate von Palästinensern auf der einen Seite gezielte Tötungen der israelischen Armee gegen Hamas-Führer auf der anderen?
Zu den palästinensischen Positionen und weiteren Reaktionen aus der arabischen Welt abschließend ein Beitrag des Nahostexperten Marcel Pott:
Während der ägyptische Staatschef Mubarak nur verhaltene Kritik daran übte, dass US-Präsident Bush das völkerrechtlich verankerte Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge von 1948 gegenüber Israels Premierminister Sharon quasi für erledigt erklärt und die großen jüdischen Siedlungsblöcke im Westjordanland faktisch als Teil des israelischen Staatsgebietes bezeichnet hat, reagierte der palästinensische Präsident Arafat mit hilflos erscheinender Wut. Sein Ministerpräsident Achmed Kurei warf Bush vor, er habe als erster amerikanischer Präsident israelische Siedlungen auf arabischem Boden legitimiert und das Recht auf Rückkehr aufgegeben. "Damit", so Kurei, "senkt sich der Vorhang vor Friedensverhandlungen" Das klingt resignativ, ein Eindruck, den Abdallah Frangi, der palästinensische Generaldelegierte in Deutschland, bestätigt:
Wir können nicht viel tun als Palästinenser. Wir haben auch keine Mittel dazu. Wir haben auch keine arabische Welt, die auf unserer Seite steht oder hinter uns, und wir haben keine Supermacht, wo man sich anlehnen kann - wie die Sowjetunion damals. Die einzige Möglichkeit für uns ist, auf die Entwicklung in den USA zu warten. Denn ich glaube nicht, dass die Amerikaner in ihrer Gesamtheit und Mehrheit diese Politik des amerikanischen Präsidenten unterstützen, denn er hat bis jetzt sozusagen die USA in einen Zustand gebracht, dass sie das Vertrauen der arabischen Welt, der islamischen Welt total verloren haben.
König Abdallah von Jordanien, neben dem Ägypter Hosni Mubarak, einer der engsten Verbündeten der USA in der arabischen Welt, hat an Bushs Haltung Kritik geübt und seine Reise nach Washington, die für letzten Mittwoch terminiert war, um drei Wochen verschoben. Mehr als ein symbolisch wirkender Ausdruck seiner Unzufriedenheit? Abdallah Frangi:
Der Druck von den Arabern insgesamt ist so gut wie nicht da. Heute ist die arabische Liga nicht mehr in der Lage einen Gipfel zustande zu bringen. Aber was wichtiger als die Aussagen von dem und dem arabischen Staatsmann ist, ist die Entwicklung innerhalb der Bevölkerung, die sich zum Beispiel in der irakischen Bevölkerung widerspiegelt. Am Anfang war die Mehrheit der Bevölkerung im Irak auf Seiten der Amerikaner gegen Saddam Hussein. Heute sind mehr als 90 Prozent, außer den Kurden im Norden, gegen die amerikanische Anwesenheit. Ich glaube, das Scheitern des amerikanischen Präsidenten ist hier. Und deswegen wird er jetzt jeden Fehler, den er macht gegenüber den Palästinensern, im Irak bezahlen und im Rest der arabischen Welt. Also, die amerikanische Glaubwürdigkeit ist dahin. Die Worte von Freiheit und Demokratie, die jetzt immer wieder betont werden vom amerikanischen Präsidenten, haben eine lächerliche Wirkung. Ich glaube, die Entwicklung im Nahen Osten wird viel gefährlicher.
Die Palästinenser sagen, ohne eine Lösung des arabisch-israelischen Kern-Konflikts um Palästina wird es keine Wiederherstellung der amerikanischen Glaubwürdigkeit in der arabischen Welt geben.
Nicht nur das. Es gibt keine Entwicklung in dieser Region ohne die Lösung dieses Problems, es gibt keine - wenn man z. B. eine wirtschaftliche Entwicklung dort anstrebt, wenn man Stabilität anstrebt. Man kann das nur erreichen, wenn der Israel-Palästina-Konflikt gelöst wird. Und wer das ignoriert, der macht einen dummen Fehler. Der strategischen Fehler, den der amerikanische Präsident gemacht hat, (war es,) eben diesen Punkt zu ignorieren und zu glauben, er könne im Irak operieren und das Palästina-Problem später mal lösen. Es hat sich gezeigt, das lief nicht, und das wird nicht laufen. Und deswegen werden der amerikanische Präsident und die amerikanische Politik eine Kehrtwende in die richtige Richtung machen müssen, weil sie auch ein Interesse an Stabilität in dieser Region haben.
Die palästinensische Führung hofft, dass die Europäer künftig bei der Friedenssuche im Nahen Osten mehr Gewicht haben werden. Aber muss man nicht realistischerweise feststellen, dass nur Amerika die Macht und den nötigen Einfluss auf Israel hat, um Frieden in Palästina zu stiften?
Man darf die Rolle der USA nicht unterschätzen. Aber man darf auch nicht glauben, dass die Amerikaner alles machen können, was sie wollen. Die Amerikaner können (nur) im Rahmen der Werte, für die sie immer gekämpft haben, das heißt: Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung (handeln). Wenn die Amerikaner sich politisch außerhalb des Rahmens dieser Werte bewegen, dann verlieren die Amerikaner auch die moralische und politische Kraft dazu. Dann können sie auch nicht mehr die Wirkung haben. Und in diesem Konflikt sind die Amerikaner gezwungen, in etwa eine gerechte Lösung zu erreichen.
In der arabischen Welt wirft man den USA vor, sie billigten die Politik von Ariel Sharon, der eine Lösung vor allem mit Waffengewalt über die Köpfe der Palästinenser hinweg erzwingen wolle. Deshalb richte sich die Stimmung in der Region immer mehr gegen Amerika.
Wenn man heute mit den jungen Leuten redet, dann gibt es eine neue Welle des Antiamerikanismus im arabischen Raum: in Kairo, in den Schulen, in Saudi-Arabien, überall in der arabischen Welt, solange Israel außerhalb des Rahmens des internationalen Rechts operiert, solange die USA die Verantwortung dafür tragen, weil Israel diese Politik nur durchführen kann mit Unterstützung der USA. Und das ist eben das Problem. Wie lange kann die USA das verkraften?
Auch der ehemalige amerikanische Sicherheitsberater Brzezinski meint, dass der Palästina-Konflikt und die amerikanische Besatzung im Irak nicht zu trennen seien. Wenn Amerika in der Region nicht nur als Eroberer im Irak und als Stütze der israelischen Besatzungspolitik betrachtet werden wolle, müsse es wieder als ehrlicher Makler auftreten.
Zugleich sollen, auch mit Unterstützung der USA, jedoch die israelischen Siedlungsblöcke im Westjordanland auch nach einem Endstatusvertrag bestehen bleiben. Zwar war die amerikanische Nahostpolitik immer durch eine weitgehende Unterstützung der israelischen Positionen gekennzeichnet, doch nie zuvor wurden die Zugeständnisse so deutlich beim Namen genannt wie beim letzten Gipfel im Weißen Haus.
Seitens der Palästinenser wird nun empört vom endgültigen Ende des so genannten "Friedensprozesses" gesprochen.
Ob es allerdings zur einer von vielen befürchteten weiteren Verschärfung des gewaltsamen Ringens zwischen Israelis und Palästinensern kommt, bleibt abzuwarten.
Zum Ausgangspunkt der jüngsten Entwicklung zunächst ein Beitrag von Siegfried Buschschlüter aus Washington:
Dies sei eine fantastische Gelegenheit, meinte George Bush, als er auf einer Pressekonferenz in Washington gefragt wurde, ob seine neue Politik gegenüber den jüdischen Siedlungen im Westjordanland nicht zu neuen Gewalttätigkeiten führen könnte. Dass sich die Frage nur auf die West Bank bezog, ignorierte Bush. Stattdessen würdigte er die Entscheidung Sharons, "Territorium aufzugeben", pauschal als einen historischen Augenblick.
Die Tatsache, dass Sharon an den israelischen Siedlungen im Westjordanland bis auf wenige Ausnahmen festhalten will, wurde von Bush einfach ausgeblendet. Und das, so meinte der demokratische Senator, Jo Biden, in einer ersten Stellungnahme, sei das Problem; nicht, was Bush gesagt habe, sondern, was er nicht gesagt habe. Jederman habe anerkannt, dass es keinen völligen Rückzug zu den Grenzen von 1967 geben und dass es zu einem Gebietsaustausch im Zusammenhang mit den größeren israelischen Siedlungen kommen werde.
Anders als bei den Camp-David-Verhandlungen unter der Regie von Bill Clinton im Sommer 2000 und bei den Verhandlungen im ägyptischen Taba sechs Monate später war bei Bush von einem "swap", einem Gebietstausch aber nicht die Rede. Er sprach lediglich davon, die entstandenden Realitäten anzuerkennen und meinte damit die Einbeziehung der großen israelischen Siedlungen im Westjordanland als Teil des Staates Israel. Nuancen dieser Art, sagt Martin Indyk, Direktor des Saban Center für Nahostpolitik der Brookings Institution, seien in der Geschichte des Konflikts zwischen Israel und den Palästinensern jedoch von großer Bedeutung.
Nicht nur in der Frage der Siedlungen im Westjordanland ergriff Bush Partei für Israel, sondern auch in bezug auf das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge.
Eine Lösung der Flüchtlingsfrage im Rahmen eines Endstatusabkommens werde es wohl nur durch die Ansiedlung der Flüchtlinge in einem Palästinenserstaat geben und nicht in Israel, so Bush. Zwar betonte er, sein Brief an Sharon präjudiziere in keiner Weise das Ergebnis der Endstatus-Verhandlungen, doch enthält der Brief nach Ansicht Indyks eine klare Präferenz des US-Präsidenten, dass die Flüchtlinge im Staat Palästina untergebracht werden und nicht in Israel.
Begründet hat Bush diese Präferenz mit der Verpflichtung der USA, die Sicherheit Israels und sein Wohlergehen als jüdischen Staat zu gewährleisten. Diese Sicherheits- und Existenzgarantie der USA wird von keiner der beiden politischen Parteien in Amerika in Frage gestellt. Als der demokratische Präsidentschaftskandidat, Senator John Kerry, am Sonntag letzter Woche in der NBC-Fernsehsendung "Meet the Press" gefragt wurde, ob er die Politik von Präsident Bush in der Frage der israelischen Siedlungen und der palästinensischen Flüchtlinge unterstütze, antwortete er mit einem Wort:
Ja, ohne Einschränkung, ja. Das Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge, so Kerry, sei für ihn immer schon ein "non-starter" gewesen, also indiskutabel.
Das, so meint Judith Kipper vom Council on Foreign Relations, hätte Kerry anders formulieren können, weniger schroff und abweisend. Gilt also auch für ihn, was George Bush vorgeworfen wird, dass er mit der Unterstützung des Sharon-Plans vor allem an die jüdischen Waehler gedacht hat.
Offenbar, sagt sie, um dann einzuschränken, nicht die jüdischen Wähler würden den Ausschlag geben - von den 5,5 Millionen Juden in den USA würden nur rund 2 Millionen zur Wahl gehen - die Unterstützung für Israel sei etwas Natürliches in der amerikanischen Politik, vor allem unter den Demokraten.
Wenn jedoch nur 10% der jüdischen Wähler in Wahl entscheidenden Bundesstaaten wie Ohio, Pennsylvania und Florida für Bush anstatt für Kerry stimmen, könnte dies nach Überzeugung einiger Experten schon wahlentscheidend sein.
Martin Indyk interpretiert die Unterstützung von Bush für die Sharon-Initiative in erster Linie als Rüffel an die Palästinenser, als Aufforderung, dem Terrorismus abzuschwören und Verhandlungen mit Israel aufzunehmen. Eine Idee, die Shibley Telhami, Professor für Politik an der Universität Maryland, für abwegig hält. Wenn Bush glaube, die Palästinenser würden rational reagieren, wenn er ihnen gegenüber Härte zeige, dann täusche er sich, so Telhami in einer Diskussionssendung des Rundfunksenders NPR..
Worauf Bush sich nun einstellen müsse, so schrieb Indyk gestern in der Washington Post, sei dafür zu sorgen, dass der Ministaat Gaza, der durch den israelischen Rückzug geschaffen werde, nicht zu einem Terrorstaat wird. Um das zu verhindern, könnte Bush eine von den USA geführte internationale Streitmacht einsetzen. Sie würde die geräumten israelischen Siedlungen übernehmen, den Philadelphia-Korridor überwachen, der Gaza von Ägypten trennt, bewaffnete Banden und Terrorgruppen unter Kontrolle bringen sowie die Grenzen kontrollieren. Es sei jedoch fraglich, ob Bush zu einer derartigen internationalen Initiative bereit sei. Und es ist mehr als fraglich, ob es das war, was Bush meinte, als er auf seiner Pressekonferenz in Washington von einer "fantastischen Gelegenheit" sprach.
Soweit Siegfried Buschschlüter. Wie wird der Bush/Scharon-Deal in Israel gesehen und beurteilt? Wird die Opposition zustimmen? Wie populär sind die Besuchsergebnisse von Israels Premier im eigenen Land? Dazu jetzt ein Report aus Tel Aviv von Carsten Kühntopp:
In Neveh Dekalim laufen die Vorbereitungen für den Unabhängigkeitstag morgen auf Hochtouren. Israel wird 56, und die Menschen hier wollen feiern, wie sie diesen Tag immer gefeiert haben. Mit 2.600 Einwohnern ist Neveh Dekalim die größte jüdische Siedlung im Gaza-Streifen. Itzik Eliyah ist der stellvertretende Bürgermeister:
Hier gibt es kein Klima, wo die Menschen sich darauf vorbereiten würden, dieses Gebiet zu verlassen oder es aufzugeben - im Gegenteil. Die politischen Äußerungen des Ministerpräsidenten haben mit der Realität hier nicht sehr viel zu tun.
Einst war es Scharon gewesen, der viele der Siedlungen im Gaza-Streifen hochgezogen hatte. Doch nun weht den Siedlern hier ein strammer Wind entgegen. Es scheint, als seien sie mittlerweile nicht mehr Teil des israelischen Konsensus’. An die 60 Prozent der Israelis wollen die Siedlungen dort aufgeben, das zeigen Meinungsumfragen.
Was Scharon im Gaza-Streifen will, heißt auf Hebräisch "hitnatkut min ha falastinaim", zu Deutsch etwa: Die völlige Abnabelung von den Palästinensern. Alle Siedlungen und Militäreinrichtungen in Gaza sollen aufgegeben werden, bis auf einen Korridor an der Grenze zu Ägypten. Im Norden des Westjordanlands will man ebenfalls Siedlungen räumen. Dies soll einseitig und ohne Absprache mit den Palästinensern erfolgen. Salman Schowal, Berater von Ministerpräsident Scharon:
Nach dem Scheitern der Terrorpolitik Arafats gibt es heute eine Chance, zu einer Art Modus Vivendi zu kommen, zu Arrangements, wo es beiden Völkern, die dieses Land ja teilen, nebeneinander, separat, aber in einem effektiven Frieden leben können.
Aus Sicht von Ministerpräsident Scharon machte US-Präsident George W. Bush Israel gegenüber umfassende Zusagen bezüglich der endgültigen Lösung des Konfliktes mit den Palästinensern. So habe Bush versprochen, dass Israel die großen Siedlungsblöcke rund um Jerusalem werde behalten können; in ihnen leben etwa 90-tausend der 220-tausend Siedler im Westjordanland. Außerdem habe Bush zugesagt, dass die palästinensischen Flüchtlinge und Vertriebenen nicht alle nach Israel zurückkehren dürften, sondern dass ihr Rückkehrrecht vor allem im zu gründenden Staat Palästina umzusetzen sei. Am letzten Donnerstag warb Scharon in der Knesset für seinen Plan.
Wer diese großen Erfolge will, der muss dem Plan zustimmen. Wer verhindern will, dass Israel von Flüchtlingen überschwemmt wird; wer die Siedlungsblöcke auf ewig unter unserer Herrschaft halten will; wer die amerikanische Unterstützung für unseren Kampf gegen den Terror genießen will; wer will, dass Israel die Initiative ergreift und nicht getrieben wird - wer das alles will, der muss dem Trennungsplan zustimmen.
In der Öffentlichkeit ist Scharons Vorhaben populär. Schimon Peres, der Vorsitzende der Arbeitspartei, gab dem Regierungschef im Parlament deswegen das entscheidende Signal: Sollte Scharons Koalition mit den Ultra-Rechten zerbrechen, stehe die Arbeitspartei bereit.
Ich werde meinen Parteifreunden empfehlen, für den Plan von Ariel Scharon zu stimmen. Aber ich werde ihnen auch sagen, dass diese Abstimmung es uns nicht erspart, für einen echten Frieden zu kämpfen. Zwar hat der Ministerpräsident erklärt, dass er kein Interesse an einer Regierung der Nationalen Einheit hat; ich halte ihm jedoch zugute, dass er für die Nation viel getan hat, denn wir sind nicht mehr gespalten zwischen denen, die Groß-Israel wollen und denen, die Israel mit einer jüdischen Mehrheit wollen.
Die Unterstützung von US-Präsident Bush für Scharons Trennungsplan macht in Israel durchaus Eindruck; doch selbst in der Umgebung des Ministerpräsidenten gibt man zu, dass Bushs Zusagen inhaltlich so neu nicht sind. Neu sei vor allem, dass Bush bisherige Positionen der USA öffentlich erklärt habe. Salman Schowal:
Wenn man die fundamentalen amerikanischen Positionen nach dem Sechstagekrieg überprüft, wird man sehen, dass die Amerikaner immer gesagt haben, jedenfalls seinerzeit, dass Israel nie an die frühere sogenannte Grüne Linie zurückgehen soll oder darf oder braucht, dass da wirklich große Sicherheitsprobleme sind.
Doch linksgerichtete Kritiker warnen: Letztlich sei Scharons Trennungsplan eine einzige Mogelpackung. Für Israel sei es ohnehin vorteilhaft, die Gaza-Siedlungen aufzugeben; schließlich seien sie nur mit einem gigantischen Aufwand zu verteidigen, und selbst religiöse Juden fühlten keine besondere Verbundenheit zu diesem Stück Land. Professor Moshe Zuckermann von der Uni Tel Aviv:
Gaza war immer ein Problem. Aber darüber hinaus muss man Gaza auch in einem anderen Zusammenhang sehen, und zwar dem, dass Gaza mehr oder weniger die Opfergabe sein soll, dass dafür in der Westbank dann umso weniger passiert.
Ob der Trennungsplan jemals Realität wird, ist fraglich. Scharon hat den Skeptikern im Likud versprochen, ihn erst dann umzusetzen, wenn die Barriere, die Israel im Westjordanland baut, fertiggestellt ist, und das dürfte vor Ende 2005 nicht der Fall sein.
Carsten Kühntopp berichete aus Tel Aviv.
Und wie sieht die Reaktion der Palästinenser angesichts der neuen Lage aus? Muss mit einer weiteren Radikalisierung gerechnet werden? Wird sich die Spirale der Gewalt weiterdrehen? Anti-israelische Selbstmordattentate von Palästinensern auf der einen Seite gezielte Tötungen der israelischen Armee gegen Hamas-Führer auf der anderen?
Zu den palästinensischen Positionen und weiteren Reaktionen aus der arabischen Welt abschließend ein Beitrag des Nahostexperten Marcel Pott:
Während der ägyptische Staatschef Mubarak nur verhaltene Kritik daran übte, dass US-Präsident Bush das völkerrechtlich verankerte Rückkehrrecht der palästinensischen Flüchtlinge von 1948 gegenüber Israels Premierminister Sharon quasi für erledigt erklärt und die großen jüdischen Siedlungsblöcke im Westjordanland faktisch als Teil des israelischen Staatsgebietes bezeichnet hat, reagierte der palästinensische Präsident Arafat mit hilflos erscheinender Wut. Sein Ministerpräsident Achmed Kurei warf Bush vor, er habe als erster amerikanischer Präsident israelische Siedlungen auf arabischem Boden legitimiert und das Recht auf Rückkehr aufgegeben. "Damit", so Kurei, "senkt sich der Vorhang vor Friedensverhandlungen" Das klingt resignativ, ein Eindruck, den Abdallah Frangi, der palästinensische Generaldelegierte in Deutschland, bestätigt:
Wir können nicht viel tun als Palästinenser. Wir haben auch keine Mittel dazu. Wir haben auch keine arabische Welt, die auf unserer Seite steht oder hinter uns, und wir haben keine Supermacht, wo man sich anlehnen kann - wie die Sowjetunion damals. Die einzige Möglichkeit für uns ist, auf die Entwicklung in den USA zu warten. Denn ich glaube nicht, dass die Amerikaner in ihrer Gesamtheit und Mehrheit diese Politik des amerikanischen Präsidenten unterstützen, denn er hat bis jetzt sozusagen die USA in einen Zustand gebracht, dass sie das Vertrauen der arabischen Welt, der islamischen Welt total verloren haben.
König Abdallah von Jordanien, neben dem Ägypter Hosni Mubarak, einer der engsten Verbündeten der USA in der arabischen Welt, hat an Bushs Haltung Kritik geübt und seine Reise nach Washington, die für letzten Mittwoch terminiert war, um drei Wochen verschoben. Mehr als ein symbolisch wirkender Ausdruck seiner Unzufriedenheit? Abdallah Frangi:
Der Druck von den Arabern insgesamt ist so gut wie nicht da. Heute ist die arabische Liga nicht mehr in der Lage einen Gipfel zustande zu bringen. Aber was wichtiger als die Aussagen von dem und dem arabischen Staatsmann ist, ist die Entwicklung innerhalb der Bevölkerung, die sich zum Beispiel in der irakischen Bevölkerung widerspiegelt. Am Anfang war die Mehrheit der Bevölkerung im Irak auf Seiten der Amerikaner gegen Saddam Hussein. Heute sind mehr als 90 Prozent, außer den Kurden im Norden, gegen die amerikanische Anwesenheit. Ich glaube, das Scheitern des amerikanischen Präsidenten ist hier. Und deswegen wird er jetzt jeden Fehler, den er macht gegenüber den Palästinensern, im Irak bezahlen und im Rest der arabischen Welt. Also, die amerikanische Glaubwürdigkeit ist dahin. Die Worte von Freiheit und Demokratie, die jetzt immer wieder betont werden vom amerikanischen Präsidenten, haben eine lächerliche Wirkung. Ich glaube, die Entwicklung im Nahen Osten wird viel gefährlicher.
Die Palästinenser sagen, ohne eine Lösung des arabisch-israelischen Kern-Konflikts um Palästina wird es keine Wiederherstellung der amerikanischen Glaubwürdigkeit in der arabischen Welt geben.
Nicht nur das. Es gibt keine Entwicklung in dieser Region ohne die Lösung dieses Problems, es gibt keine - wenn man z. B. eine wirtschaftliche Entwicklung dort anstrebt, wenn man Stabilität anstrebt. Man kann das nur erreichen, wenn der Israel-Palästina-Konflikt gelöst wird. Und wer das ignoriert, der macht einen dummen Fehler. Der strategischen Fehler, den der amerikanische Präsident gemacht hat, (war es,) eben diesen Punkt zu ignorieren und zu glauben, er könne im Irak operieren und das Palästina-Problem später mal lösen. Es hat sich gezeigt, das lief nicht, und das wird nicht laufen. Und deswegen werden der amerikanische Präsident und die amerikanische Politik eine Kehrtwende in die richtige Richtung machen müssen, weil sie auch ein Interesse an Stabilität in dieser Region haben.
Die palästinensische Führung hofft, dass die Europäer künftig bei der Friedenssuche im Nahen Osten mehr Gewicht haben werden. Aber muss man nicht realistischerweise feststellen, dass nur Amerika die Macht und den nötigen Einfluss auf Israel hat, um Frieden in Palästina zu stiften?
Man darf die Rolle der USA nicht unterschätzen. Aber man darf auch nicht glauben, dass die Amerikaner alles machen können, was sie wollen. Die Amerikaner können (nur) im Rahmen der Werte, für die sie immer gekämpft haben, das heißt: Demokratie, Freiheit und Selbstbestimmung (handeln). Wenn die Amerikaner sich politisch außerhalb des Rahmens dieser Werte bewegen, dann verlieren die Amerikaner auch die moralische und politische Kraft dazu. Dann können sie auch nicht mehr die Wirkung haben. Und in diesem Konflikt sind die Amerikaner gezwungen, in etwa eine gerechte Lösung zu erreichen.
In der arabischen Welt wirft man den USA vor, sie billigten die Politik von Ariel Sharon, der eine Lösung vor allem mit Waffengewalt über die Köpfe der Palästinenser hinweg erzwingen wolle. Deshalb richte sich die Stimmung in der Region immer mehr gegen Amerika.
Wenn man heute mit den jungen Leuten redet, dann gibt es eine neue Welle des Antiamerikanismus im arabischen Raum: in Kairo, in den Schulen, in Saudi-Arabien, überall in der arabischen Welt, solange Israel außerhalb des Rahmens des internationalen Rechts operiert, solange die USA die Verantwortung dafür tragen, weil Israel diese Politik nur durchführen kann mit Unterstützung der USA. Und das ist eben das Problem. Wie lange kann die USA das verkraften?
Auch der ehemalige amerikanische Sicherheitsberater Brzezinski meint, dass der Palästina-Konflikt und die amerikanische Besatzung im Irak nicht zu trennen seien. Wenn Amerika in der Region nicht nur als Eroberer im Irak und als Stütze der israelischen Besatzungspolitik betrachtet werden wolle, müsse es wieder als ehrlicher Makler auftreten.